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Charlotte Brandon, die Tochter eines Paares, das einst durch seine unerlaubte Heirat einen gesellschaftlichen Skandal auslöste, wird nach dem Tod ihres Vaters von ihrem weichherzigen, aber schwachen Onkel adoptiert. Rasch muss sie erkennen, dass sie in ihrer eifersüchtigen Tante eine Feindin hat, die ihr kein gutes Leben gönnen will. Um das Familienvermögen zu sichern, soll sie – wie in ihren Kreisen üblich – bald mit einem möglichst reichen Schwiegersohn verheiratet werden. Da lernt sie den gut aussehenden Herrn des Nachbargutes kennen, Captain John Battingfield. Der weltoffene, wissenschaftlich hochinteressierte und sensible Marineoffizier verliebt sich heftig in die so schöne wie gebildete junge Frau, ist aber in einer unglücklichen Ehe gefangen. Obwohl Charlotte und John sich dagegen wehren, entwickeln sie schnell tiefe Gefühle füreinander. Vergeblich versuchen sie, der immer stärker werdenden Zuneigung zu widerstehen, da bahnt sich eine Katastrophe an …

 

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Autor: Eva-Ruth Landys
Verlag: bookspot
Erschienen: 23. November 2011
ISBN: 978-3937357461
Seitenzahl: 560 Seiten


Die Grundidee der Handlung
England Anfang des 19ten Jahrhunderts: Die junge Charlotte Brandon ist durch den frühen Tod ihrer Eltern völlig mittellos, nimmt daher dankbar die Hilfe ihres kinderlosen Onkels an und stimmt einer Adoption durch ihn und seine Frau zu. Lady Millford muss befürchten, nach dem Ableben ihres kränklichen Gatten in Armut zu geraten, denn laut Gesetz kann nur ein männlicher Verwandter – Sohn oder auch Schwiegersohn – den Besitz erben. Daher will sie Charlotte so schnell wie möglich verheiraten und hat auch schon einen – in ihren Augen passenden – Kandidaten bereit. Ihr Mündel hat für Mr. Terency aber nur Verachtung übrig, da sich hinter seiner Vornehmheit ein schlechter Charakter verbirgt. Außerdem hat sie sich in John Battingfield, den Herrn des Nachbargutes, verliebt. Ihre Liebe wird erwidert, aber John ist verheiratet, mit einer Frau, die ihm sein Vater aufgedrängt hat und mit der ihn nichts verbindet. Um also einen Skandal und damit die gesellschaftliche Ächtung zu vermeiden, sind beide gezwungen, die Pflicht über ihr Verlangen zu stellen.


Stil und Sprache
Was sich laut Klappentext zunächst nach einem ganz normalen Liebesroman anhört, entpuppt sich bei der Lektüre als eine sehr interessante und informative Beschreibung des Lebens innerhalb der „besseren Kreise“ im England des beginnenden 19ten Jahrhunderts. Eva-Ruth Landys hat sich sehr intensiv mit der von ihr geschilderten Zeit auseinandergesetzt. Spannend und detailliert erzählt sie am Beispiel der jungen Charlotte, welchen Stellenwert die Frau in der Gesellschaft einnahm, wie sehr sie von der guten Meinung ihres Umfelds abhing und wie wichtig es für sie war, eine passende Ehe einzugehen – wobei „passend“ nicht so sehr das „Zusammenpassen“ eines Paares bzgl. Charakter und Neigung bedeutete, sondern sich hauptsächlich auf Rang und Vermögen bezog. Die Gesetze waren von Männern für Männer gemacht. Frauen konnten keinen Grundbesitz erben und hatten keinen Zugang zu Wissenschaft und Bildung, sondern – nach damaligem Verständnis wegen ihres „kleineren Gehirns“ – erst gar nicht die Eignung dazu. Alle diese Zusammenhänge entwickelt die Autorin aus dem Geschehen heraus, wobei sie die Sprache der Zeit sehr gut trifft und ihrem Publikum somit einen authentischen Einblick in diese Epoche ermöglicht. Einfühlsam, mit einem Schuss Romantik, jedoch ohne Kitsch und Pathos, schildert sie die wachsende Zuneigung zwischen Charlotte und John, eine Liebe, die nicht sein darf, die aber im Leser Sympathie und Anteilnahme für die beiden weckt.

