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Kategorie: Ab 8 Jahre

Als Ritter Schwartengrimm das Mädchen Ella in seinen Dienst nimmt, weiß er nicht, auf welch verrücktes Abenteuer er sich da einlässt. Ritterfurz und Treppensturz – da taucht doch tatsächlich ein Kung-Fu kämpfender Mönch auf und setzt den Ritter matt. Dann gewinnt Ella auch noch das verflixte Turnier des fiesen Fürsten von Pinkerton. Und dass ihr dreimalkluges Pferd Arabesk sprechen kann, ist noch lange nicht Ellas größtes Geheimnis!

 

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Autor: Knister
Illustrator: Thomas Dähne
Verlag: Arena Verlag
Erschienen: 2011
ISBN: 978-3-401-06681-3
Seitenzahl: 132 Seiten


Die Grundidee der Handlung

Die ganze Geschichte spielt im Mittelalter. Das kleine Waisen-Mädchen Ella wächst bei einer Amme auf, ohne Ahnung wer ihre Eltern waren oder woher sie stammt. Mit 9 Jahren muss Ella als Magd in den Dienst eines Ritters treten, weil die Amme sie nicht mehr ernähren kann. Aber das Mädchen geht nicht allein und mit leeren Händen – ihr gehört ein halbes Edelsteinamulett, ein edler Dolch und ein großes stattliches Pferd namens Arabesk, welches mittels Gedankenübertragung mit ihr kommunizieren kann. Das alles sind Vermächtnisse ihrer verstorbenen Eltern.

Ihr neuer Herr, der kauzige und erfolglose Ritter Rochus von Schwartengrimm, nimmt Ella nur wegen des Pferdes zu sich, denn so ein rassiges Tier kann er sich eigentlich nicht leisten. Sie muss dafür kochen, putzen und alle Arbeiten auf der halbverfallenen Burg erledigen. Zum Lohn darf sie dort wohnen und essen.

Eines Tages reitet ihr Herr mit Arabesk zu einem Turnier. Leider hat das Pferd so seinen eigenen Kopf und kommt ohne Ritter zurück. Als Knappe verkleidet reitet Ella zurück und versucht von Schwartengrimm zu helfen. So kommt sie selber in die Verlegenheit am Turnier teilzunehmen, was sich als nicht so einfach herausstellt. Da taucht ein gleichaltriger Junge in Mönchskutte auf und hilft ihr. Und Ella spürt eine seltsame Verbundenheit zu ihm.


Stil und Sprache
Die Geschichte ist in der dritten Person geschrieben und mit viel wörtlicher Rede versehen. Dadurch wird man zum Zuschauer und kann jeder Person mal über die Schulter gucken - das macht es spannend und vielseitig. Arabesk ist ein Buch für geübte Selbstleser, die Schrift ist groß und gut lesbar. Die Sätze allerdings sind teilweise schon ziemlich verschachtelt und auch sprachlich etwas anspruchsvoller. „Auch, wenn sie oft Hunger gelitten hatten oder in den Holzschuhen frieren mussten. Sie hatten einander.“ (S. 14) Da es auch vom Inhalt manchmal nicht einfach zu verstehen ist, gibt es alle zwei, drei Seiten eine Erklärung des Autors. Das ist wirklich gut gelöst, denn die Anmerkungen sind immer in blau gedruckt und der Autor spricht den Leser direkt an. „Ich muss mich noch mal einmischen. Nur für Dich zu Information: ...“ (S. 23) Er erklärt in diesem Passagen z.B., warum es zu der Zeit schlimm war keine Eltern zu haben, warum es für Frauen im Wald gefährlich war und warum Ella Probleme hatte, Essen zu kochen. So bekommt man immer wieder ein Stück Zeitgeschichte erklärt, gut verpackt in einer spannenden Handlung. Deshalb würde ich es Kindern unter 7 Jahren auch nicht vorlesen, denn diese komplexen Zusammenhänge werden sie noch nicht nachvollziehen können.

