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Sie sind seine Opfer. Er macht sie zu Tätern. Vier Freunde folgen einem scheinbar harmlosen Auftrag und stehen plötzlich einer grauenvoll zugerichteten Leiche gegenüber. Er zwingt sie, sich in seinem Namen bei dem Opfer zu entschuldigen. Als sie darauf eingehen, nimmt ein unvorstellbar perfides und grausames Spiel seinen Lauf. Zoran Drvenkar ist mit diesem Buch ein zutiefst verstörender Thriller gelungen, in dem es auf die Frage nach Gut und Böse keine Antwort mehr gibt.

schockierend, berührend und unerbittlich präzise

Du schreist aus der Tiefe deines Unterbewußtseins. Du bist wie ein Taucher, dem nur noch Sekunden bleiben, um aus dieser Tiefe zu fliehen. Dein Schreiben ist das Seil, an dem du dich aus der Dunkelheit ziehst. Dein Schreien ist dein Leben, zusammengefaßt in einem Atemzug.

 

  Autor: Zoran Drvenkar
Verlag: Ullstein
Erschienen: 02/2009
ISBN: 978-3-550-08772-1
Seitenzahl: 400 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Das Leben kann sich so schnell ändern. Gerade noch sind die vier Freunde Kris, Wolf, Tamara und Frauke glücklich, endlich haben sie ihr Leben im Griff und sind auf dem aufsteigenden Ast. Doch ein Anruf kann alles verändern. Sie schlittern in eine grauenvolle Geschichte, die alles von ihnen abverlangt und ihre Freundschaft aufs Spiel stellt. Sie werden bedroht, ihre Familien werden bedroht – von einem irren Mörder, bei dessen Opfer sie sich in seinem Namen entschuldigen sollen. Doch damit nicht genug, sie sollen die Leiche entsorgen…


Stil und Sprache
Mit „Sorry“ präsentiert Zoran Drvenkar dem Leser einen überaus spannenden Thriller, der unter die Haut geht und zu langen Lesenächten verführt. Doch nicht nur der Inhalt des Buches ist außergewöhnlich, auch der Stil des Autors. Das Buch beginnt mit einem großen Knall, einer Art Prolog, in dem der Erzähler den Leser direkt anspricht, ihn unmittelbar ins Geschehen hineinzieht. Der Schreibstil wirkt distanziert und doch ist man hautnah dabei; die Gefühlskälte und Abgestumpftheit der Figur kommt hervorragend beim Leser an. Doch das Buch ist nichts für zartbesaitete Leser, denn obwohl mit wenigen Worten die grausame Tat geschildert wird, sind diese überaus bildlich, die Vergleiche teilweise nur allzu passend. Einfache, klare Worte verbinden sich zu Sätzen des Grauens. Man möchte den Film vor dem inneren Auge stellenweise am liebsten abschalten. In den folgenden Kapiteln, dem ersten Teil des Buches (insgesamt gibt es acht Teile), werden dem Leser die vier Hauptfiguren vorgestellt, dennoch bleibt die Spannung erhalten, da der Leser wissen will, was es mit dem Geschehen am Anfang auf sich hat. Im zweiten Teil des Buches, der sechs Monate später spielt, beginnt das grausame Spiel und der Leser mag das Buch spätestens jetzt nicht mehr aus der Hand legen. Es ist erschreckend, wie schnell die Vier in diese grausige, abartige Situation rutschen, wie sie gezwungen werden, die Drecksarbeit für den unbekannten Mörder zu erledigen. Und es ist überaus interessant zu beobachten, wie jede einzelne Figur damit umgeht.

