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Kategorie: Ab 14 Jahre

Wen hasst du am meisten?
Wie weit würdest du gehen?
Heute ist der Tag zum Handeln.
Mary Shayne dachte, sie sei beliebt. Doch das war ein tödlicher Irrtum.

 

Seven Souls 

Originaltitel: Seven Souls
Autor: Barnabas Miller, Jordan Orlando
Übersetzer: Franca Fritz, Heinrich Koop
Verlag: Arena
Erschienen: 05/2011
ISBN: 978-3-401-06448-2
Seitenzahl: 411 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Mary Shayne erwacht splitternackt in einem fremden Bett. Ihr Rücken ist voller blutiger Kratzer und sie hat einen totalen Filmriss. Sie weiß weder wie sie dorthin gelangte, noch was am Vorabend passiert ist. Und das ausgerechnet an ihrem 17. Geburtstag! Doch es soll noch schlimmer kommen: In der Schule denkt offensichtlich keiner an ihren Geburtstag, ihr Freund Patrick benimmt sich völlig komisch und der Tag entwickelt sich zu einer einzigen Katastrophe. Nichts ergibt einen Sinn, bis Mary sich mit Patrick, ihrem Freund, in dessen Hotelsuite treffen will. Plötzlich machen all die komischen Ereignisse des ganzen Tages Sinn für Mary – tödlichen Sinn.


Stil und Sprache
Aus der Ich-Perspektive der Protagonistin heraus erlebt der Leser einen von Beginn an sehr undurchsichtigen Jugendthriller, der in drei Teile gegliedert ist. Während des gesamten ersten Teils, und auch lange durch den Zweiten, dachte ich mir oft: „Was zum Teufel ist das für eine verrückte und verwirrende Handlung?“ Doch Stück für Stück kommt gegen Ende des zweiten Teils Licht ins dunkle Romandickicht. Und urplötzlich platzt der Handlungsknoten. Den Leser packt die Erkenntnis - was hier eigentlich gespielt wird - mit voller Wucht. Da bekommt das Thema Wiedergutmachung der eigenen Fehler plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Die verwendete Sprache der Jugend, die direkt und sehr klar formuliert ist, wirkt of hart, berechnend und zweideutig. Es wird zwar etwas Positives gesagt, aber etwas Negatives gemeint. Kinder, auch junge Teenager, können sehr grausam sein. Hauptsächlich dann, wenn ihre Gefühle verletzt wurden.

Zu Beginn war ich noch der Meinung, hier sind sehr viele Ähnlichkeiten - um nicht zu sagen Parallelen - zu einem anderen Jugendroman ("Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie" von Lauren Oliver) zu erkennen: gleicher Plot, ähnlicher Handlungsaufbau. Doch dann geht die Geschichte in eine gänzlich andere Richtung und es dreht sich alles nur noch um die Macht eines einzigen Gefühls: Hass. Reiner, abgrundtiefer Hass. Eine Familientragödie, ein alter ägyptischer Fluch und der Hass von sieben verschiedenen Menschen – Seven Souls – bilden die Grundpfeiler dieses bizarren und oftmals sehr komplizierten, aber dennoch logisch konstruierten Thrillers. Im zweiten Teil dreht sich die Erzählperspektive leicht. Jetzt erlebt der Leser die Ereignisse zwar nach wie vor durch Mary, aber nicht mehr in ihrem Körper. Das erzeugt einen herrlichen Spannungseffekt, auch wenn der Leser nun ein und denselben Tag sieben Mal erneut erlebt – aber stets aus der Sicht eines anderen. Wer durchhält, und nicht während der ersten Buchhälfte das Handtuch wirft, der wird mit einem überraschenden und tollen Ende belohnt.


Figuren
Das Autorenduo zeigt in diesem Buch sehr deutlich die Macht der Gefühle. Wie sich Gefühle verändern können und welche Macht diese über ein Leben haben. Durch das Verhalten einer einzigen Figur, der Hauptfigur selbst, ändert sich das bewundernde Gefühl der Mitschüler, die geschwisterliche Liebe bzw. die leidenschaftlichen Gefühle des Freundes für sie selbst praktisch von einer Minute auf die andere. Das Kuriose daran: Mary merkt nicht einmal, dass sich das Blatt für sie wendet. Das Leben als Stilikone der örtlichen Schule bzw. als Lokalschönheit ist anstrengend, und so manches persönliche Opfer ist nötig, um ihren luxuriösen Kleidungsstil (wovon nicht ein einziges Stück von der Protagonistin selbst gekauft ist) aufrecht zu erhalten. Da ist kein Platz für das Erkennen, wie ihr Umfeld im Grunde über sie denkt. Wirklich denkt. Das Böse ist hier sehr gut versteckt, auch für den Leser. Nichts ist, wie es scheint. Doch auch bei noch so sorgfältiger Planung, die menschliche Spezies ist unberechenbar und genau diese Unberechenbarkeit macht hier die Raffinesse aus.

Barnabas Miller und Jordan Orlando haben es prima verstanden die verletzten Gefühle von Jugendlichen, die der reichen Oberschicht entstammen, zu Papier zu bringen, ohne dabei zu langweilen. Ihre Figuren sind tiefgründig, überzeugend und wunderbar realistisch dargestellt. Zwar ist es erschreckend, wie kalt, berechnend und skrupellos die einzelnen Charaktere dabei agieren, doch ein Gefühl schimmert trotzdem durch: Liebe.


Aufmachung des Buches
Die optische Gestaltung des gebundenen Buches, mit dunkelblauem Leseband, ist zwar nicht unbedingt mein Fall, doch das Cover erregt Aufmerksamkeit. Dem Motiv nach zu urteilen - eine graue weibliche Silhouette, umhüllt von Nebelschwaden, blickt, den Rücken dem Betrachter zugewandt, in gleißend weißes Licht – wurde hier eine sich wiederholende Szene des Buches nachempfunden. Auf der Rückseite des Buches steht nur eine Notiz. Eine Inhaltsangabe oder einen Textauszug gibt es nicht. Nur eine kryptische Nachricht, die auch im Roman selbst vorkommt.


Fazit
Ein sehr ungewöhnlicher Thriller für alle ab 14 Jahren, der zwar einige Startschwierigkeiten hat, dafür aber mit einem gigantischen Knalleffekt versehen ist. Wer Spannung und ein raffiniert inszeniertes Mordkomplott der anderen Art erleben möchte, ist hiermit sehr gut bedient. Auch wenn mich die erste Hälfte des Buches nicht überzeugt hat, so hat mich die zweite Buchhälfte doch zu faszinieren und zu fesseln gewusst.

 

3 5 Sterne


Hinweise
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