Smaller Default Larger

Seit dem blutigen Überfall auf Cintra ist Cirilla, die Thronerbin des Reiches, verschollen. Gerüchte werden laut, dass sie nicht tot ist, sondern von Geralt, dem Hexer, an einen geheimen Ort gebracht wurde. Es scheint, als ob sie großes magisches Potential besitzt. Oder ist sie das Medium einer bösen Macht? Der halbverfallene Stammsitz der Hexer wird zum Schauplatz einer großen Prüfung …

 

  Autor: Andrzej Sapkowski
Verlag: dtv premium
Erschienen: 01.11.2008
ISBN: 978-3-423-24700-9
Seitenzahl: 384 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Vor 100 Jahren gelang es den Königreichen Redanien, Aedarn, Temerien und Kaedwen, das Eroberervolk der Nilfgaarder beim Gemetzel von Sodden (aufgrund der Grausamkeit der Kämpfe werden die Ereignisse - außer von den Nilfgaardern - nicht als „Schlachten“ bezeichnet) zurückzuwerfen und eine Eroberung der vier Königreiche zu verhindern – seitdem lauert Nilfgaard an ihren Grenzen. Die Königin Calanthe, Löwin von Cintra, starb in dem Kampf den Märtyrertod, ihre Enkelin und rechtmäßige Thronerbin Cirilla, genannt Ciri, war verschollen und galt als Tod.

Doch der Hexer Geralt von Riva hat sie gefunden und bildet sie in der Schlossruine von Kaer Morhen zu einer Kriegerin aus. Schnell wird klar, das Ciri magische Fähigkeiten zu besitzen scheint. Geralt erbittet die Hilfe der Zauberinnen Tris Merigold und Yennefer, die Ciri in der Magie ausbilden sollen.
Als sich Gerüchte verbreiten, dass Ciri noch lebt, holt die Vergangenheit das junge Mädchen ein: sowohl die Herrscher der vier Königreiche als auch der Herrscher von Nilfgaard macht Jagd auf Ciri, um sie zur Heirat zu zwingen und somit den Thronanspruch auf das von den Nilfgaardern besetzte Cintra zu sichern…


Stil und Sprache
Das Buch beginnt mitten in den Kämpfen um Cintra, die Beschreibungen sind hektisch, dramatisch, aber auch verwirrend. So werden fast nur die Gefühle und Wahrnehmungen von Ciri im Präsens geschildert. Der Leser fühlt sich ins kalte Wasser geworfen, durch diesen Einstieg kommen aber sofort Spannung und Dramatik auf, die der Autor geschickt zu halten versteht. Trotzdem braucht es eine Weile, bis man sich orientiert hat und in die Geschichte hereinkommt.

Sapkowskis Schreibstil ist durch alte Sprachgestaltung und alten Satzbau, aber auch alte Personennamen geprägt, die eine intensive Atmosphäre schaffen und die mittelalterliche Welt glaubhaft machen, in der diese Geschichte spielt. Auch in seiner Welt gibt es Gnome, Elfen, Zwerge, Zauberer, Druiden und Dryaden, jedoch stechen die von ihm beschriebenen Völker angenehm erfrischend heraus. So drücken sich die Zwerge ziemlich vulgär aus, den Elfen fehlt die aus anderen Fantasywerken so typische und klischeehafte Anmut. Sie haben sich in der Vergangenheit regelmäßig mit den Menschen gepaart, so dass es in den vier Königreichen auch Halb- und Viertelelfen gibt. Überraschend ist beispielsweise der kurze Auftritt einer Halbelfe als Dirne. Sapkowski hat die „ältere Sprache“ als Sprache der Macht und zur Beherrschung der Magie geschaffen.

Insgesamt ist der Schreibstil des Autors – insbesondere in den Reihen der Fantasywelten – überdurchschnittlich anspruchsvoll. Eher unbekannte Fremdworte wie „moussierend“ sind nicht selten, bei den Beschreibungen der Abfolge von Kampftechniken greift er intensiv auf Fachbegriffe zurück, die nicht zwangsläufig jedem Leser bekannt sein dürften. So ist der Leser zur Konzentration gezwungen, dieser Roman eignet sich weniger zum abendlichen Abschalten. Dies gilt auch für die Kapitel, die mit bis zu 60 Seiten sehr lang gehalten sind und das Lesetempo bremsen können. Zwar sind diese wiederum in Abschnitte unterteilt und enden zum Teil mit Cliffhangern, jedoch ist es kaum möglich, mal eben schnell noch ein weiteres Kapitel zu lesen. Jedes neue Kapitel beginnt Sapkowski mit einem Textauszug oder einem Zitat, auch hier greift er sehr stark auf einen alten Schreibstil zurück. Diese Auszüge beziehen sich mehr oder weniger auf die Inhalte der folgenden Kapitel.

Auffallend ist, dass teilweise ganze Kapitelbestandteile in Form reiner Dialoge geschrieben wurden. Nur durch die Kommentare und Aussagen der beteiligten Figuren erfährt der Leser, was gerade vor sich geht. Einerseits ist dieses Stilmerkmal erfrischen anders, andererseits fordert es ebenfalls Konzentration – es ist sonst nicht immer einfach, über 15-20 Seiten den Dialogen zu folgen.

Neben der anspruchsvollen Sprachgestaltung beherrscht es der Autor jedoch auch, geschickt und teils unterschwellig Humor in die Texte einzubinden, die den Leser grinsen lassen. So ist zum Beispiel der Dialog herrlich, als Ciri das erste mal geschminkt wird oder das erste mal mit Yennefer über „Erwachsenenthemen“ spricht.

Sehr gut ausgearbeitet sind Sapkowskis Darstellungen der politischen Hintergründe. So hat Nilfgaard seine Taktik geändert: Kann es die freien Lande nicht mit Kriegsgewalt erobern, zettelt es durch Propaganda einen Bürgerkrieg an, in dem die Scio’tael (Elfen, Halblinge & Zwerge) für die Freiheit des Landes und damit gegen Menschen kämpfen. Junge und fruchtbare Elfen und Zwerge werden in diesen Freiheitskämpfen abgeschlachtet, so dass diese Völker immer stärker schwinden, während sich die Menschen stark vermehren.
Spannend ist es auch, die Konferenz der Herrscher über die freien Völker zu verfolgen, sie bei ihren Überlegungen zu Kriegsplänen zu begleiten, aber auch das Zustandekommen einer Intrige gegen Ciri zu beobachten.


Figuren
Auch hier dauert es ein wenig, bis sich der Leser mit den Haupt- und Nebenfiguren des Romans zurechtgefunden hat. Nach und nach geht Sapkowski jedoch immer stärker auf die einzelnen Figuren ein, gibt ihnen Hintergründe und Motive, Hoffnungen und Ängste, so dass sie zunehmend dreidimensionaler und glaubhafter werden.

Einer der Protagonisten ist Geralt von Riva, ein Hexer. Er ist ein unerschütterlicher und äußerst fähiger Krieger, der sich jedoch nicht auf dem Schlachtfeld beweist, sondern seinen Dienst Bauern und Landleuten anbietet und sie als Söldner von Ungeheuern und Monstern befreit. Er wirkt oft kalt und distanziert, gibt seine Gefühle nur selten preis, beschützt aber seine Schutzbefohlenen mit seinem Leben.

Die andere Protagonistin ist Ciri, ein junges Mädchen, das eine schlimme Vergangenheit und somit auch die Tatsache, dass sie eine Prinzessin ist, verdrängt hat. Sie ist eine eifrige Schülerin und nimmt enorme Strapazen in der Ausbildung zur Hexerin und Zauberin auf sich. Ihrem Stolz und ihrer Anmut gegenüber steht jedoch ihr junges Alter und damit teils trotziges, teils unreifes Denken. So verhält sie sich zum Beispiel beim Thema Sexualität sowohl neugierig, als auch scheu.

Als sehr unangenehm tritt der Nilfgaarder Agent Rience auf, der Spaß am Foltern hat und für seine Ziele und die seines Herrn über Leichen geht. Er ist durch und durch böse und gerissen, aber auch loyal, hasst jedoch Zauberinnen. Dies geht auf einen ehemaligen Kampf mit Yennefer zurück, die ihm einen Teil seines Gesichtes verbrannt hat.


Aufmachung des Buches
Die Aufmachung des Buches hat mich im Buchladen sofort angesprochen. Das Cover wird von einem schwarzen und mit feinen Mustern verzierten Kriegerhelm eines Nilfgaarder Ritters bestimmt, der vor einem rotmarmorierten Hintergrund abgebildet ist. Sowohl die Konturen des Helmes, als auch die Schriftzüge sind nach außen gestanzt, die Schrift zudem noch hochglänzend dargestellt. Auf den Innenklappen finden sich eine ausführlichere Zusammenfassung des Buches und Informationen zum Autor. Insgesamt wirkt die Gestaltung sehr hochwertig.

Vermisst habe ich jedoch eine Landkarte, denn bei den vielen Ortsnamen im Laufe der Geschichte hätte diese dem Leser enorm geholfen, die Orientierung zu behalten.

Der Clou ist die wunderschöne Geschenkbox, in der das Buch verkauft wird. Auf der Frontseite der Box findet sich noch einmal der Kriegerhelm, auf der Rückseite ein schöner Tribal-Rahmen, in dem sich neben einem Zitat von Geralt, dem Hexer, auch eines des Time Magazine befindet. Sowohl der Rahmen als auch der Helm sind hier hochglänzend dargestellt. Als kleine Dreingabe gibt es noch zwei Postkarten, eine mit dem bekannten Symbol des Helmes, eine mit dem Symbol der Hexer.

Der Preis von 24,90 Euro ist für ein Taschenbuch recht hoch, eine Überlegung des Verlages hätte hier sein können, das Buch zusätzlich zu einem handelsüblichen Taschenbuchpreis ohne Geschenkbox anzubieten.


Fazit
Der erste Band der Hexer-Saga ist ein hochwertiges, aber auch sehr anspruchsvolles Fantasywerk. Nachdem sich der Leser einmal zurecht gefunden hat, wird er von der spannenden Geschichte mitgerissen – hierfür sollte er jedoch ausgeruht und konzentriert sein, um den Ereignissen folgen zu können. Dann jedoch ist Lesespaß garantiert. Dieser Roman empfiehlt sich allen Fans von High-Fantasy und anspruchsvoller Literatur.


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

„Das Erbe der Elfen“ ist einerseits der dritte Roman über den Hexer Geralt von Riva (Geralt-Saga), stellt aber andererseits den Auftakt einer Pentalogie zur Hexer-Geralt-Saga dar.

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo