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Tief unter der dunklen Masse des Bergs Sturmspitze öffneten sich plötzlich die Augen von Utuk'ku. Regungslos ruhte sie in der Onyxkrypta, die ihr Bett war, und starrte in die vollkommene Schwärze hinauf.

Das Epos um den Streit der Erben von König Johan, eine dunkle Prophezeiung und das Schicksal des tapferen Küchenjungen Simon geht seinem Höhepunkt entgegen! Wie die alte Weissagung verrät, wird erst Friede in Ost Ard einkehren, wenn alle drei Schwerter "Leid", "Minneyard" und "Dorn" wieder vereinigt sind.

 

Die_Nornenkoenigin 

Originaltitel: To Green Angel Tower Part 1; Memory, Sorrow, and Thorn #3
Autor: Tad Williams
Übersetzer: Verena C. Harksen; neu durchgesehen von Andy Hahnemann
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: Mai 2011 (2. Auflage)
ISBN: 978-3-608-93868-5
Seitenzahl: 860 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die Handlung dieses Buches ist sehr umfangreich und erstreckt sich über zahlreiche Erzählstränge, die sich mal miteinander verbinden, dann wieder trennen. So passiert zur gleichen Zeit an zahlreichen Orten eine Menge, das für den Fortgang der Handlung wichtig ist.
Prinz Josua hat sich mit seinen Gefährten auf dem Abschiedsstein, dem Sesuad'ra, eingerichtet und baut sich dort mit den immer mehr werdenden Untertanen eine neue Heimat auf. Währenddessen befindet sich Prinzessin Miriamel gemeinsam mit dem undurchsichtigen Mönch Cadrach auf dem Schiff von Graf Aspitis Preves, der ihr nicht nur die Ehre geraubt hat, sondern sie nun auch zur Hochzeit zwingen will. In Kwanitupul treffen zu dieser Zeit der Marschmann Tiamak und Herzog Isgrimnur aufeinander, zudem scheint der alte, verschrobene Mann, der sich in der Herberge "Pelippas Schüssel" aufhält, der einst berühmte Ritter Camaris zu sein - kann sich jedoch an diese Zeit nicht mehr erinnern. Zeitgleich schmiedet der grausame Pryrates weiterhin seine finsteren Pläne, während Hochkönig Elias gänzlich von ihm abhängig ist und sich seinem Einfluss nicht mehr entziehen kann.

Wie all dies zusammen hängt, wie die einzelnen Figuren ihr Schicksal meistern und worauf die Handlung unermüdlich zustrebt, das erzählt Tad Williams in "Die Nornenkönigin".


Stil und Sprache
Bevor es mit dem fantastischen Abenteuer weiter geht, folgt eine Zusammenfassung der Ereignisse der vorangegangenen beiden Bände - gerade bei einem dermaßen umfangreichen Fantasy-Werk eine enorme Erleichterung, um in die Geschichte wieder hinein zu finden. Die Geschichte selbst ist in zwei Teile gegliedert, die wiederum mit mal mehr, mal weniger langen Kapiteln aufwarten. Innerhalb der einzelnen Kapitel kommen verschiedene Figuren an verschiedenen Schauplätzen zu Wort, aus deren Sicht das Geschehen in der dritten Person wiedergegeben wird. Meist scheint dabei ein personaler Erzähler am Werk zu sein, doch selten erhebt sich dieser über die eingeschränkte Sichtweise der Figur, die gerade im Mittelpunkt steht, hinaus und berichtet etwas, dass diese selbst nicht wissen kann, wie zum Beispiel auf Seite 497: "Er [Simon] wusste es nicht, aber sein Gesicht unter dem Helm war tränennass." Die Stimme des Erzählers passt sich dabei der jeweiligen Figur an, ist gefärbt von deren Charakter und Emotionen, von deren Feinfühligkeit und Grausamkeit. Und genau das macht diese Geschichte so authentisch und lebendig.

Tad Williams greift - passend zu der tiefgründigen Geschichte - auf einen anspruchsvollen Schreibstil zurück, verzaubert mit einer detaillierten, bildreichen Sprache und lässt so eine ganze Welt aus den Buchstaben erstehen, sodass es bisweilen schwer fällt, diese als reine Fiktion abzutun, so real wirken Schauplätze und Figuren. Aber genau dies fordert vom Leser immer wieder Geduld, denn über weite Strecken ist diese Geschichte eher ruhig und braucht Zeit, sich zu entwickeln.
Doch so ruhig der Grundton des Buches erscheinen mag, so sehr brodelt es unter der Oberfläche, und wenn diese angestaute Spannung hervorbricht, lässt sie den Leser nicht mehr los, wähnt er sich doch beispielsweise mitten im Kampfgetümmel am Abschiedsstein, mitten in der Hölle aus Angst, Blut, Schreien und Tod. Der Autor spricht stets alle Sinne an; so spürt man die Kälte des unnatürlichen Winters, riecht den fauligen Aasgeruch im Nest der Ghants, hört deren unheilvolles Klicken ... Man darf sich also auf ein spannendes Finale dieses Epos' freuen, das mit dem vierten Band "Der Engelsturm" seinen Abschluss findet.


