Drucken
Kategorie: Ab 13 Jahre

Zweimal Will, zweimal Liebe: Zwei Siebzehnjährige namens Will Grayson, deren Leben sich seit Längerem im Kreis dreht, treffen in einer kalten Nacht in Chicago durch Zufall aufeinander. Und plötzlich gerät alles in Bewegung …

Zwei der renommiertesten Jungendbuchautoren vereint in einem großartigen gemeinsamen Projekt: Der New York Times-Bestseller, der in die Top Ten der romantischsten Bücher des Jahres kam!

 

Will und Will 

Originaltitel: Will Grayson, Will Grayson
Autor: John Green & David Levithan
Übersetzer: Bernadette Ott
Verlag: cbt
Erschienen: 26. März 2012
ISBN: 978-3-5701-6103-6
Seitenzahl: 384 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Will Grayson, ein siebzehnjähriger Schüler aus Chicago, hat so seine Probleme mit anderen Menschen. Um nicht verletzt zu werden, erscheint es ihm am besten, sich immer aus allem rauszuhalten. Aber bei seiner Mitschülerin Jane, die ihn immer mehr fasziniert, kommt er damit nicht weit. Sein gleichaltriger Namensvetter hat fast gar keine sozialen Kontakte mit Ausnahme seines Internetfreundes und so weiß auch niemand aus seinem alltäglichen Umfeld, dass er homosexuell ist. Aber ewig so weitergehen kann das nicht, erst recht nicht, als seine Internetbekanntschaft sich mit ihm treffen möchte – und schließlich laufen sich die beiden Will Graysons über den Weg und ihre Lebenswege erfahren eine Wendung…

Den beiden Autoren Green und Levithan gelingt es gut, ihre zwei unterschiedlichen Figuren miteinander in Kontakt zu bringen. Jedoch interagieren sie nicht wirklich miteinander, vielmehr kommt hier der Person des Tiny Cooper eine bedeutende Rolle zu, stellt er doch ein verbindendes Element dar, da er die Lebensläufe der beiden Wills miteinander verknüpft. Die nachvollziehbare Geschichte wartet dabei mit herrlich skurrilem Humor gleichermaßen auf wie mit sensibler, aber nicht allzu intensiver Behandlung ernsthafterer Thematiken (z.B. Liebe, Freundschaft, Verhältnis zu Elternteilen). Vor allem jugendliche und junggebliebene Leser dürften darum ihre Freude mit Will & Will haben.


Stil und Sprache
Will & Will wird abwechselnd aus der Sicht der beiden Namensträger geschrieben, wobei John Green dem ersten und David Levithan dem zweiten Will Leben einhaucht. Der Perspektivenwechsel erfolgt dabei kapitelweise und jeder Figur sind zehn Kapitel zugehörig. Beide Sichtweisen sind in der Ich-Form und in Präsens geschrieben und beide zeichnen sich durch unaufdringlichen Humor aus, der situationsbedingt ist. Die Komik wird vor allem durch Übertreibungen und Wiederholungen erzeugt, beispielsweise wird oft darauf eingegangen, wie groß und kräftig Tiny gebaut ist, was in argem Widerspruch zu seinem Namen steht (engl. tiny = dt. winzig, klein).

Die Kapitel des ersten Will beginnen mit der Nennung von Kapitelnummer und Kapitel (z.B. „Fünftes Kapitel“) und sie sind in Groß- und Kleinbuchstaben geschrieben. Seine Sichtweise ist ziemlich rational geprägt und kommt daher vom Schreibstil nüchtern und mit Thesen und Grundsätzen daher: „[…] Und außerdem kann man die Gründe, weshalb man vielleicht heulen muss, total vermeiden – außer es sind Verwandte gestorben oder so was –, wenn man zwei einfache Regeln befolgt: 1.) Lass nichts zu nah an dich ran. 2.) Maul halten. Alles Unglück, das mir jemals widerfahren ist, hatte damit zu tun, dass ich eine der beiden Regeln nicht befolgt habe.“ (S. 9). Zudem finden sich Verweise auf Indie-Bands und deren Songs wie Neutral Milk Hotels ‚Holland 1945‘. Besonders herausragend sind die Anspielungen auf Schrödingers Katze. Mit diesem Gedankenexperiment von 1935 wollte Erwin Schrödinger die Unvollständigkeit der Quantentheorie aufzeigen. Es geht um die Grundannahme, dass eine Katze, die in eine Kiste gesperrt ist, zugleich tot und lebendig sein kann, dass man dies aber erst erfährt, wenn man die Kiste öffnet. Dieses Bild wird gleichnishaft auf die Liebe von Will und Jane übertragen, die ihre (Beziehungs-)Kiste auch erst einmal öffnen müssen…