Spannung und Wissen halten sich hier gut die Waage. Wer aber eine lustige Geschichte erwartet, wird hier nicht aus seine Kosten kommen. Sie ist teilweise sogar etwas traurig und melancholisch, etwa wo sich Ella von ihrer Amme trennen muss oder allein in der fremden Burg steht und sich einzufinden versucht. Die meiste Zeit aber werden spannende Momente aufgebaut. Wie gefällt Ella ihr neuer Herr? Ist er gut zu ihr? Darf sie ihr Pferd behalten? Was passiert auf dem Turnier? Reitet sie tatsächlich mit, obwohl sie doch ein Mädchen ist? All diese Fragen werden im Buch beantwortet. Es kommt nie Langeweile auf, ständig passieren kleine und große Dinge.

Aber es gibt auch geheimnisvolle Fragen: Was hat es mit diesen Erbstücken auf sich, das halbe Edelstein-Amulett, der Edelstein-Dolch? Was ist mit diesem geheimnisvollen Jungen Urs? Besteht zwischen ihnen eine Verbindung? Und wird der böse Fürst von Pinkerton die Schmach des Turniers auf sich sitzen lassen? Dies ist der Teil, der mir an dem Buch nicht so gefällt.

Die Ereignisse laufen auf einen zweiten Teil hinaus, den man zwangsläufig lesen muss, wenn man wissen will, wie es weiter geht. Der Autor stellt auf der letzten Seite sogar ein paar offen gebliebene Fragen und weißt auf das nächste Buch hin, dass im Sommer 2012 erscheint. Das finde ich, gerade für ein Kinderbuch, nicht schön, da Kinder nicht so geduldig sind und in einem halben Jahr nicht mehr wissen, worum es ging. Aber es ist bereits amtlich – Arabesk wird ein Dreiteiler!


Figuren
Die Hauptfigur dieser Geschichte ist Ella, auch wenn der Buchtitel sich ihrem Pferd widmet. Ella ist ein freundliches, aufgeschlossenes 9jähriges Mädchen, das Glück im Unglück hatte. Nachdem ihre Eltern starben, kam sie in die Obhut einer fürsorglichen Amme. So ist sie, obwohl sie Vollwaise ist, zwar arm aber liebevoll aufgewachsen. Doch leider beginnt für sie recht früh der Ernst des Lebens und sie muss schon in jungen Jahren das Nest verlassen und bei fremden Menschen arbeiten. Aber das macht ihr nicht wirklich viel aus. Sie ist ein fröhliches, mutiges und optimistisches Kind, dass ihrer Ziehmutter keinen Kummer machen möchte. Auf der anderen Seite ist sie gegenüber dem Ritter aufmüpfig und recht frech und kauft ihm den Schneid ab. Sie hat Mut und Courage für zwei. Das Mädchen wirkt, trotz ihrer außergewöhnlichen Lebensumstände, total normal – alles ist ein Abenteuer für sie. Sie vertraut auf sich und ihr Pferd, womit wir schon bei einer der Nebenfiguren wären.

Das Pferd Arabesk ist Ellas Gewissen, quasi ein zweites Ich. Mit ihm berät sie sich und es hilft ihr aus brenzligen Situationen heraus. Arabesk hat zwar seinen eigenen Kopf und ist auch mal stur, aber im Zweifel hört es immer auf seine Besitzerin und ist absolut loyal. So einen Begleiter wünscht sich mit Sicherheit jedes Kind. Beide zusammen haben sicherlich einen hohen Identifikationswert für Kinder. Ella und ihr Pferd sind, zwischen den ganzen lauten Rittern, die stillen Helden dieser Geschichte. Man fiebert mit ihr mit und drückt ihr die Daumen. Man will nicht sein wie sie, dafür ist ihr Schicksal zu hart, aber sie wird zu einer guten Freundin.

