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Kategorie: Krimis

Irgendwann ist Sense!
Faschingsumzug im Vogelsberg: Jubel, Trubel, Heiterkeit, und am Ende wird ein Mann erschlagen. Der Tote war verkleidet: als Tod.
Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann passt das überhaupt nicht. Er ist nämlich am selben Tag von seiner Frau verlassen worden und muss nun nicht nur einen Mord aufklären, sondern sich auch um Kinder, Haus und Hund Berlusconi kümmern. Wobei nicht ganz klar ist, was mehr schlaucht: die Suche nach dem Täter, der Alltagskampf mit einer schwer pubertierenden Tochter oder die Strafdienste in der Kindertagesstätte „Schlumpfloch“.
Die Ermittlungen in Sachen Sensenmann führen direkt in die Schattenwelt der mittelhessischen Faschingskultur, zum Stimmungsmusiker Herr Bärt, der mit dem Schlager „Lass uns fummeln, Pummel“ zu zweifelhaftem Ruhm gelangt ist. Sie führen außerdem zum depressiven Sohn des Toten, zu schrecklichen Comedy-Galas, jahrzehntelang totgeschwiegenen Schweinereien, mancherlei Liebeswirrungen, einem Verhör in einer finnischen Feng-Shui-Sauna und am Ende zu einem so dramatischen wie überraschenden Finale.


Toter_gehts_nicht 

Autor: Dietrich Faber
Verlag: Rowohlt Polaris
Erschienen: 01. November 2011
ISBN: 978-3-86252-024-4
Seitenzahl: 288 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Im Vogelsberg passiert eigentlich nie etwas. Vielleicht parkt mal jemand falsch oder feiert eine zu laute Party, doch ansonsten ist da nichts. Doch plötzlich wird ein Toter gefunden. Ermordet beim diesjährigen Faschingsumzug. Und dann war er auch noch verkleidet als Tod. Hauptkommissar Henning Bröhmann fühlt sich eigentlich nicht in der Lage, sich dieses Falles anzunehmen. Nicht nur, weil seine Frau ihm gerade eröffnet hat, dass sie eine Auszeit braucht und auch sofort abgerauscht ist. Auch weil er meint, für den Job eigentlich gar nicht geschaffen zu sein, doch er kann halt so schlecht „Nein“ sagen. Und dann ist sein Vater auch noch Polizeipräsident a.D., da steht man unter einem gewissen Druck. Während also bei Bröhmann daheim alles drunter und drüber geht, läuft es auf der Arbeit auch nicht besser. Wie soll er bloß alles unter einen Hut bekommen und dann auch noch positive Ergebnisse erzielen? Irgendwann erkennt Henning, dass man auch mal Prioritäten setzen muss...

Ein Hauptkommissar, der keiner sein will und zusätzlich zur Arbeit nun auch noch den ganzen Haushalt alleine meistern muss, das verspricht amüsant zu werden. Inwiefern dabei Spannung aufkommt, schließlich könnte man auf die Idee kommen, dass er seine Arbeit gar nicht richtig ausführt, bleibt abzuwarten. An sich aber eine schöne Idee, deren Umsetzung gespannt verfolgt wird.


Stil und Sprache
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht Henning Bröhmanns. Der Leser kommt sich wie ein Psychologe vor, der gerade mitten in einer Sitzung ist, Bröhmann fungiert also als Patient. Besonders spürbar wird es zwischenzeitlich, wenn die Erzählung ohne erkennbaren Grund von Hölzchen auf Stöckchen kommt. Der Protagonist hat keinen ganz klaren roten Faden in der Schilderung, sondern schweift immer mal wieder ab. Zuweilen ist den Gedankengängen dadurch nicht allzu einfach zu folgen, was den Lesefluss ein wenig hemmt. Ansonsten ist der Schreibstil recht locker, eingängig und humorvoll. Vor allem die Abgrenzung der verschiedenen Charaktere aus verschiedenen Generationen wird anhand der verwendeten Sprache sofort deutlich.

Einzig die Spannung, wie man sie in einem Krimi erwartet, lässt größtenteils auf sich warten. Es scheint, als stünde der private Konflikt, in dem Bröhmann sich befindet, im Vordergrund und nicht der Mord. Somit erfährt man zwar sehr viel von der Hauptperson und seinem Umfeld, Spannung will dadurch jedoch nicht so recht aufkommen. Das heißt aber glücklicherweise nicht, dass sie überhaupt nicht vorhanden ist. In einigen Situationen geht es nämlich wirklich heiß her und es wird unheimlich spannend. Da mag man alles andere ausblenden und sich voll und ganz dem Geschehen hingeben. Diese Sequenzen überwiegen nur leider nicht, so dass man mehr von einem humoristischen Unterhaltungsroman als von einem spannenden Krimi sprechen kann.


Figuren
Henning Bröhmann ist Hauptkommissar, doch er ist es nicht gerne und das zeigt er auch. Er lässt lieber andere die Arbeit machen als sich in einen Fall reinzuhängen, obwohl er es eigentlich müsste. Überhaupt scheint er ein recht bequemer Mensch zu sein, der Konflikten aus dem Weg geht und gerne mal auf Durchzug schaltet, wenn es brenzlig wird. Doch plötzlich steht er da mit seiner Tochter, seinem Sohn und dem Hund, jedoch ohne Frau, denn die braucht eine Auszeit. Und im Job läuft auch nicht alles glatt, denn er muss sich nun mehr um den aktuellen Fall kümmern, als ihm lieb ist. Endlich muss Henning, mit fast vierzig Jahren, lernen was es heißt Verantwortung zu übernehmen. Natürlich gelingt ihm nicht alles auf Anhieb, doch gerade das macht ihn menschlich. Man verfolgt quasi live die Verwandlung eines Menschen, der alles mehr oder weniger alleine bewältigen muss.

Zu Anfang ist dem Leser die Figur nicht allzu sympathisch. Nach und nach wird man dann aber emotional mehr an sie gebunden. Eine wirkliche Identifizierung mit der Figur findet allerdings nicht statt. Durch die intensive Beschäftigung mit Bröhmanns Privatleben hat der Leser jedoch fast das Gefühl, als würde man die Familie bereits jahrelang kennen.

Die anderen Charaktere werden zwar nicht so eingehend beleuchtet wie Bröhmann, dennoch haben sie alle Wiedererkennungswert. Die Darstellungen sind so bildhaft, dass man sofort vor Augen hat, wie die betreffende Person aussieht, sich bewegt und wie sie agiert.


Aufmachung des Buches
Bei diesem Buch handelt es sich um ein Mittelding zwischen Taschenbuch und Hardcover, denn es hat einen flexiblen Einband. Der Hintergrund ist dunkelbraun gehalten, wobei man bei genauerer Betrachtung erkennt, dass es sich im oberen Bereich um eine Tapete und im unteren um Holzdielen handelt. An der Wand hängt ein ausgestopfter Fuchskopf mit geöffnetem Maul. In diesem wiederum hängt ein Tonkrug. Der direkte Zusammenhang zum Inhalt fehlt, jedoch hat man bei dem Cover das Gefühl, einen Provinzkrimi in Händen zu halten und das macht gleich neugierig.


Fazit
Wer einen spannenden Krimi erwartet, wird in diesem Falle enttäuscht werden. Möchte man sich jedoch gut unterhalten lassen, gespickt mit Spannung von Zeit zu Zeit, ist man bei diesem Buch genau richtig. Die Idee der Geschichte ist wirklich gut, die Umsetzung hätte jedoch besser und mehr auf Spannung als auf Humor ausgelegt sein können. Allerdings handelt es sich um den ersten Band einer Reihe, weshalb man immer noch die Hoffnung haben darf, dass die Folgebände spannender werden.


3 5 Sterne


Hinweise
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