Wenn dir das Liebste genommen wird – was würdest du tun?
Ein Vater, der große Schuld auf sich lädt.
Eine Mutter, die alles tun würde, um ihren Sohn zurückzubekommen.
Ein Junge, der tot in einer Berliner Wohnung liegt.
Eine Frau, deren Erinnerungen sie betrügen.
Kommissar Manthey sucht nach den Zusammenhängen. Er will ein Kind retten – um jeden Preis. Und stößt auf einen Abgrund aus Verzweiflung und Wahn.
Autor: Siegfried Langer |
Die Grundidee der Handlung
Jacqueline ist am Boden zerstört. Immer wieder sieht sie diese fremde Frau. Sie ist sich sicher, dass sie ihr ihre Familie wegnehmen will. Doch das möchte Jacqueline natürlich um jeden Preis verhindern, sie weiß nur noch nicht genau wie. Der schlimmste Albtraum scheint schließlich eingetreten zu sein, denn der kleine Lukas wurde entführt. Glücklicherweise gibt es einen Anhaltspunkt, dem die Polizei nachgehen kann. Kommissar Manthey setzt alle Hebel in Bewegung, um den Jungen zu finden und ihn zu seiner Mutter zurück zu bringen. Dabei muss selbst ein gestandener Mann lernen, dass es immer wieder Dinge gibt, die man sich nie hätte vorstellen können.
Der Autor wählt hier eines der Themen – Kindesentführung – das wirklich jeden Leser sofort emotional einbindet. Natürlich ist jede Art von Verbrechen schlimm, sobald jedoch Kinder involviert sind, scheint man noch angreifbarer, noch empfänglicher für die gesamte Situation zu sein. Die Idee wird auf eine sehr gute Weise umgesetzt, nämlich so, dass sie extrem authentisch wirkt und den Leser sofort in ihren Bann zieht. Man stellt sich gar nicht erst die Frage, ob es sich hier um eine erfundene Geschichte handelt, denn diese Option scheint es nicht zu geben. Jetzt geht es nur noch darum, den kleinen Lukas zu finden und zu hoffen, dass es ihm gut geht.
Stil und Sprache
Die Perspektiven wechseln immer wieder, so dass man sich oft während des Lesens noch über das vorherige Kapitel Gedanken macht und es versucht in den Kontext einzuordnen. Denn mal werden die handelnden Personen mit Namen benannt, mal aber auch nur mit „er“ und „sie“. Somit stellt sich natürlich immer als erstes die Frage, um wen es denn nun eigentlich geht. Es wäre aber zu einfach, dies gleich am Anfang zu erläutern, denn dann würde die Spannung sofort verpuffen. So aber hat man die ganze Zeit zum Grübeln, um das Puzzle selber zusammen zu setzen, welches weitaus größer ist, als man zunächst vermutet. Durch die wechselnden Sichtweisen erhält man natürlich auch einen Einblick in die Gesamtsituation, die in diesem Falle aber nicht eindeutiger wird, im Gegenteil. Man wird zunächst immer verwirrter und kann bald selber nicht mehr auseinander halten, was Realität und was Fiktion ist. Der Leser ist gefesselt im Geschehen und kann und will sich erst befreien, wenn er das Ende des Buches erreicht hat und die Handlung begriffen hat.
Gleich zu Anfang findet ein extremer Spannungsaufbau statt, denn schon im Prolog geht es richtig zur Sache, auch wenn man noch gar nicht weiß, wie man diese Situation später mit der Geschichte in Zusammenhang bringen soll. Auch im weiteren Verlauf steigt die Spannung stetig, so dass man relativ am Ende des Buches am Höhepunkt ankommt, an dem sich dann auch bald alles entlädt und den Blick auf das große Ganze frei gibt. Außerdem kommt es immer wieder zu Wendepunkten, die man nicht erwartet hätte. Denn die, die man evtl. erwarten würde, treten nicht ein. Der Autor schafft es also wunderbar, den Leser immer wieder zu überraschen.
Figuren
Hauptsächlich geht es in diesem Buch um eine Frau namens Jacqueline. Ihr Sohn ist ihr Ein und Alles und sie möchte nichts lieber, als ihn wieder in den Armen halten. Allerdings leidet sie seit geraumer Zeit unter Kopfschmerzen und hat in der ein oder anderen Situation einen Blackout, der ihr schon ganz schön zu denken gibt. Trotz allem versucht sie stark zu sein, damit alles gut ausgeht.
Als Leser weiß man nicht so genau, was man von dieser Frau halten soll. Im Grunde wirkt sie schon recht sympathisch, aber man macht sich natürlich Gedanken darüber, was mit ihr nicht stimmt. Ist es vielleicht nur der Stress, dem sie ausgesetzt ist oder ist sie ernsthaft krank? Ihre immer häufiger auftretenden Aussetzer geben dem Leser auf jeden Fall Anlass dazu, sich Sorgen zu machen. Es wird viel über ihr Leben erzählt, so dass man schon das Gefühl hat, sie recht nahe zu kennen, eine richtig tiefe Bindung erhält man jedoch nicht zu ihr, außer in einem Punkt: Wenn es um die Gefühle geht, dass sie ihr Kind unbedingt zurück haben will, so kann man sich sofort in sie hinein versetzen, egal ob man selber Kinder hat oder nicht.
Die weiteren Personen werden zum Großteil nur kurz beschrieben, dennoch reicht dieser Eindruck, um behaupten zu können, dass sie alle ihre Eigenschaften haben, die sie unverwechselbar machen. Keiner gleicht dem anderen und trotz wenig Beschreibung kommen markante Charaktereigenschaften sehr gut heraus. Der Leser hat zwar keinen Charakter, mit dem er sich identifizieren kann, doch man hat das Gefühl, das ist nicht notwendig. Eher wäre es hier wohl fehl am Platze, denn man fühlt sich trotzdem dem Geschehen zugehörig, aber eben als eigenständige Person.
Aufmachung des Buches
Es handelt sich bei dieser Ausgabe um ein Taschenbuch aus dem List-Verlag. Der Untergrund stellt bei näherer Betrachtung wohl einen Holztisch dar, auf dem ein zerbrochener Teller und ein Brotmesser, beide mit Blutspritzern versehen, zu finden sind. Sobald man den Prolog gelesen hat, kann man auch einen Bezug zu diesem Bild herstellen. Der Autorenname, sowie der Titel sind in gelb gehalten und befinden sich über bzw. unter dem dargestellten Szenario.
Fazit
Man kann sich sicher sein, sobald man dieses Buch zur Hand genommen hat, legt man es nicht mehr beiseite. Es ist wie eine Droge, die man sofort und im Gesamten zu sich nehmen muss. Man sollte sich also schon mal auf eine schlaflose Nacht gefasst machen, denn auch nach der Lektüre lässt einen das Geschehen nicht los und man denkt noch weiter darüber nach. Ein absolut genialer, sehr gelungener Thriller, etwas anderes kann man nicht sagen. Hoffentlich gibt es von Siegfried Langer bald noch mehr zu lesen!
Hinweise
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