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Als der Highschool-Schüler Yuya den Angestellten Kiriya an einer Straßenecke vor dem Unfalltod rettet und erkennen muss, dass dieser am liebsten gestorben wäre, kann er kaum glauben, dass jemand so unglücklich sein kann. Doch auch Kirya merkt bald, welche Last auf Yuyas Schultern liegt. Aber geteiltes Leid ist halbes Leid, und so wird einer die Stütze des anderen ...

 

Just_around_the_corner 

Originaltitel: Ano Kado wo Magatta Tokoro
Autor: Toko Kawai
Übersetzer: Dorothea Überall
Illustration: Toko Kawai
Verlag:
Tokyopop
Erschienen: Juli 2011
ISBN: 978-3-8420-0180-0
Seitenzahl: 196 Seiten
Altersgruppe: ab 15-16 Jahren


Die Grundidee der Handlung
Kiriya (27) und Yuya (16) treffen eines Abends ganz zufällig aufeinander – beide zutiefst unglücklich. Die Tatsache, dass man sich bei einem Fremden leichter ausheulen kann, lässt sehr schnell eine tiefe Vertrautheit zwischen ihnen wachsen, und schon bald gehen Yuyas Gefühle während ihrer regelmäßigen Wochenend-Schäferstündchen in Kiriyas Apartment noch viel tiefer. Doch der Jüngere verschweigt sein wahres Alter, was ihm einige Zeit später, als sich Kiriya als sein neuer Vertretungslehrer in Mathe entpuppt, zum Verhängnis wird. Kiriya geht sofort auf Distanz …

Es gibt eine ganze Menge Mangas zum Thema Schüler-Lehrer-Liebe, doch dieser hier ist ein ganz bezaubernder, dessen spritzigem Charme man sich unmöglich entziehen kann. Von zuckersüß bis bittersüß, mit vielen Höhen und Tiefen, dabei immer glaubwürdig, entwickelt sich diese romantische und herzerwärmende Liebesgeschichte. Sehr gute Charakterisierungen bis in die Nebenrollen erweisen sich als weitere große Stärke des Manga. Obwohl nur ein Einzelband, bedarf es hier nicht mehr Seiten, um den Plot rund und stimmig rüberzubringen. Bravo, gäbe es im Boyslove Sektor doch nur mehr von der Sorte! Ganz besonders schön und auch ein bisschen wehmütig ist übrigens die Bedeutung des Titels, die sich erst am Schluss erschließt. Lasst Euch überraschen!


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Toko Kawais Zeichenstil hat auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches an sich, was ihn haushoch von der Konkurrenz abheben würde, doch er ist handwerklich solide, so dass die Handlung optisch ganz gut transportiert wird. Die Protagonisten zeichnen sich durch spitz zulaufende Kinnpartien, feines, weiches Haar, das in langen Strähnen bis über die Augen fällt, einen relativ breiten Mund mit dicken Lippen und wunderschöne, ausdrucksstarke Augen aus. Ja, ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, diese Augen üben eine magische Anziehungskraft aus, so dass der Leser ihnen vom ersten Augenblick an verfällt. Die körperliche Statur der Akteure ist überschlank und androgyn. All dies zusammen lässt die Figuren zerbrechlich und sensibel wirken, was wiederum hervorragend zu ihren aus der Vergangenheit verletzten Seelen passt. Obgleich durchaus typisch für das Genre, empfinde ich persönlich es als große Schwäche, wenn das Alter der Figuren optisch stark verjüngt wird, wie es hier bei Kiriya der Fall ist, der nicht älter aussieht als der 11 Jahre jüngere Yuya, auf der anderen Seite ihn aber müde Tricks wie Lesebrille und nie verglühende Zigaretten zwischen den Lippen älter erscheinen lassen sollen. Mit seinem blendenden Aussehen und dem liebenswerten Wesen erobert und bricht Kiriya jedenfalls die Herzen in der Schule gleich scharenweise, wobei Alter und Geschlecht keine Rolle spielen. Zitat: „Kiriya ist von einem Glanz umgeben wie ein Filmstar.“
Die Mangaka besitzt ein gutes Händchen, selbst den Nebendarstellern ein eigenes Profil einzuhauchen und sie im Äußeren sehr unterschiedlich wiederzugeben. Tragende Nebenrollen kommen Kiriyas langjährigem Freund Hayama und Yuyas Mitschüler Kaga zu. Der großgewachsene, dunkelhaarige und ebenfalls homosexuelle Hayama genießt das Privileg, als Einziger Kiriya beim Vornamen nennen zu dürfen und der kleine, naiv wirkende sommersprossige Kaga kommt Kiriya in den Mathe Nachhilfestunden näher als Yuya lieb ist, so dass er beide als seine Rivalen ansieht. Während einer von ihnen sich zum Schluss als loyaler Freund erweist, schmeißt sich der andere tatsächlich rücksichtslos an Kiriya ran …

