Smaller Default Larger

Über Triest fegt die Bora nera, ein eiskalter Nordostwind, der die Stadt unter einer dicken Schneedecke begräbt. Das Wetter passt zur Gemütslage von Kommissario Laurenti, der gerade von seiner Frau verlassen worden ist – sie behauptet, einmal in Ruhe über sich selbst nachdenken zu wollen. Um sich abzulenken, stürzt Laurenti sich in die Arbeit. Ein Haus fliegt in die Luft, und ein grausamer Mord auf dem Karst wird gemeldet, der möglicherweise in Zusammenhang steht mit einer Schmugglerbande, die ihre Ware nachts auf dem Meer in Empfang nimmt. Werden hier alte Rechnungen aus der Nachkriegszeit blutig beglichen? Ein heikler Fall für Kommissar Laurenti, den Süditaliener, für den das explosive Gemisch aus Slowenen, Kroaten und Italienern, aus eifernden Nationalisten und alten Kommunisten schwer zu durchschauen ist …


Die_Toten_vom_Karst 

Autor: Veit Heinichen
Verlag: dtv
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-423-20620-4
Seitenzahl: 366 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Laurenti ist schlecht gelaunt, seine Frau Laura hat ihn kurz vor Weihnachten verlassen, sie braucht eine Auszeit. Zu allem Überfluss weht auch noch die Bora nera über Triest und sorgt für zusätzliche schlechte Laune. Als in einem Vorort von Triest ein Haus mitsamt der darin lebenden Familie in die Luft fliegt, trägt das nicht gerade dazu bei, seine Laune zu heben. Die Polizei tappt lange im Dunkeln, denn niemand kann sich vorstellen oder hat jemanden gesehen, der der Familie Gubian so etwas antun könnte. Erst als ein weiterer Toter, der am Eingang zu einer Foiba, einem Höhlenschlund im Karst quasi hingerichtet gefunden wird, zählt Laurenti Eins und Eins zusammen. Die beiden Morde müssen etwas miteinander zu tun haben. Und der Schlüssel zum Motiv ist in der schrecklichen Vergangenheit dieser Foiba, die im 2. Weltkrieg und danach, als Tito den Karst besetzte, als Massengräber für Hinrichtungen dienten, zu suchen. Laurentis Ungeduld und die Ungewissheit in Bezug auf seine Frau helfen ihm nicht gerade und sorgen auch bei seinen Mitarbeitern für schlechte Laune. Mit Hilfe von Ziva Ravno, einer Staatsanwältin aus Kroatien, nimmt das Team um Laurenti die Zusammenhänge zwischen dem Vater der getöteten Familie und der Witwe von Marasi, dem Toten an der Foiba, unter die Lupe und finden endlich den entscheidenden Hinweis.


Stil und Sprache
Jede Region hat ihre Schattenseiten in der Geschichte erlebt. Für Triest und die Karstregion entlang der Italienisch–kroatisch–slowenischen Grenze war dies die Zeit des 2. Weltkriegs und der Herrschaft Titos Jahre danach. Die Deutschen und später Partisanen, Faschisten wie Kommunisten, haben unter fadenscheinigen Vorwänden tausende Leute umgebracht, die dem Ideal – manchmal nur die Parteizugehörigkeit – nicht entsprachen. Die im Karst zahlreich vorhandenen Foiba, das sind mehrere hundert Meter tiefe Spalten im Gestein, dienten hier als Massengräber für die gedemütigten, gefolterten und vergewaltigten Menschen. Diesen geschichtlichen Hintergrund nimmt nun Veit Heinichen auf und lässt seinen Kommissar Laurenti in der Vergangenheit rühren. In der jeweiligen Region sind solche Themen immer sehr schwierig und so stößt auch Laurenti auf diverse Schwierigkeiten.

Gewürzt wird die hitzige Atmosphäre durch die kalte Jahreszeit und die alles beherrschende ‚Bora nera’, einen kalten Passatwind, der die Leute mürrisch und launisch macht. Der Autor erklärt dem Leser die geschichtlichen Hintergründe sehr genau, ohne dabei zu sachlich zu werden. Aber trotzdem genau genug, um die einzelnen Handlungsweisen verstehen zu können. Die Orte und Szenen sind liebevoll und detailreich beschrieben und passen sehr gut zur allgemein eher schlechten Stimmung innerhalb der Geschichte. Der Leser spürt förmlich das schlechte, wechselhafte Wetter, bekommt Gänsehaut, wenn die kalte Bora den Körper streift. Man schmeckt die salzige Meeresluft und riecht den Fischgeruch im Hafen von Triest. Der Text ist einfach zu lesen und die wenigen italienischen oder kroatischen Begriffe sind leicht verständlich und selbsterklärend.


Figuren
Commissario Proteo Laurenti ist die Hauptfigur in Veit Heinichens Krimi-Serie. Im mittleren Alter, mit, einen Moment, ich glaube es waren 4 Kinder, einer hübschen Frau einem Haus und einer gut verlaufenden Karriere. Doch diesmal bröckelt dieses Gebilde. Seine Frau setzt ihm Hörner auf, zumindest glaubt dies Proteo. Nach einem Sommer, in dem quasi jeder der beiden seinen eigenen Weg gegangen ist, nimmt sich Laura eine Auszeit und verlässt ihren Mann. Dieser denkt, dass sie ihn mit einem Versicherungsvertreter betrügt und ist typisch italienisch extrem aufgebracht. Dies schlägt sich natürlich auch auf sein Umfeld nieder und nicht selten ist er in Sachen Ermittlung einfach nicht konzentriert genug. Aber genau dies müsste er sein, denn der Fall verlangt seine größtmögliche Aufmerksamkeit.

Laurentis Gegenspieler sind vom Leben gezeichnete wortkarge, knorrige Fischer und zu allem Überfluss auch noch aus der Zeit der Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg belastet. Kommunisten, Faschisten, Partisanen, Deutsche alle haben aus dieser Zeit Dreck am Stecken und alle, die noch etwas wissen könnten, schweigen noch immer. Die Figuren sind perfekt auf die Geschichte abgestimmt und tragen nicht unerheblich zur authentischen Atmosphäre des Krimis bei.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch aus dem dtv-Verlag ist komplett in Schwarz gehalten. Das Cover wird von einem alten geschmiedeten Türbeschlag in Grau-Blau dominiert. Das Erscheinungsbild bleibt also dem Seriengedanken treu. Auf den letzten Seiten befindet sich die obligatorische Verlagswerbung.


Fazit
Ein Proteo Laurenti-Krimi mit viel Spannung und Gefühl. Für Krimifans und Italienliebhaber gleichermaßen ein Genuss.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist
Fall 1: Gib jedem seinen eigenen Tod

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo