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Die letzte Nacht der Katrina Marino.
Vor ihrer Haustür wird sie überfallen. Ihre Nachbarn schauen zu. Patrick, Diane, Thomas, Peter, Frank. Alle sehen, dass etwas Schreckliches passiert, doch niemand unternimmt etwas. Ihr Leben wird nie wieder dasselbe sein. Katrinas Leben ist für immer verloren.


Ein_Akt_der_Gewalt 

Originaltitel: Acts of violence
Autor: Ryan David Jahn
Übersetzer: Teja Schwaner
Verlag: Heyne Hardcore 
Erschienen: 28.02.2011
ISBN: 9783453266797
Seitenzahl: 269 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Katrina fährt um 4 Uhr früh von ihrer Arbeit in einer Bar nach Hause. Sie steigt aus ihrem Wagen und sieht nahe ihrer Apartmenttür einen grobschlächtigen Mann verdeckt unter einer Eiche stehen. Er kommt auf sie zu, ein rostiges Messer in der Hand. Und sie schafft es nicht bis zur Tür, kann ihm nicht entkommen, schreit um Hilfe, ein Mal, ein zweites Mal, dann trifft sie die Klinge des Messers. In den Wohnungen der Nachbarn brennt teilweise noch Licht, auch gehen nach Katrinas Schreien neue Lichter an. Sie kann die Gesichter an den Fenstern erkennen – doch Hilfe erhält sie nicht. Keiner ruft die Polizei, keiner kommt ihr zu Hilfe. Nach den ersten Stichen lässt der Täter von ihr ab, fährt mit dem Wagen davon. Sie versucht sich in die Wohnung zu schleppen, hat aber schon zu viel Blut verloren, kommt nur ganz langsam voran. Dann hört sie erneut ein Auto herankommen, hofft endlich auf Hilfe. Doch stattdessen kommt er zurück und vollendet sein Werk.


Stil und Sprache

Wie im Klappentext beschrieben, basiert Jahns Thriller auf einer wahren Geschichte, dem Mord an Kitty Genovese 1964 in New York, der sich fast identisch abgespielt hat. Das Nichtstun der Nachbarn ging als „Bystandereffekt“ in die Kriminalgeschichte ein. Der Autor beschreibt im Präsens aus der Sicht Katrinas, genannt Kat, ihre letzten Stunden, ihre Gefühle, ihre Gedanken, ihr vollkommenes Ausgeliefertsein, ihren Kampf und ihr Hoffen bis zum Ende. Aber er schildert auch die Lebensumstände der Nachbarn, die nichts tun, die in ihrem Leben so gefangen sind, dass sie sich nicht auch noch in diese Sache hineinziehen lassen wollen. Da ist der 19-jährige Patrick, der sich um seine schwerkranke Mutter kümmern muss, Frank und dessen Frau Erin, die nach ihrem langen Dienst als Krankenschwester übermüdet nach Hause fährt und befürchtet, ein Baby in einem Kinderwagen überfahren zu haben, Diane, die sich endgültig von ihrem Freund Larry trennt, der sie seit 6 Monaten betrügt, zwei Pärchen, die in dieser Nacht einen Partnertausch vollführen und mit den Folgen nicht klar kommen usw. Es sind Einzelschicksale, im Detail beschrieben, jedes für sich faszinierend und erschreckend zugleich.

Jahn beschreibt eine eher kalte, egoistische, gefühllose Welt, die so keiner braucht und will. Er benützt viele Stereotype, schockiert, rüttelt auf. "Ein Akt der Gewalt" ist kein Thriller im klassischen Sinne, vielmehr eine Situationsbeschreibung, ein Einblick in das Leben einiger weniger, deren Untätigkeit sie am Ende vor dem Schauplatz des Mordes vereinigt, sie beschämt beiseite blicken lässt, um dann wieder ihrer Wege zu gehen.


Figuren

Katrina Marino, 28 Jahre, genannt Kat, ist das Opfer. Ihr schrecklicher Überlebenskampf, ihr verzweifelter Ruf um Hilfe und ihre Erkenntnis, dass sie keine erhält, wird unglaublich schockierend vermittelt. Ihre Hilflosigkeit, die im Detail beschriebenen letzten Stunden und Minuten, ihr verzweifelter Versuch, an die Tür ihres Apartments zu kommen, bringen den Leser gefühlsmäßig in einen wahren Ausnahmezustand.

Die Nachbarn, ihre ganz eigene Situation in dieser Nacht, werden wie Blitzlichter immer wieder neu ins Geschehen gebracht. Ständig im Wechsel vermittelt der Autor ein sehr deutliches Bild von ihnen, wobei deren Lebensumstände doch recht extrem gewählt sind. Diese wenigen Stunden zwischen der ersten Attacke des Täters und dem Ende sind nicht nur für das Opfer schicksalhaft. Auch die Nachbarn, der Officer, die Krankenwagenfahrer, sie alle gehen aus dieser Situation verändert heraus.

Die Figuren sind überzeichnet, nicht realistisch, ihre Geschichten, jede für sich zu extrem, zu geballt, sehr stereotyp. Hier wird vom Autor kein Bereich ausgelassen: der Homosexuelle, der sich outet, der rassistische, korrupte Officer, der einem Schwarzen einen Einbruch unterjubeln will, ein als Kind sexuell Missbrauchter, der als Erwachsener auf seinen Widersacher stößt, eine Schwerkranke, die nicht mehr weiterleben möchte,  die betrogene Ehefrau. Aber damit gelingt es dem Autor, eine Welt zu zeichnen, deren Absurdität, Extremheit den Leser aufrüttelt. Es ist nicht das wahre Leben, so wie wir es kennen, auch nicht in den USA, aber in Ausschnitten, im Einzelfall wiederum nachvollziehbar.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch hat einen schwarzen Umschlag, der ein sehr passendes Motiv zeigt: ein Innenhof, von allen vier Seiten mit Häuserwänden umgeben, unzählige Fenster, dem Hof zugewandt, dieser völlig offen und doch im Schwarzen verborgen. Es gibt 50 Kapitel, die sehr knapp gehalten, jedes für sich einen kurzen Einblick in das Leben aller Beteiligten gibt.


Fazit

Es handelt sich nicht um einen Thriller im eigentlichen Sinne. Beschrieben wird eine Tat, die schrecklicher nicht sein kann und deren Umstände, die darin involvierten Personen, auch wenn sie genau dies nicht sein wollen und damit zu Mittätern werden. Ein Buch, das schockiert und nicht nur, weil es auf einer wahren Begebenheit beruht, aber auch mit einer klaren Botschaft, um deretwillen es sich lohnt, gelesen zu werden.


4 Sterne


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