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Kategorie: Ab 5 Jahre

Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab. Da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzen Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rot im weißen Schnee so schön, aussah, dachte sie bei sich: Hätt' ich ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen!

Benjamin Lacombe hat zu dem Märchen der Brüder Grimm poetisch-magische Bilder geschaffen, die Kinder und Erwachsene verzaubern können.

 

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Originaltitel: Blanche Neige
Autor: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm
Illustration: Benjamin Lacombe
Verlag: Jacoby & Stuart
Erschienen: 08/2011
ISBN: 9783941787391
Seitenzahl: 48 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Schneewittchen ist ein Wunschkind, geboren aus den Träumen ihrer Mutter, die sich einst beim Nähen in den Finger stach und den Anblick von Blut auf Schnee nebst einem schwarzen Ebenholzrahmen liebte. Doch Schneewittchens Mutter stirbt bei ihrer Geburt und schon kurze Zeit später heiratet ihr Vater eine neue Frau, ebenfalls wunderschön, doch voller Neid und Missgunst für alle, die sie in den Schatten stellen könnten. Schneewittchens Stiefmutter besitzt einen Zauberspiegel, den sie ohne Unterlass befragt, welche Frau die schönste im ganzen Land sei. Doch als Schneewittchen zu einem bezaubernden Kind, schön wie der klare Tag, heranwächst, gibt der Spiegel eine Antwort mit tödlichen Folgen ...

Wer kennt es nicht, das beliebte Märchen vom schönen Schneewittchen und der bösen Stiefmutter, den sieben Zwergen über den sieben Bergen und dem gläsernen Sarg. Noch heute weiß jeder, was gemeint ist, wenn man von einer Schneewittchen-gleichen Schönheit spricht. Der französische Zeichner Benjamin Lacombe verleiht dem bekannten Märchen neuen Glanz, der zum immer wieder darin Verweilen einlädt.


Darstellung und Umsetzung der Bildgeschichte
Benjamin Lacombes poetische Neu-Interpretation besticht durch eine eher gedeckte und dunkle Farbgestaltung, alles wirkt weich und sanft, und nur wenige Elemente strahlen daraus hervor, um den Blick zu lenken. Vor allem die Augen von Mensch, Zwerg und Tier sind so hypnotisch, dass man sich darin verlieren kann. Die Farbe Rot liegt klar im Fokus, Lippen, Augenlider, Wangen, die Zipfelmützen der Zwerge und natürlich Äpfel strahlen einen aus verzauberten Kulissen entgegen. Doch auch reine Schwarz-Zeichnungen mit leichter Sepia-Tönung entfalten mit gekonnter und detailverliebter Strichführung einen überirdischen Zauber.
Da der Text in kleine Teile zerlegt wurde, um möglichst viel bildnerisch darstellen zu können, sind es in erster Linie die Illustrationen, die auf den Betrachter wirken. Sie sind passend zum Inhalt der eigentlichen Geschichte, erzählen aber auch ganz andere Dinge, die nicht niedergeschrieben sind. Da sieht man die Stiefmutter als Medusa mit Schlangen um ihr Haupt oder als überdimensionalen Pfau, Schneewittchen mit einem Käfig-artigen Brustkorb, in dem ein Rabe steckt, und inmitten eines schützenden Turms aus Waldtier-Leibern. Zusammen bilden Text und Lacombes Illustrationen ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk um ein fragiles, naives und wunderschönes Schneewittchen, das gegen eine maliziöse und verschlagene Stiefmutter antritt.


Aufmachung des Buches
Das großformatige Hardcover zieht mit seiner Aufmachung direkt alle Blicke auf sich. Man sieht das dahin gesunkene Schneewittchen, auf deren Brust ein Rabe sitzt, und im Vordergrund verschwommen einen blutroten Apfel. Das Motiv wird auf der Rückseite fortgeführt. Die typographische Gestaltung ist dezent gehalten, um nicht von dem fantastischen Bild abzulenken, das sowohl perfekt zum Inhalt passt, als auch den Betrachter magisch in die Geschichte hineinzieht. Als kleine Spielerei befinden sich auf Vorder- und Rückseite zwei lackierte Rankenelemente, die man nur bei genauerem Hinsehen entdeckt.

Beim Öffnen des Buches empfangen den Leser tiefrote Vorsatzblätter voll goldener Rankenelemente, Raben und Schneewittchens Gesicht, das in einem roten Apfel zu sehen ist. Das Papier ist von schwerer, leicht strukturierter Qualität und macht das Umblättern zu einem wahren Vergnügen. Lacombes Bilder stehen meist ganzseitig formatfüllend neben vergleichsweise wenigem Text oder erstrecken sich über zwei Seiten. Es sind sowohl farbige als auch reduzierte einfarbige Illustrationen enthalten, die neben dem zurückhaltend gesetztem Text voll und ganz zur Geltung kommen.


Fazit
Ein wahrlich zauberhaftes Märchen, das einen mit seinen opulenten und magischen Bildern von der ersten Sekunde an derart in den Bann zieht, sodass man die bekannte Geschichte von Schneewittchen mit neuen Augen sieht und so schnell nicht wieder vergisst. Vor allem Sammler von bibliophilen Kostbarkeiten werden diese hochwertig und liebevoll gestaltete Ausgabe lieben. Für empfindliche Kinder, die sich leicht gruseln, ist das Buch jedoch aufgrund seiner düster-morbiden Ausstrahlung eher weniger geeignet.


5 Sterne


Hinweise
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Mehr von Benjamin Lacombe gibt es auf seiner Homepage zu entdecken.