Aktionen und Emotionen aller Protagonisten sind immer glaubwürdig und unmissverständlich gezeichnet. Hierbei bedient sich die Mangaka der ganzen Palette mangatypischer Ausdrucksformen, die die Branche hergibt, von Deformierungen und Verzerrungen (SDs) über Blümchen im Hintergrund bis zu Verniedlichungen (Chibi). Am schönsten kommen die Verniedlichungen bei Kiriyas und Yuyas liebevollen Kabbeleien zum Tragen, dann wirken die beiden wie Hund und Katz. Ähnlich verhält es sich bei gemeinsamen Szenen mit Kiriya & Kaga, wenn die zwei mit zugekniffenen Augen durch die Gegend grinsen, sind sie zum Anbeißen süß.

Intime Bettszenen mit Yuya und Kiriya nehmen einen verhältnismäßig großen Part in dem Band ein, was durchaus verständlich ist, denn in der Schule müssen sie zwangsläufig wie Fremde miteinander umgehen, da verbleibt Kiriyas Apartment das einzige Rückzugsgebiet, wo sie ihre Beziehung offen ausleben können. Ich nehme an, mit der Altersempfehlung ab 15 Jahren bezieht sich der Verlag hauptsächlich auf die Zeichnungen, die nicht explizit sind und das Wesentliche verbergen, ganz im Gegensatz zur direkten, offenen Sprache, welche nur wenig zurückhält. Ich muss zugeben, dieser Widerspruch wirkte auf mich beim Lesen etwas befremdlich.

Fast schon lieblos in der Ausgestaltung kommen die kargen, mit wenigen Strichen angedeuteten Innen- und Außenansichten von Gebäuden daher. Leider fehlt ihnen die Detailliertheit, wie man dies von anderen Mangas kennt. Einzig die stimmungsuntermalenden Motive wie der Himmel, das Meer oder romantische Blumenarrangements verfehlen nicht ihre großartige Wirkung.

Ein wenig störend fand ich auch die riesigen japanischen Soundwords, die nicht selten unübersetzt mitten in den Panels prangen. An anderen Stellen wiederum wurden sie gänzlich entfernt und mit unauffälligen deutschen Wörtern ersetzt. Wieso man in der Beziehung nicht einheitlich verfuhr, ist mir schleierhaft. Die Textblasen sind zwar nicht immer eindeutig zuordenbar, jedoch aufgrund unterschiedlicher Umrandungslinien (oval, gewellt, eckig etc.) konnte ich die Dialoge der verschiedenen Personen trotzdem leicht nachvollziehen. Im Zuschnitt variieren die Panels mit geraden und schiefen Umrandungslinien, auch mal ineinandergreifend, überlappend oder gänzlich ohne Umrandung sind sie anzutreffen – für versierte Mangaleser ist dies jedoch alles ganz typisch und nichts Neues.


Aufmachung des Manga
Hier handelt es sich um die übliche Aufmachung, wie man sie von Tokyopop gewohnt ist: die Buchdeckel glänzend und die farbige Inlay-Illustration auf mattem Papier. Ungewöhnlich sind die Kapitelunterteilungen, gibt es doch dafür weder eine Nummerierung noch eigens illustrierte Deckblätter. Auszumachen sind sie trotzdem am Schriftzug „Just around the Corner“. Im Anhang finden sich das Nachwort der Mangaka mit einem halbseitigen Comic-Strip sowie ein kurzes Extra-Kapitel.

Das Cover in zartem Pastell zeigt Yuya (rechts) und Kiriya (links) an jener bedeutungsvollen, mit Efeu umrankten Ecke, auch wenn die Szene einschließlich Hund in der abgebildeten Form keinen direkten Bezug zum Innenteil hat. Titel und Einfassung sind rosa gehalten, genau wie die Rückseite, was dem Manga einen romantisch-verträumten Touch verleiht und somit Inhalt und Genre (Boyslove) nicht treffender charakterisieren könnte.


Fazit
Alle Romantiker aufgepasst, dieser Boyslove Manga ist was für Euch! Mal zuckersüß und mal bittersüß verzaubert er vom ersten Moment an mit liebenswerten Figuren und einer stimmigen, nachvollziehbaren Handlung. Auch das Artwork von Toko Kawai ist sehr ansehnlich, wenngleich mit kleinen Schwächen nichts Außergewöhnliches, was aber nicht daran hindert, zusammen mit Yuya und Kiriya beim Lesen auf „Wolke Sieben“ zu schweben. Mein Wort drauf!

 
4 Sterne


Hinweise
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