Kommen wir zur nächsten Nebenfigur – Rochus von Schwartengrimm, seines Zeichens Ritter von Burg Taubenschlag. Er erinnert optisch und vom Wesen ziemlich an den berühmten Don Quichotte. Mit zerbeulter Rüstung, klapprigem Pferd und zerfallener Burg schlägt er sich durchs Leben. Er ist schusselig und streng, hat aber ein gutes Herz. Der Ritter ist zwar offiziell Ellas Gebieter, benimmt sich aber fast väterlich, so dass sie sich beim ihm gut aufgehoben fühlt. Mehr erfährt man von diesem Herrn nicht. Möglicherweise gewinnt er in den folgenden Büchern ja noch an Wichtigkeit. Momentan ist er nur der „Background“ für Ella und ihr Pferd.

Die letzte (aber nicht weniger wichtige) Figur in dieser Geschichte ist der junge Mönch Urs. Eigentlich ist er noch gar kein Mönch, sondern ein Kind wie Ella. Er wurde von den Mönchen aufgezogen und lebt seit dem im Kloster – auch von seinen Eltern fehlt jede Spur. Er kann lesen und schreiben – und Kung-Fu(!) und ist Ella recht ähnlich. Mutig und couragiert hilft er ihr am Turnier teilzunehmen. Dann verlieren die beiden sich aus den Augen. Der Leser wird auf diesen Jungen extrem neugierig gemacht. Ich denke, da haben wir in dem Folgebuch noch einiges zu erwarten.


Aufmachung des Buches
Da gibt es einiges zu berichten. Nach dem üblichen Inhaltsverzeichnis bekommt man eine Karte der hiesigen Umgebung zu sehen, genauer gesagt vom Fürstentum. Danach werden vier Personen in Bild und Wort vorgestellt – Ella, Urs, Ritter von Schwartengrimm und Fürst Prellwitz von Pinkerton. Danach erhält der Leser eine Warnung vom Autor. Ja richtig gelesen: der Autor bittet um strengste Geheimhaltung und starke Nerven, da sonst Leib und Leben in Gefahr sein könnten.

Die Kapitelanfänge sind immer in einer anderen Schrift geschrieben und blau abgedruckt. Ab und an gibt es größere, sehr schöne, liebevolle Zeichnungen zu bestaunen. Sie sind wie mit einer Feder gezeichnet und in Duplex-Braun ausgemalt, so dass sie aussehen, als wären sie alt. Wenn eine ebenso gezeichnete blaue Feder auftaucht und die Schrift blau und kursiv wird, kommen die Anmerkungen des Autors. Zwischendurch gibt es immer wieder besondere Seiten. Sie sind gut zu erkennen, denn sie haben immer einen blauen Hintergrund und geben ganz verschiedene Themen zum Besten. Einmal ist es ein „Kurs“ in Mittelhochdeutsch, wo man etwas über die Sprache der damaligen Zeit lernt. Ein anderes mal geht es um die Pferde nebst Besitzer, die in diesem Buch vorkommen. Auch ein Rezept für „Arme Ritter“ ist enthalten. Auf einer Seite werden die Flüche des Ritters aufgezählt und auf einer anderen lernt man einen Kung-Fu-Schritt.

Ansonsten ist das Buch im A5-Format im Hardcover gebunden. Der Titel ist fröhlich und bunt und verspricht viel Unterhaltung. Warum der Titel allerdings „Arabesk“ heißt, was der Name des Pferdes ist, hat sich mir nicht wirklich erschlossen, aber vielleicht klärt sich das in den folgenden Teilen.

Auf der Rückseite ist eine Beschreibung des Inhalts abgedruckt, die aber – finde ich – leicht irreführend ist, denn er kommt klamottiger daher, als das Buch ist.


Fazit
Eine sehr schöne Abenteuer-Ritter-Geschichte aus Sicht eines Mädchens - quasi Ritter Trenk für Mädchen ab 8 Jahren. Es ist spannend, fantasievoll und hat viel Wissenswertes über das Mittelalter zu bieten. Wer damit leben kann, auf eine Fortsetzung zu warten, dem kann ich es sehr empfehlen.


4 5 Sterne


Hinweise
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