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Längst wäre ihr Schicksal vergessen – doch ihre Söhne schrieben Geschichte …

Die junge Arlette scheint das Glückskind der Gerberfamilie Fulbert zu sein. Sie ist nicht nur ungewöhnlich hübsch, sondern zudem klug und ehrgeizig. Doch als sie von einem Adeligen vergewaltigt und schwanger wird, fällt sie tief. Sie wird als Hure verschrien und mit Verachtung gestraft. Beschämt weist Arlette den Annäherungsversuch eines jungen Ritters ab, der sie bewundert. Noch ahnt sie nicht, dass Herluin de Conteville in einigen Jahren ihr Ehemann und die große Liebe ihres Lebens sein wird. Auch wenn ihr berühmtester Sohn, Wilhelm der Eroberer, von einem anderen stammt: von Robert, dem Herzog der Normandie ...

 

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Autor: Hilke Müller 
Verlag: blanvalet
Erschienen: 19. September 2011
ISBN: 978-3442375165
Seitenzahl: 608 Seiten

 


Die Grundidee der Handlung
Die junge Gerberstochter Arlette, von einem gewissenlosen Adligen um Ehre und Ehechancen gebracht und unschuldig als Hure verachtet, nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und stellt dem Herzog – der sie zu seiner Geliebten machen will – ihre Forderungen, die dieser auch akzeptiert. Sie schenkt ihm zwei Kinder, aber achten kann sie ihn nicht, weil er sich als schwach und feige erweist und sie letztendlich mit einem seiner Getreuen verheiratet. Dieser liebt Arlette schon lange, aber sie traut keinem Mann mehr und konzentriert all ihre Gefühle auf ihre Kinder, vor allem ihren Sohn Wilhelm. Um bei ihm zu sein verlässt sie ihren Gatten und kehrt an den Hof zurück. Es dauert viele Jahre, bis sie endlich merkt, wo ihr Glück wirklich liegt - und dass sie es vielleicht schon verloren hat.


Stil und Sprache
Über Wilhelm „den Eroberer“ ist schon viel geschrieben worden. Er war der uneheliche Sohn des Herzogs Robert von der Normandie, der ihn – in Ermangelung eines legitimen Erben – zu seinem Nachfolger bestimmte. Von Wilhelms Mutter ist sehr viel weniger bekannt: Herleva – im Buch Arlette genannt – war das Kind eines Gerbers aus Falaise, schenkte Robert neben dem Sohn auch noch eine Tochter und wurde kurz nach deren Geburt mit seinem Lehnsmann, Graf Herluin von Conteville, verheiratet, mit dem sie weitere sechs Kinder hatte. Mit diesen spärlichen Daten und viel Phantasie erzählt Hilke Müller das Leben der Frau, die die Mutter eines der bedeutendsten Herrscher der Geschichte war. Dabei bleibt sie als Beobachterin von außen meistens sehr nah bei ihrer Protagonistin, nur in wenigen Fällen schildert sie kurze Episoden, die sich im Umkreis anderer Figuren – etwa Herzog Roberts oder Wilhelms – abspielen.

Es ist der Autorin sehr gut gelungen, etwas von der Atmosphäre des 11ten Jahrhunderts in Frankreich einzufangen. Detailliert und authentisch beschreibt sie das Leben der einfachen Handwerker und Bauern genauso lebendig, wie die Kämpfe und Intrigen von Adel und Klerus um Macht und Einfluss am Hofe des Herzogs, wobei sie die historisch bekannten Fakten geschickt in ihre Erzählung mit einfließen lässt. Das Buch liest sich leicht und flüssig, die Sprache ist der Zeit angemessen, man kann sich als Leser wirklich in das Geschehen hineinfühlen und es nachvollziehen und ist gespannt, wie es weitergeht. Daher ist der Schluss ein klein wenig enttäuschend. Das Ende bleibt zwar nicht offen, aber es geht alles ein bisschen zu schnell. Hilke Müller hätte gern noch ein Kapitel anhängen können, um ihren Hauptpersonen - und dem Leser - ein wenig mehr Zeit zu geben, sich wirklich „wiederzufinden“.