Bemerkenswert, und bei einem Liebesroman gänzlich unerwartet, sind die Fußnoten und die sehr ausführlichen Anmerkungen im Anhang zu verschiedenen Themenbereichen, z.B.: Wissenschaft und Forschung; das Rechtssystem; Medizin und Gesundheit; Bildung der Frau; Leben der High Society – wie sie sich Anfang des 19ten Jahrhunderts in England darstellten.


Figuren
Obwohl alle handelnden Figuren fiktiv sind, agieren sie vor einem realen historischen Hintergrund und haben zahllose, wenn auch unbekannte, Vorbilder. Eva-Ruth Landys zeichnet ihre Charaktere und deren Lebensumstände sehr glaubwürdig und treffend. Angefangen bei den Dienstboten, die viele Pflichten, aber kaum Rechte hatten – was hier am Schicksal des jungen Stubenmädchens Emmy geschildert wird – bis zu den vornehmen Damen, die vorgaben, von solchen „unangenehmen“ Dingen nichts zu wissen. Ein Skandal im eigenen Hause bedeutete die gesellschaftliche Ächtung und musste um jeden Preis vermieden werden, dem Anschein der „heilen Welt“ in den Augen der Standesgenossen wurde fast alles geopfert.
Unter diesem Aspekt muss man auch das Handeln Lady Millfords sehen, das man aus heutiger Sicht zwar nicht nachvollziehen kann, das sich aber so oder ähnlich des Öfteren in den vornehmen Kreisen abgespielt hat. Dass sich der von ihr für Charlotte bestimmte Mann – Mr. Terency – als ein gewissenloser Sadist erweist, spielt für die Lady angesichts seines Reichtums und Ranges keine Rolle. Allerdings ist sie bei allem Selbstbewusstsein und Stolz eine recht dumme Frau, denn bei näherer Überlegung hätte sie sich sagen müssen, dass von Charlottes Wohlverhalten in Bezug auf eine Heirat, und die damit verbundene Sicherung des Erbes, auch ihre eigene Zukunft abhing. Ein wenig mehr Freundlichkeit gegenüber ihrem Mündel hätte sie sicher eher zu diesem ersehnten Ziel gebracht.
Angesichts dieser kaltherzigen Frau, die in Gattin und Schwiegermutter ihres Nachbarn John Battingfield zwei „verwandte Seelen“ findet, ist der Leser froh, dass Charlotte bei ihrer Cousine Mary und dem Pfarrer Dr. Banning aufrichtige Freundschaft und Wertschätzung erlebt.


Aufmachung des Buches
Das zartgrüne Hardcover trägt auf dem Buchrücken den Titel und den Namen der Autorin und ist mit einem Lesebändchen versehen. Der Schutzumschlag zeigt im Hintergrund einen vornehmen englischen Landsitz. Im Vordergrund steht eine junge Frau in der Kleidung des frühen 19ten Jahrhunderts, von der man – wie zur Zeit leider meist üblich – nur das halbe Gesicht sehen kann. 
Die 44 Kapitel und der Epilog gliedern sich in 4 Teile. Im Anschluss daran findet man ein Nachwort der Autorin, sehr umfangreiche historische Anmerkungen, eine Danksagung und eine Literaturliste.


Fazit
Eva-Ruth Landys ist mit diesem gesellschaftskritischen Liebesroman ein bemerkenswertes Debüt gelungen. Wer die Werke von Jane Austen schätzt, sich aber auch für die Dinge interessiert, die diese Autorin zwar möglicherweise wusste, aber als wohlerzogene Dame ihrer Zeit nicht aussprach – geschweige denn beschrieb –, wird seine Freude an diesem Buch haben.


4 5 Sterne


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