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Kategorie: Thriller

„Ich habe Mord gesehen“ - dies sind die einzigen Worte, die der Zeuge Michael Volkanian stammeln kann, als man ihn auf den Stufen des Londoner Verteidigungsministeriums aufliest. Durch den ungeheuren Schock hat er sein Gedächtnis verloren und sich ganz in sich selbst zurückgezogen. Spezialagent Tweed fährt mit seiner Assistentin Paula zum Landsitz von Michaels Familie und findet tatsächlich eine menschliche Leiche – doch ist von ihr nach einem brutalen Gemetzel nur noch das Skelett übrig. Kurz darauf tauchen weitere, ähnlich schlimm zugerichtete Leichen auf. Gerüchte gehen um, dass ein blutrünstiger Kult hinter den Morden steckt. Aber daran mag Tweed nicht glauben. Denn er hat inzwischen noch eine weitere brisante Entdeckung gemacht: eine geheime Waffenfabrik. Welcher Zusammenhang besteht zwischen den dunklen Geschäften und den Morden?

 

  Autor: Colin Forbes
Verlag: Heyne
Erschienen: 2006
ISBN: 978-3-453-43282-6
Seitenzahl: 384 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Auf den Stufen des britischen Verteidigungsministeriums wird ein verstörter Mann namens Michael Volkanian aufgefunden. Das Einzige, was er von sich gibt, ist: „Ich habe Mord gesehen.“
Der Spezialagent Tweed wird vom Scotland Yard um Hilfe gebeten. Tweed besucht mit seiner Mitarbeiterin Paula Grey das Anwesen der Familie Vokanian. Dort finden sie tatsächlich eine Leiche, die teilweise skelettiert ist. Im Laufe der Geschichte tauchen immer mehr Leichen auf, die ähnlich zugerichtet sind. Alles sieht nach einem Ritualmord aus. Im Laufe des Romans tauchen jedoch immer mehr Hinweise auf, die auf einen politischen Hintergrund schließen.
Colin Forbes gelingt es, für den Leser die Hinweise Stück für Stück aneinander zu reihen und zu verbinden. Der Leser versteht die Gedanken des stellvertretenden SIS-Direktors Tweed, so dass einem am Ende der tatsächliche Hintergrund der Morde klar ist.


Stil und Sprache
Der in der dritten Person geschriebene Text ist einfach zu lesen. Selten werden Fremdwörter benutzt. Der Schreibstil ist sehr flüssig, so dass auch Wenigleser den Roman in Kürze durchgelesen haben. Auffällig ist die typisch britische Höflichkeit. Sie findet man in nahezu jedem Dialog wieder. Ich weiß nicht, ob die Briten so übertrieben höflich sind, wie es im Roman dargestellt wird. Bei einem ausführlicheren Gespräch fand ich die Passage dann anstrengend und war froh, wenn lange Dialoge beendet waren. Im Gesamtbild stört das den Lesefluss allerdings nicht.

Der Leser möchte immer wissen, wie es weitergeht, obwohl er nie bei den Morden dabei ist, sondern nur bei dem Versuch, die Tötungen aufzuklären. Diese Spannung schafft Colin Forbes überwiegend durch die Gedankenarbeit des stellvertretenden SIS-Direktors. Tweed lässt die Angestellten und den Leser an seinen Überlegungen teilhaben. Oft genug macht er aber nur Andeutungen, die mich dazu verleitet haben, das nächste Kapitel auch noch zu lesen.
Leider weiß man ziemlich schnell, wer am Ende der Gewinner ist, da die Hauptpersonen (die Mitarbeiter des SIS) nahezu unfehlbar scheinen. Das lässt aber nicht auf den Mörder und den tatsächlichen Hintergrund der Morde schließen.


Figuren
Die Figuren kann man sich anhand der detaillierten Beschreibungen gut vorstellen. Gleich auf der ersten Seite wird man mit der Hauptfigur Tweed „bekannt gemacht“: „ein eher unauffälliger Mann, dessen Alter man nur schwer schätzen“ kann. Tweed – auffällig ist, dass sein Vorname nie genannt wird – trägt eine Hornbrille, hat eine kräftige Statur und ein sehr gutes Reaktionsvermögen. Wenn seine Mitarbeiter beschimpft oder beschuldigt werden, wird Tweed sofort wütend und verteidigt seine Leute vehement. Die englische Freundlichkeit verschwindet.

Für meinen Geschmack werden die Figuren zu oft aus der Sicht des Autors beschrieben, anstatt dies aus der Handlung heraus zu tun. Anfangs wirken die Hauptakteure fehlerlos und unangreifbar. Auf jede Aktion des Gegners haben Tweed und seine Leute die passende Antwort. Und zufällig haben sie immer die passenden Mittel dabei (es gibt kein Werkzeug und keine Waffe, die nicht vorhanden sind).
Eine Situation überraschte mich allerdings: Ein Mitarbeiter des Spezialagenten Tweed wurde entführt.

Die Nebenfiguren werden genauso detailliert beschrieben wie die Hauptfiguren und man kann sie sich sofort bildlich vorstellen. Z. B. die Haushälterin von Larry Voles: Sie hat dickes, graues Haar (was darauf schließen lässt, dass es sich um eine ältere Dame handelt), eine aggressiv geschwungene Nase, kleine und stechende Augen und kleine spitze Zähne.


Aufmachung des Buches
Das Buch liegt mir im Taschenbuchformat vor. Die Aufmachung ist schlicht, aber anziehend. Die große Klinge auf blutrotem Hintergrund ist mir ins Auge gesprungen und hat mich zum Griff ins Regal der Buchhandlung bewegt.


Fazit
Wer zur Entspannung nach Feierabend ein Buch herunterlesen möchte, anstatt sich vom Fernseher berieseln zu lassen, ist bei Colin Forbes gut aufgehoben. Der Autor hat einfache Wörter gewählt. Sie machen den Text gut lesbar. Da man immer bei den Gedanken der Agenten dabei ist, kann man den Handlungen sehr gut folgen.
Aber: Wären die SIS-Agenten nicht nahezu fehlerfrei, gäbe es etwas mehr Spannung, was mich das Buch wahrscheinlich an einem Tag hätte durchlesen lassen. So habe ich es doch hin und wieder zur Seite gelegt, weil mir im Kopf umherging: „Natürlich haben sie die Situation wieder bravourös gemeistert!“
Diese Übertreibung und die aufdringliche englische Vornehmheit veranlassen mich dazu, dem Buch nicht die volle Punktzahl zu geben.


3 5 Sterne


Hinweise
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