Das Lesetempo dieses Romans ist sehr hoch, was zum größten Teil an der rasanten Handlung liegt, aber sicherlich auch ein Stück weit an den kurzen Kapiteln. Diese sind mit „danach“, „davor“, „Du“, „Der Mann, der nicht da war“ und den Namen der vier Freunde (Kris, Tamara, Wolf und Frauke) betitelt; die Überschriften liefern dem Leser den Hinweis, aus wessen Perspektive das Geschehen wiedergegeben wird, wobei erst zum Ende des Buches aufgeklärt wird, wer „Ich“ und „Du“ überhaupt sind. Das Buch ist im Präsens verfasst, Rückblenden werden in der Vergangenheitsform wiedergegeben und sind durch eine Leerzeile gekennzeichnet. Interessant ist, dass der Roman nicht nur in der häufig gebrauchten dritten Person, aber auch in der ersten Person verfasst ist, sondern dass die Kapitel mit dem Titel „Du“ in der zweiten Person wiedergegeben werden. Dies habe ich bisher in keinem Roman erlebt. Der Erzählter gibt das Geschehen wieder, als würde der Leser die Figur in dem Buch sein (Beispiel; Seite 345: Dir ist bewußt, dass du für eine Menge Verwirrung gesorgt hast, und dann dachtest du doch ernsthaft, du könntest einfach so klammheimlich wieder in deinem Leben verschwinden und die Verbindung kappen? Wahrscheinlich wärst du recht froh, wenn man dich einfach so verschwinden ließe.).
Während des Romans wird der Leser immer wieder direkt vom Erzähler angesprochen, was ungewohnt ist, doch auch einen gewissen Reiz ausübt. Der Leser ist kein unbeteiligter Beobachter, er ist dabei! So weiß er auch oft mehr als die Figuren, der Erzähler macht gerne Andeutungen auf die Zukunft; auf Dinge, die die Figuren zu diesem Zeitpunkt nicht wissen. Und obwohl der Leser mehr weiß, obwohl er gewisse Ahnungen hat, weiß Drvenkar ihn am Ende des Buches noch zu überraschen.

Besonders ungewohnt ist die Darstellung wörtlicher Rede. Wird diese normalerweise durch Anführungszeichen gekennzeichnet, findet der Leser in diesem Roman lediglich einen Bindestrich am Zeilenbeginn. So ist auch nicht auf den ersten Blick erkennbar, wann die wörtliche Rede endet und doch lässt sich das Buch gut lesen (Beispiel; Seite 57: - Was ist das? will er wissen und riecht am Tee. Hat da eine Kuh reingepißt?).


Figuren
Die Figuren in diesem Buch werden schnell zum Leben erweckt, es fällt nicht schwer, sich auf sie einzulassen und mit ihnen die Geschichte zu erleben. Sie sind Menschen, sie könnten unsere Nachbarn sein. Ob es nun die Träumerin Tamara ist, die sich als unheimlich starke Frau entpuppt; Frauke, die immer alles im Griff haben will, oder der sensible Wolf. Kris ist eine interessante Figur, fällt es doch schwer, ihn vollends zu durchschauen. Er kann Lügen und unfaires Verhalten nicht ausstehen, er hasst es, wenn Leute sich nicht vernünftig entschuldigen können. Teilweise wirkt er gefühlskalt, dann ist das Gegenteil der Fall; er scheint einen Panzer zu tragen, doch seine Aggressivität hat er nicht immer im Griff.
Jede der vier Figuren erlebt das grausige Geschehen auf ihre eigene Art, jede geht anders damit um. Doch es passt immer zum Charakter, der Leser kann ihr Handeln und ihre Gedanken nachvollziehen.

Die anderen Figuren – auch die Nebenfiguren - sind ebenfalls hervorragend ausgearbeitet. Sie haben eine Vergangenheit, sie haben Probleme und Wünsche. Der Antagonist hat seinen eigenen Sinn für Gerechtigkeit und versucht nur, etwas wieder gut zu machen. Der Autor schafft es tatsächlich, dass der Leser Mitleid hat.


Aufmachung des Buches
Das Cover ist schlicht gestaltet, doch strahlt es etwas Geheimnisvolles aus, das einen das Buch in die Hand nehmen lässt. Der Text der Buchrückseite wird sicherlich viele Thriller-Fans ansprechen.

Was mich ein wenig gewundert hat, ist die Tatsache, dass – obwohl das Buch erst im Februar 2009 erschienen ist -  die alte Rechtschreibung verwendet wurde. So findet der Leser statt des mittlerweile größtenteils übliche „ss“ ein „ß“ (daß, Adreßbuch usw.).


Fazit
Ein Thriller, der unter die Haut geht. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite ist garantiert. Zoran Drvenkar ist ein Autor, den es zu entdecken lohnt. Wenn es mehr als fünf Sterne gäbe, würde dieses Buch sie verdienen.


5 Sterne


Hinweise
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