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Ein Hund ist schuld, dass Lila Ziegler auf der Straße landet: Ein Obdachloser, der „Fliege“ genannt wird, verschwindet aus Molles Kneipe und lässt sein Tier zurück. Der dicke Wirt bitte Privatdetektiv Ben Danner und Lila, den rechtmäßigen Hundebesitzer zu suchen, um den kleinen Kläffer wieder loszuwerden. Ein Freundschaftsdienst, der sich nebenbei erledigen lässt, so glauben alle drei.

Doch dann muss Danner Prügel einstecken und Lila macht sich mit den Gesetzen der Straße vertraut. Sie mischt sich unter die obdachlosen Kids – und das mitten im Winter. Was als eiskalter Job beginnt, wird bald tödlicher Ernst …

 

fliege_machen 

Autor: Lucie Flebbe
Verlag: grafit
Erschienen: 03/2011
ISBN: 978-3894253813 
Seitenzahl: 250 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Lila Ziegler hat sich nach ihrem letzten Fall wieder mit Ben Danner versöhnt. Gemeinsam arbeiten sie an einem Fall im Kindergarten, sie als Praktikantin, er als Hausmeister. Ganz nebenbei machen sie sich auf die Suche nach dem Obdachlosen „Fliege“, um ihm seinen Hund zurückzugeben. Das erweist sich jedoch als schwieriger als gedacht, denn „Fliege“ ist wie vom Erdboden verschluckt. Lila muss sich also unter die Straßenkinder mischen, um weiter zu ermitteln. Dabei stößt sie auf allerlei merkwürdige Gestalten, Teilzeit-Obdachlose und zwielichtige Sozialarbeiter, muss nicht nur sich selbst retten und entdeckt schließlich auch „Flieges“ Geheimnis …

Lucie Flebbes Krimis um Lila Ziegler haben ihren ganz eigenen Charme, Lila und Ben sind schon ein ziemlich besonderes Ermittlerduo. Auch hier tauchen die beiden wieder in ein unbekanntes Milieu ein, die Welt der Obdachlosen ist uns zwar allen bekannt, aber trotzdem den meisten gänzlich unvertraut. So ergeben sich oftmals etwas aberwitzige oder auch leicht skurrile, aber nie realitätsferne Szenen, die diese Regionalkrimi-Serie aus der Masse herausheben.


Stil und Sprache
„Vor mir stand ein Schlumpf. Ein kleiner, stinkender Schlumpf, der zu allem Überfluss hicksende Heulgeräusche von sich gab wie ein defekter Feuermelder.“ Mit diesen Sätzen beginnt der Krimi und man merkt direkt auf der ersten Seite, dass hier nichts ist wie gewohnt. Lila erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive und zwar genau so, wie es ihr in den Sinn kommt. Da fallen schon mal Kraftausdrücke und auch Lilas Gedanken sind nicht immer ganz stubenrein. Mit ihrer direkten Ehrlichkeit passt sie ganz hervorragend nach Bochum, auch wenn sie nicht von hier stammt. Und Bochum wiederum ist der perfekte Handlungsort für die Geschichte, die Lucie Flebbe hier stattfinden lässt. Penibel hat sie Orte und Atmosphäre recherchiert, so dass der ortskundige Leser stets genau weiß, wo Lila gerade herumstöbert. Ganz nebenbei ist die Geschichte auch noch abwechslungsreich und spannend gemacht, Lila muss einiges erdulden, bevor sie auf die richtige Spur gelangt und den Fall lösen kann. Nur gegen Ende geht mir alles ein bisschen zu schnell, aber das lässt sich angesichts des sonst durchweg positiven Eindrucks durchaus verschmerzen.

Besonders gut gefällt mir, dass Lucie Flebbe der Versuchung widerstanden hat, den Ruhrgebietsdialekt zu sehr zu übertreiben. Denn tatsächlich spricht lange nicht jeder im Ruhrgebiet so, wie Adolf Tegtmeier alias Jürgen von Manger es vor langer Zeit im TV dargestellt hat. Die Jugendsprache der obdachlosen Kids klingt jedoch sehr authentisch und beweist wiederum das große Einfühlungsvermögen der Autorin in ihr Szenario.


Figuren
Lucie Flebbe hat mit Lila Ziegler eine ziemlich ungewöhnliche Hauptfigur ersonnen, gerade mal 20 ist sie und streng genommen von zu Hause ausgerissen. In Bochum ist sie hängengeblieben, als sie Ben Danner traf; beide leben im Moment zur Untermiete bei Molle, dem Kneipenwirt, der sie auch gelegentlich beköstigt. Lila zeichnet sich durch eine jugendliche Radikalität aus, rasiert sich mal eben eine Punkfrisur, um als Obdachlose durchzugehen oder schläft bei Minusgraden auf einer stillgelegten Baustelle, um ihre Rolle durchzuziehen und das Vertrauen von „Dicke“ und „Engel“ zu gewinnen.
Diese beiden sind ebenfalls höchst unterschiedliche Mädchen und haben ihre ganz eigenen Gründe, warum sie sich für ein Leben auf der Straße entschieden haben. Geheimnisse sind an der Tagesordnung und besonders „Engel“ spielt eine wichtigere Rolle, als es zunächst den Anschein hat. Hier und auch bei den übrigen Figuren zeigt sich Lucie Flebbes großes Talent, mit wenigen Worten echte Typen zu charakterisieren, die in keine Schablone passen und doch authentisch wirken. Nur Ben Danner bleibt immer noch etwas undurchsichtig, seine Gedanken und Gefühle behält er für sich und hat dadurch etwas Unberechenbares, nicht nur für Lila. Insgesamt ist die Figurenzeichnung eine der großen Stärken dieses Romans und macht ihn zu etwas Besonderem.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch hat das gleiche Design wie alle Bücher des Verlags: graphitgrau mit einem Titelbild nur im oberen Drittel. Wie schon auf den beiden ersten Bänden ist auch hier die junge Frau mit der Mütze zu sehen, dieses Mal liegt auf der schneebedeckten Mauer vor ihr eine rote Rose. Bis auf die winterliche Stimmung gibt es keine Verbindung zum Buchinhalt, dennoch ist die Gesamtaufmachung ansprechend. Innen gibt es 52 kurze Kapitel, ansonsten aber keine Besonderheiten.


Fazit
Ein weiterer spannender Fall für Lila Ziegler, der trotz seiner manchmal flapsigen Erzählweise alles andere als oberflächlich ist, sondern vielmehr auch Verständnis weckt für den Randbereich unserer Gesellschaft. Dieser Krimi ist aber keineswegs nur für Bochumer unterhaltsam, auch alle anderen werden an Lilas unkonventionellen Ermittlungsmethoden ihre Freude haben.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Der 13. Brief
Band 2: Hämatom

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