Figuren
In diesem umfangreichen Fantasy-Werk trifft der Leser auf eine Vielzahl von Figuren - und dabei gleicht keine der anderen. Durch ihre Eigenheiten, Macken und Vorzüge grenzen sie sich stets von den anderen Figuren ab und erscheinen als eigenständige Individuen, sodass zu keiner Zeit Verwechslungsgefahr besteht. Sollte es aufgrund der Vielzahl an Namen jedoch einmal zu Schwierigkeiten kommen, hilft der Anhang am Ende des Buches weiter, in dem die Personen mit einer kurzen Beschreibung aufgeführt sind. Auf alle Figuren einzugehen würde eindeutig den Rahmen dieser Rezension sprengen, sodass ich mich auf einige wenige beschränke. So viel sei jedoch gesagt: Jede einzelne handelt ihrem Charakter entsprechend, nicht wenige wachsen über sich hinaus und alle sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet. Tad Williams zeigt dem Leser nachvollziehbar und lebhaft, wie die Umstände die Figuren verändern.

Im Mittelpunkt steht eindeutig Simon, ein junger, stolzer Draufgänger und - trotz all der Abenteuer und Gefahren - nach wie vor ein liebenswertes Mondkalb. Im Verlauf der Handlung reift er immer mehr zum Mann heran, verliert dabei aber seine jugendliche Leichtigkeit nicht, was gerade in so düsteren Zeiten viel wert ist. Er ist ein kluger Kopf und so erwarten nicht nur seine Gefährten Großes von ihm.
Dabei zur Seite stehen ihm vor allem Binabik und Qantaqa. Diese bestechen wieder einmal mit ihrer sympathischen Einmaligkeit - man kann gar nicht anders, als den Troll und seine Wölfin ins Herz zu schließen. Aber auch Prinz Josua lernt man immer mehr schätzen. Er muss in sehr harten Zeiten ein guter Herrscher sein und verängstigte Menschen führen, ohne selbst zu wissen, wohin. Dabei geht er jedoch nicht kalt und berechnend vor, sondern zeigt Gefühle - auch seinen Untertanen gegenüber.

Wenn auch nicht der Hauptantagonist sonderlich in Erscheinung tritt, so doch zumindest sein Handlanger Pryrates, ein unausstehlicher, grausamer Mensch, der schnell die Antipathie des Lesers auf sich zieht. Cadrach sagt auf Seite 323 sehr treffend über diese Figur: "Sein Kopf ist verfault wie ein morscher Apfel, und wer weiß, was für wunderliche Gedanken einem solchen Hirn entspringen?"


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch kommt mit einem hochglänzend bedruckten Schutzumschlag und einem Lesebändchen daher - eine Aufmachung, die diesem Epos würdig ist. Das Cover zeigt kunstvoll, was den Leser und die Figuren in diesem Band erwartet: Krieg und damit einhergehend der Tod.
Die Vorsatzpapiere wurden sinnvoll genutzt, indem eine Karte von Osten Ard sowie eine vergrößerte Darstellung des Hochhorsts abgedruckt wurden. Der umfangreiche Anhang enthält Informationen zu den Personen, Orten, Geschöpfen sowie weitere nützliche Details.

Schade ist, dass sich trotz bzw. vielmehr wegen der Überarbeitung der Übersetzung Tipp- und Satzbaufehler in das Buch geschlichen haben, die sich - auch wenn man die ursprüngliche Fassung nicht kennt, nicht immer überlesen lassen. So heißt es beispielsweise auf Seite 638: "Der Lippen des Mönchs wurden schmal." Hier zeigt sich eindeutig, dass die Überarbeitung des Buches nicht unbedingt zu dessen Vorteil gereicht, denn in der ursprünglichen Ausgabe lautet der Satz: "Der Mund des Mönchs wurde hart." (Seite 648).


Fazit
"Die Nornenkönigin" ist eine gelungene Fortsetzung dieses Fantasy-Epos' aus der Feder Tad Williams. Zwar sollte man ein wenig Geduld mitbringen und ein Freund von detaillierten Beschreibungen und sich einer langsam, dafür aber konsequent und authentisch entwickelnden Handlung sein, dann jedoch hält man einen wahren Schatz in Händen.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Der Drachenbeinthron
Band 2: Der Abschiedsstein

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