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Sebastian Bergman, Kriminalpsychologe: Sie werden es lieben, ihn zu hassen!

Ein Waldtümpel bei Västeras: Pfadfinder entdecken die Leiche des 16-jährigen Roger. Er wurde brutal misshandelt, sein Herz herausgerissen. An seiner alten Schule wurde der stille Junge gemobbt. Zuletzt besuchte er ein exklusives Privatgymnasium. Ganz in der Nähe ist Kriminalpsychologe Sebastian Bergman damit beschäftigt, sein Elternhaus zu verkaufen. Seit er bei einem tragischen Unglück Frau und Tochter verlor, hat er nicht mehr gearbeitet. Stattdessen stürzt er sich in eine Affäre nach der anderen und genießt es, vor aller Welt das Ekelpaket zu geben. Kommissar Torkel Höglund ermittelt im Mordfall Roger. Er ist überrascht, als er vor Ort auf seinen alten Freund Bergman trifft - umso mehr, als der ihm bei den Ermittlungen helfen will. Höglunds Team ist alles andere als begeistert, doch bald ist der hochintelligente Bergman unverzichtbar. Denn hinter den Mauern der Eliteschule offenbaren sich Abgründe. Und fast jeder dort hat etwas zu verbergen ...

 

der mann_der_kein_mrder_war 

Originaltitel: Det Fördolda
Autor: Michael Hjorth/Hans Rosenfeldt
Übersetzer: Ursel Allenstein
Verlag: rowohlt Polaris
Erschienen: 11/2011
ISBN: 978-3-86252-019-0
Seitenzahl: 592 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Rückentext gibt den Beginn der Handlung und den Fall, um den es eigentlich geht, schon recht umfassend wieder. Was jedoch am Anfang wie ein „normaler“ Mordfall wirkt, entpuppt sich schon bald als echte Herausforderung für die Ermittler. Praktisch jeder hat etwas zu verbergen und ein Geheimnis ist schlimmer als das andere. Nur mit akribischer Ermittlungsarbeit und viel psychologischem Geschick lässt sich dieser Fall lösen. Dass dabei auch die Polizisten selbst so einige Dinge zu verbergen haben, macht die Sache nicht leichter…

„Mal wieder ein Schwedenkrimi!“, wird so mancher sagen, aber schon durch den Titel und das Cover hebt sich diese Geschichte wohltuend vom nordischen Durchschnittskrimi ab. Aus einer recht simplen Grundidee haben die Autoren einen derart komplexen, vollkommen undurchschaubaren Fall konstruiert, dass man trotz der Dicke des Buches keine Sekunde auf die Idee kommt, es zur Seite zu legen, bevor er nicht aufgeklärt ist.


Stil und Sprache
Dass zumindest einer der beiden Autoren normalerweise Drehbücher schreibt, ist zu spüren, legt man doch sehr viel Wert auf Dialoge und löst den Fall nicht im stillen Kämmerlein, sondern mit viel „Aktion“. Das macht aber gar nichts, denn trotzdem kommen Atmosphäre und Figuren nicht zu kurz. Abwechselnd kommen alle möglichen Erzähler zu Wort, „der Mann, der kein Mörder war“ eingeschlossen. Aber auch wenn unterschiedliche Personen den jeweiligen Handlungsstrang schildern, so schwebt doch eine Art allwissender Erzähler über dem Ganzen, nämlich immer dann, wenn mitten in der Szene kurz die Perspektive gewechselt wird. Da kann es dann schon mal passieren, dass jemand beobachtet, wie ein anderer den Raum betritt und dann im nächsten Satz die Wahrnehmungen dieses anderen geschildert werden. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber so geschickt gemacht, dass es schnell als selbstverständliche „Regieanweisung“ ankommt.

Insgesamt ist die Geschichte wunderbar flüssig zu lesen, lässt ab und zu etwas staubtrockenen Humor durchblitzen und bietet viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte, die immer wieder zu verblüffenden Wendungen führen. Dabei spielt das komplizierte Beziehungsgeflecht in der Ermittlergruppe eine große Rolle, ohne jedoch die Krimihandlung aus den Augen zu verlieren. Das ist so spannend geschrieben und hintergründig erzählt, dass man dieses Buch einfach nicht aus der Hand legen kann und am liebsten direkt wieder von vorn anfangen möchte.


Figuren
Sebastian Bergman ist eigentlich ein Kotzbrocken, dennoch ist es mir einfach nicht gelungen, ihn zu „hassen“, wie auf dem Buchrücken versprochen wurde. Zu komplex ist sein Charakter, zu wenig eindeutig, um ihn ein Schema einzusortieren. Nachdem er seine Frau und seine Tochter auf tragische Weise verloren hat, existiert Sebastian nur noch, betäubt seinen Schmerz mit unzähligen One-Night-Stands und bemüht sich unaufhörlich, ein echtes Ekelpaket zu sein. Das gelingt ihm auch meistens, seine Mitmenschen lehnen ihn ab und seine Bereitschaft, am Fall des ermordeten Schülers mitzuarbeiten, begründet sich nur aus sehr egoistischen Motiven. Und trotzdem hat dieser Mann etwas, das anrührt und den Leser berührt. Immerhin ist er ein begnadeter Psychologe, der mit seinen scharfsinnigen Analysen wesentlich dazu beiträgt, den Fall zu lösen. Dass er selbst dabei auch nur gewinnen kann, merkt er nur nach und nach. Diese Entwicklung wird jedoch zum Glück nur angedeutet und nicht übertrieben, so bleibt sie glaubwürdig und auch am Ende ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, aber Sebastian zumindest am Beginn eines neuen Weges.

Neben Sebastian arbeitet natürlich noch ein ganzes Team am Fall Roger Eriksson, angefangen mit Torsten „Torkel“ Höglund, dem Leiter der Gruppe, der auch Sebastian „einstellt“, über die Spurenexpertin Ursula bis hin zu Vanja, der jungen Polizistin und Billy, dem Computerexperten. Sie alle wirken wie aus dem echten Leben, haben Ecken und Kanten, Geheimnisse und Befindlichkeiten und machen einfach Spaß.

Auch die anderen Figuren dieser Reihe sind durchweg glaubwürdig dargestellt und tragen ihren Teil zur Geschichte bei. Großen Wert legt das Autorenduo dabei auf psychologische Hintergründe, die Abgründe der menschlichen Seele und Gedanken und Gefühle auch der unwichtigsten Randfiguren. Der Polizist Haraldsson etwa ist eigentlich eher ein Komparse, um im Film-Thema zu bleiben, trotzdem bekommt er seine eigene – tragisch-komische – Geschichte und gibt der Handlung das gewisse Etwas.


Aufmachung des Buches
Das Buch liegt als Flex-Cover vor und ist so trotz seiner Dicke recht gut zu handhaben. Das Coverbild zeigt den Umriss eines Mannes vor hellem Hintergrund, innerhalb seiner Konturen sind winterliche Bäume zu sehen. Ein roter Rahmen bringt etwas Farbe in die Gestaltung, die einen guten Bezug zum Inhalt liefert: Der große Unbekannte, nach dem lange gefahndet wird, dominiert die ansonsten zurückhaltende Optik. Innen gibt es unterschiedlich lange Kapitel, die aber immer wieder in Abschnitte unterteilt und somit gut zu lesen sind.


Fazit
Was für ein Buch! Was für ein Ermittler! Der grandiose Auftakt zu einer starken Serie, die hoffentlich bald fortgesetzt werden wird. Sebastian Bergman lässt einen nicht mehr los, wenn man sich einmal auf ihn eingelassen hat. Schlaflose – weil durchlesene – Nächte sind garantiert …


5 Sterne


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