Nachmittage mit Margueritte
Germain Chazes ist eine Seele von Mensch, nur leider nicht der Schlaueste. Als er im Park Margueritte kennenlernt, wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Denn die feinsinnige alte Dame beschließt, ihn für die Welt der Bücher zu gewinnen.
Originaltitel: La tête en friche |
Die Grundidee der Handlung
Germain Chazes ist Mitte 40 und lebt alleine in einem alten Wohnwagen. Jeden Tag geht er in den Park, wo er die Tauben zählt. Dort trifft er eines Tages auf die alte Dame Margueritte Escoffier und kommt mit ihr ins Gespräch. Von da an haben sie im Park ihre Verabredungen. Margueritte beginnt, ihm vorzulesen, was Germain eine vollkommen neue Welt eröffnet. Als ob jemand den Schlüssel zu seinem Inneren gefunden hat, blüht er auf und nimmt sein Leben auf umfassendere Weise wahr. Dabei verändern sich sein Verhalten und seine Sprache genauso wie die Beziehungen zu seinen Bekannten, Verwandten und Freunden. Bis eines Tages klar wird, dass Margueritte auf seine Hilfe angewiesen ist und er ihr endlich ein wenig von dem zurückgeben kann, was sie ihm geschenkt hat.
Stil und Sprache
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Germain erzählt. Dabei wechselt die Zeitform zwischen Präsens und Imperfekt. In der Vergangenheit berichtet Germain von seinen Erlebnissen und Erkenntnissen mit Margueritte, in der Gegenwart fügt er immer wieder hinzu, wie er das Vergangene beurteilt und wie er die Personen aus seiner heutigen Sicht beschreiben würde. Das bietet einen reizvollen Gegensatz, denn es wird klar, wie weit sich Germain entwickelt hat und wie groß sein Wortschatz geworden ist. Beispielsweise fügt er ab und zu in seinen Sätzen Worterklärungen bei: "[...] auf den ersten Blick war es eine Perspektive - siehe: Aussicht, Möglichkeit -, die mir nicht allzu nervtötend vorkam." (Seite 68).
Die Kapitel sind relativ kurz. Manchmal unterbricht Germain seine Erzählung von ihm und Margueritte, um ein Kapitel lang über seine Kindheit, seine bisherige Vorgehensweise oder die Hintergrundgeschichten seiner Freunde zu reden, bis er wieder den Faden aufnimmt. Da dies aber in Momenten erfolgt, die den Leser nicht wie ein Cliffhanger hängen lassen, bleibt der Tonfall stets ruhig und unaufgeregt.
Figuren
Germain wirkt auf den ersten Blick vielleicht grobschlächtig, aber von der ersten Zeile an faszinieren seine tiefgreifenden Gedanken. Diese kann er vielleicht nicht immer sofort in die richtigen Worte fassen, doch der Sinn ist klar. Seine Gefühle hält er eher unter Verschluss und hat keine tiefen Beziehungen, bis er Margueritte trifft.
Margueritte ist eine zerbrechliche alte Dame, die Germain von Beginn an ins Herz schließt. Ähnliche Denkweisen verbinden sie miteinander, auch wenn sie das Gleiche anders ausdrücken würden. Ihr Alter kommt eigentlich nie zum Tragen, bis zur Mitte des Buches, wo es plötzlich in den Vordergrund rückt. Davor ist Marguerittes Charakter einfach zu dominant, um sich von solchen Kleinigkeiten wie den fortgeschrittenen Jahren aufhalten zu lassen.
Die restlichen Figuren haben zwar mehr Statistenrolle, erhalten aber ebenfalls individuelle Züge. Germains Mutter, seine Trinkkumpane und Annette drücken sich unterschiedlich aus und verhalten sich ihm gegenüber sehr unterschiedlich. Vor allem die schwierige Beziehung zu seiner Mutter nimmt einen großen Teil von Germains Persönlichkeit in Anspruch.
Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuchs ist an den Film angepasst, der danach gedreht wurde. Die runde Form von Gérard Depardieu in seiner Latzhose und die kleine Figur von Gisèle Cadadesus in ihrem rosa Pullover sitzen auf einer Holzbank unter einem Baum, umgeben von Tauben. Zwar ist die Bank im Film aus Stein, aber die Holzbank sieht sehr heimelig aus. Der Titel des Buches wurde erhaben gedruckt. Auf der Rückseite wiederholt sich das Bild des Baumes, neben dem die Inhaltsangabe steht. Die Zeilen darüber "Nachmittage mit Margueritte" wurden ebenfalls erhaben gedruckt.
Fazit
Germains so ungewohnt poetische Ausdrucksweise macht das Lesen zu einem großen Vergnügen. Eine derart ungewohnte Liebesgeschichte mit sanften Tönen wurde noch nie erzählt. Leser, die das geschriebene Wort lieben, sollten hier auf jeden Fall zugreifen - und sich den Film zu Gemüte führen.
Hinweise
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