Die Kapitel des zweiten Will beginnen nur mit der kleingeschriebenen Nennung der Kapitelnummer (z.B. „vier“) und auch der gesamte Textkorpus ist in Kleinbuchstaben gehalten. Durch diese äußere Form, die dem Chatstil entlehnt ist, setzt Levithan die Internetaffinität seiner Figur derart konsequent um, dass man schon durch diese allein vermittelt bekommt, dass sein Will Grayson hauptsächlich im Internet lebt. Smileys werden genutzt, Abkürzungen kommen zum Einsatz (z.B. „d.a.w.g.“ = der andere Will Grayson) und selbst im realen Leben werden die Sprecher wie im Chat unterteilt:

„[…] derek und simon stehen nicht so auf mädchen. im grunde stehen sie nur auf computer.
derek: glaubst du, die X18-software kommt noch vor dem sommer raus?
simon: könnte durchaus sein, hab ich im trustmaster-blog gelesen. fänd ich cool.
ich: hier hast du deine hausaufgabe zurück.“ (S. 36).

Da dieser Will depressiv ist und aufgrund seiner Herkunft mit einem recht düsteren und einfacheren Wortschatz als der erste Will belegt ist, könnte es einigen Lesern vielleicht schwerer fallen, mit ihm warm zu werden. Zudem verlieren seine Chatnamen, die mit Wortwitz spielen, in der deutschen Version leider etwas an Reiz (z.B. engl. ‚lastwill‘, dt. ‚letzterwille‘; S. 39).

Das gesamte Werk zeichnet sich durch einige Wendepunkte aus, die Weiterentwicklungen der Akteure zur Folge haben. Besondere Bedeutung hat dabei das zufällige Treffen der beiden Will Graysons. Diente der Teil davor der Figurenvorstellung und wies häufig komische Elemente auf, so wird das Buch von diesem Zeitpunkt an ernster und widmet sich der Darstellung der Charakterentwicklungen. Das Erzähltempo bleibt jedoch beinahe gleich, relativ unaufgeregt und ruhig, was den Wesenszügen der erzählenden Figuren entspricht. Nur das Ende wirkt ein wenig zu schnell herbeigeführt und etwas abrupt.


Figuren
Die Figurenausarbeitung ist gut gelungen. Speziell die Hauptfiguren (Will, Will, Tiny) sind glaubwürdig und dreidimensional, aber auch Nebencharaktere (z.B. Jane, Maura) sind ausreichend genug gestaltet, um mit ihren Handlungen glaubhaft zu wirken. Sogar die ‚falschen‘ Entscheidungen der Personen sind nachvollziehbar, da sie durch die entsprechende Logik der Akteure begründet sind. Generell sorgt der Umstand, dass die Figuren auch einmal Fehlentscheidungen fällen, dafür, dass sie umso realistischer erscheinen, sodass es dem Leser wiederum recht leicht fällt, mit den beiden Wills & Co. mitzufiebern.

Der erste Will, dessen Eltern Ärzte sind, wohnt in Chicago und versucht, nach den Mottos ‚Mund halten‘ und ‚nichts an sich rankommen lassen‘ zu leben. Der zweite Will lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter in Naperville, einem Vorort Chicagos. Er ist depressiv, homosexuell und blockt soziale Kontakte meist ab. Erst durch Tiny Cooper ergibt sich im späteren Verlauf eine Verbindung dieser unterschiedlichen Charaktere und Lebenswelten. Dessen Figur ist geradezu alles, was deren Name eben nicht vermuten lässt: Er ist nicht nur groß und kräftig, sehr reich und so schwul, dass er eine beinahe inflationäre Zahl an Ex-Freunden hat, sondern er ist auch beständig dabei, sich um andere zu kümmern.


Aufmachung des Buches
Will & Will ist als gebundenes Buch mit Schutzumschlag verlegt. Die deutsche Titelwahl impliziert im Gegensatz zum Originaltitel (Will Grayson, Will Grayson), der die Protagonisten dem Inhalt entsprechend nebeneinanderreiht, eine stärkere Verbindung zwischen den beiden Wills, was etwas unglücklich ist. Auch das Cover weicht vom Original ab – dieses zeigt nächtliche Lichter und Seifenblasen – passt thematisch allerdings sehr gut. Hierzulande sieht man jemanden vor leicht bewölkten Himmel im Hintergrund auf einem Seil balancieren, was gut den Drahtseilakt symbolisiert, den die Akteure bei ihrer Weiterentwicklung durchleben.

Die Schrift ist recht groß und durch den weiten Zeilenabstand ist der Text leicht und schnell zu lesen. Neue Kapitel beginnen auf der jeweils nächsten Seite und sind der erzählenden Person nach entsprechend betitelt. Zu Beginn des Buches finden sich Widmungen der beiden Autoren und abschließend Nachwörter der zwei sowie eines der Übersetzerin. Den Roman beschließt dann eine Kurzvorstellung der Autoren.


Fazit
Sofern man nicht zu übersensibel ist und sich von der mitunter genutzten deftigeren Sprache nicht vergraulen lässt, wird man mit Will & Will wunderbar unterhalten.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt