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Liebster Lieutnant,

wollen Sie wissen, wie ich es getan habe? Ich habe so lebendige Erinnerungen daran, wie ich vor ihrem Haus stand und den Dunst aus der Küche roch. Als sie die Tür öffnete, lächelte sie. Das Letzte, was sie hörte, abgesehen von ihrem Wimmern, war das Klicken meiner Kamera und das leise Knacken ihres Genicks, als würde ein Wunschknochen entzweibrechen.

 

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Originaltitel: The Stranger You Seek
Autor: Amanda Kyle Williams
Übersetzer: Andree Heese
Verlag: Wunderlich
Erschienen: 09/2011
ISBN: 978-3-8052-5006-1
Seitenzahl: 432 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Rückentext des Buches gibt den Beginn eines Briefes wieder, den ein offenbar durchgedrehter Killer an seine Verfolger schreibt. Nach Veröffentlichung in der Zeitung wird er schnell als „Wunschknochen-Mörder“ bezeichnet. Lieutnant Rauser soll ihn erwischen und dazu wendet er sich an seine Freundin Keye Street, früher als forensische Gutachterin beim FBI tätig, jetzt als trockene Alkoholikerin mit Kautionsdelikten und der Zustellung von Haftbefehlen beschäftigt. Gemeinsam versuchen die beiden herauszufinden, wie der Mörder seine Opfer aussucht und wie sie ihn aufhalten können. Aber der Täter ist ihnen immer einen Schritt voraus und treibt sein Spiel mit ihnen. Bis er sich zu langweilen beginnt und gegen Keye selbst vorgeht …

Die Idee eines Serienkillers, der scheinbar wahllos Menschen grausam quält und umbringt, ist nun wirklich nicht mehr neu, allerdings hat Amanda Kyle Williams eine interessante Personenkonstellation dazu genutzt, diese Idee spannend, originell und immer wieder überraschend umzusetzen.


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog, der den Täter beschreibt, wie er auf das Haus seines nächsten Opfers zugeht, beginnt die eigentliche Geschichte aus der Ich-Perspektive von Keye Street zunächst mit einer kurzen Vorstellung. Keye spricht dabei den Leser fast direkt an und erzeugt so von Anfang an eine große Nähe. Man weiß direkt eine Menge über die Protagonistin und hat das Gefühl, sie wirklich zu kennen. Auch ohne Wechsel der Handlungsstränge gelingt es der Autorin durchgängig, Spannung und Tempo aufzubauen und zu halten. Zwar kommt auch der Täter zu Wort, jedoch nur in wenigen Abschnitten, in denen Passagen aus seinem Internet-Blog zitiert werden.

Keye selbst erzählt ihre Geschichte in allen Facetten und mit sehr direkten Worten, dabei kommt auch das „Drumherum“ ihres Lebens zu seinem Recht und geht nicht, wie in Thrillern dieser Art oft üblich, einfach unter. In einem sehr eindringlichen Stil, der immer wieder mit einem Hauch von Selbstironie ausgestattet ist, steuert die Autorin uns durch eine rasante Jagd nach dem Killer, liefert ein überraschendes, vielleicht einen Tick zu weit hergeholtes Ende - was will man mehr?


Figuren
Wie schon erwähnt, ist Keye Street die Ich-Erzählerin dieses Thrillers und damit die Hauptfigur. Ihre Gefühle, Vermutungen und Gedanken stehen im Mittelpunkt und machen sie zu einem sehr interessanten Menschen. Obwohl ich alkoholkranke Ermittler in Krimis und Thrillern mittlerweile nur noch langweilig finde, war mir Keye trotzdem irgendwie sympathisch, vielleicht weil sie kein Geheimnis aus ihrer Sucht macht. Sie hat immer noch Sehnsucht nach einem Drink, überwindet den Drang danach aber jedes Mal wieder zugunsten ihrer Arbeit und ihrer Leistungsfähigkeit. Trotzdem ist sie aber kein Übermensch, sondern weiß um ihre Schwächen und Macken.

Ihr Partner Aaron Rauser ist ihr bester Freund und gleichzeitig eine Gefahr, denn er holt sie zurück zum Morddezernat, zu grausamen Tatorten, und damit dahin, wo ihre Sucht ihren Ursprung hat. Keye steht ihm etwas zwiespältig gegenüber und merkt erst relativ spät, wie viel er ihr bedeutet. Über ihn wüsste man gern etwas mehr, aber da man ihn auch nur durch Keyes Augen sieht, ist das nur bedingt möglich. Aber womöglich entwickelt er sich im Laufe der geplanten Serie ja noch ...

Auch die weiteren Nebenfiguren der Geschichte sind sorgfältig ausgearbeitet und bekommen beim Lesen ein Gesicht, etwas, das man in Thrillern nicht unbedingt erwartet. Da wären zum Beispiel Neil, der Keye in ihrer Detektei hilft und der typische Computer-Freak ist, oder Charlie, der geistig eingeschränkte Fahrradkurier aus der Nachbarschaft. So verleiht Amanda Kyle Williams ihrem ersten Roman das gewisse Etwas und damit einen Wiedererkennungswert.


Aufmachung des Buches
Das gebundene und mit einem Lesebändchen versehene Buch ist gleichzeitig sehr schlicht und doch auffällig gestaltet: Auf hellgrauem Hintergrund ist der Titel in sehr großen roten Lettern gedruckt, quer durch das „U“ zieht sich eine Art Verwerfung, die optisch und haptisch wie ein Messerschnitt wirkt, wirklich täuschend echt und sehr ansprechend! Innen gibt es einen Prolog, 40 Kapitel und einen Epilog, der einige Monate nach dem Ende der aktuellen Handlung spielt.


Fazit
Eine spannende, sehr intensiv geschriebene Geschichte, die von überraschenden Wendungen und den lebendig gezeichneten Figuren lebt. Für alle Thriller-Freunde, die etwas Blut aushalten können, aber auch Wert auf ein gepflegtes „Drumherum“ legen.


4 Sterne


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