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Hitler hat den Krieg gewonnen - Nazideutschland beherrscht ganz Europa. Das ist das Horrorszenario in Robert Harris' frivolem Politthriller.

 

Vaterland HB  Originaltitel: Fatherland
Autor: Robert Harris
Übersetzer: Hanswilhelm Haefs
Sprecher: Karlheinz Tafel
Verlag: audible.de
Erschienen: 2011
ISBN: ohne ISBN, da inzwischen exklusiv bei audible.de erhältlich
Spieldauer: 797 Minuten; ungekürzte Fassung


Die Grundidee der Handlung
Deutschland hat den 2. Weltkrieg gewonnen, nur im Ural tobt noch seit 20 Jahren ein erbitterter Kampf gegen russische Partisanen. Das Regime herrscht im Deutschen Reich mit eiserner Hand, sämtliche Lebensbereiche sind dem Nationalsozialismus untergeordnet.

1964: SS-Sturmbannführer Xavier März ist Fahnder bei der Mordkommission. Für einen Kollegen übernimmt er sieben Tage vor dem 75. Geburtstag des Führers die Untersuchungen zum Tod des Parteibonzen Dr. Bühler. Kurz darauf wird dessen Freund, Dr. Stuckart, tot aufgefunden – Zufall? Überraschend schnell schaltet sich die Gestapo (Geheime Staatspolizei) ein und schnell wird klar, dass Bühler und Stuckart in eine Korruptionsaffäre verwickelt waren und während des Krieges Kunstgegenstände veruntreut haben. März soll von dem Fall ablassen und die Untersuchungen der Gestapo überlassen, doch er macht weiter. Und kommt nicht nur viel schlimmeren und weitreichenderen Geheimnissen als dem Kunstraub auf die Spur, sondern gerät selbst in das Visier des brutalen SS-Obergruppenführers Globocznik und damit in Lebensgefahr …

Eingebettet in die Kulisse einer finsteren politischen Vision hat Robert Harris einen beklemmenden Thriller geschaffen, der sich nicht nur für Fans von Kriminalgeschichten, sondern auch an der Geschichte des 20. Jahrhunderts Interessierte empfiehlt, denn viele der hier auftauchenden Personen sind – zumindest bis 1942 – authentisch. Mit seinem Roman begibt sich Robert Harris auf eine Gratwanderung, rutscht jedoch nie ab – so ist die Story keine Hommage, sondern vielmehr das Schreckensbild eines Regimes, welches sich zum Glück nicht durchsetzen konnte.


Darstellung des Hörbuchs
Karlheinz Tafel hat die Vertonung des Hörbuches übernommen – keine optimale Wahl. Der Sprecher kann in seiner Stimme trotz guter Betonung bestimmter Textstellen den Eindruck von Distanz und Desinteresse nicht loswerden, zu unbeteiligt wirkt seine Lesung. Vorwiegend monoton und mit einer eher brummigen Stimme transportiert Tafel dem Hörer Robert Harris' Roman. Dies stört besonders am Anfang sehr – mit der Zeit gewöhnt man sich jedoch an diese eigentümliche Art, und die Geschichte beginnt für den Hörer lebendiger zu werden. Dabei ist das Sprechtempo angenehm – einzelne Sätze liest Karlheinz Tafel zwar recht flott, doch trennt er Satzteile und Sätze durch deutliche Pausen und bringt hierdurch Ruhe ein.

Lange Listen von Zügen, die im letzten Viertel des Hörbuchs eine Rolle spielen, werden von dem Sprecher heruntergelesen, ohne dass der Hörer eine Chance hat, sich alle Details zu merken. Diese Passagen – und solche, in denen die Figuren des Romans aus Unterlagen vorlesen – spricht Tafel stockend bzw. murmelnd, als sei er ganz in das Lesen dieser Dokumente versunken. Dies wirkt dadurch authentischer. Die Trennung der Handlungsstränge in März‘ Vorstellung am Ende des Romans fließen hingegen ineinander über, ohne dass sich für den Hörer eine klare Trennung ergibt.

Gelungen interpretiert er März‘ sanfte Stimme. Die Stimmlagen der weiteren Charaktere grenzt er recht gut, aber nicht immer passend ab, auch sie wirken in nicht wenigen Szenen unaufgeregt. Die scharfe und herrische Sprechweise, wie man sie aus diversen Filmen kennt und bei Nazis erwarten würde, vermisst man hier. Auch Frauenstimmen klingen nicht völlig glaubwürdig.

Alles in allem hinterlässt Karlheinz Tafel also den Eindruck von Licht und Schatten – keine wirklich schlechte, aber auch keine völlig überzeugende Lesung.


Aufmachung des Hörbuches
Bei dem Hörbuch handelt es sich um einen Exklusivtitel von audible.de, der für den Download in zwei Teile gegliedert ist. Das Cover ist der Taschenbuchfassung aus dem Heyne-Verlag angepasst und zeigt die Quadriga auf dem Brandenburger Tor – ganz nett, wenngleich die Umschlaggestaltung der Auflage aus dem Goldmann Verlag (erschienen 2005; vergleiche hier) wesentlich treffender war.


Fazit
Vaterland ist ein Thriller, eingebaut in die Vorstellung eines unter nationalsozialistischer Herrschaft stehenden Europas, der durch seine beklemmende Art zu faszinieren weiß. Die Hörbuchadaption durch Karlheinz Tafel vermag leider nicht völlig zu überzeugen, hier wäre mit einem charismatischeren Sprecher mehr herauszuholen gewesen.


alt


Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an audible.de für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


Dieses Hörbuch kaufen bei: audible.de

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