Figuren
Viele Personen dieses Buches sind historisch und ihre Handlungen teilweise gut dokumentiert, wie z.B. Herzog Robert der Normandie oder die Mitglieder des Rates, denen er seinen unmündigen Sohn und Erben Wilhelm anvertraute. Die Autorin zeichnet diese Charaktere sehr authentisch und ihr Verhalten glaubwürdig und nachvollziehbar.

In Wilhelm – sowohl dem Kind, als auch dem jugendlichen Herzog – erkennt man schon viel von dem späteren Eroberer und König von England. Da er bereits als Achtjähriger seinem Vater nachfolgte – unmündig und zudem als unehelich Geborener von Teilen des Adels nicht anerkannt –, musste er schon früh um sein Herzogtum kämpfen. Er galt als tapfer, aber auch grausam, vor allem gegenüber Feinden, die ihn einen „Bastard“ nannten, kannte er keine Gnade. Hilke Müller schildert in einer Episode, wie der kleine Wilhelm seine Mutter nach der Bedeutung dieses Wortes fragt. Mit Arlette hat die Autorin eine sehr vielschichtige, wirklich interessante Persönlichkeit geschaffen. Durch ihre schlimmen Erfahrungen hat sie gelernt, die Männer zu verachten, und kann Liebe nur ihren Kindern schenken. Hilke Müller beschreibt diese Frau mit sehr viel Mut, aber auch großer Wut: auf die Männer, auf das Schicksal, das ihr so übel mitgespielt hat, auf die vornehmen Damen, die sie bis auf wenige Ausnahmen als „Hure“ ansehen ... Man kann sich sehr gut in Arlette hineinfühlen, hätte vielleicht in manchen Situationen anders gehandelt, aber ihre innere Stärke, die sie nie aufgeben lässt, imponiert und weckt Verständnis für sie.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt über beide Buchdeckel und den Rücken hinweg eine mittelalterliche Halle mit steinernen Säulen und Bänken. Auf einer von ihnen sitzt eine junge Frau – barfüßig und mit gefalteten Händen –, die sich scheinbar von der Arbeit ausruht, denn neben ihr steht eine große Zinnkanne. Obwohl ihre Umgebung in das 11te Jahrhundert passt, gehört ihre Kleidung – ein roter Kleiderrock mit weißer Bluse und Schürze sowie ein kleines Häubchen – eindeutig einer sehr viel späteren Epoche an. Dennoch wirkt das Bild recht ansprechend. Es handelt sich übrigens um eine Fotografie im Stile eines Gemäldes, wie sie in letzter Zeit immer häufiger für Buchcover verwendet werden. Auf der Steinwand steht in großen, roten, erhaben geprägten Glanzlettern der Titel, darüber – etwas kleiner – in gelb der Name der Autorin.

Das Buch ist in 21 Kapitel eingeteilt, die meist nach Jahreszeiten, ab und zu aber auch auf bestimmte Monate datiert sind und den Zeitraum von 1025 bis 1047 umfassen. Leider gibt es weder ein Nachwort der Autorin, noch ein Personenverzeichnis, das wirklich angebracht gewesen wäre, da viele der handelnden Figuren historisch belegt sind und dem Leser somit die Zuordnung erleichtert worden wäre. Die Handlung endet tatsächlich direkt auf der letzten Seite vor dem hinteren Buchdeckel, was doch ein wenig merkwürdig anmutet.


Fazit
Ein lesenswerter historischer Roman, mit einer Geschichte, die so gewesen sein könnte. Der etwas unbefriedigende Schluss und das völlige Fehlen eines Anhangs haben aber doch Einfluss auf die Bewertung gehabt.


4 Sterne


Hinweise
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Obwohl auf dem hinteren Cover steht „Übersetzt von Kristina Lake-Zapp“ ist dieses Buch in deutscher Originalsprache erschienen.

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