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Kategorie: Schule und Lernen

Wer hat das Recht, Dir zu sagen, was "gut" und was "böse" ist?

Moralische Zwickmühlen gibt es täglich im Groß- und auch im Kleinformat: Soll man Tiere halten? Soll man gewissenhaft recyclen? Soll man Entwicklungshilfe leisten und was ist mit Hilfe zum Freitod?

Der Sachcomic "Ethik" folgt den Debatten der großen Moralphilosophen, beginnend mit Sokrates, Platon, Aristoteles über Hobbes und Kant bis hin zu neueren Denkern wie Nietzsche, Sartre und den Postmodernen. Exemplarisch geht es im Schlusskapitel um Streitfragen wie Sterbehilfe, Tierrechte und das Argument "Gut ist, was nützt".

Der Sachcomic "Ethik" wird nicht Ihre moralischen Probleme wegzaubern, aber er wird Ihnen ein besseres Handwerkszeug für eine gewissenhafte Lösung mitgeben.

 

Ethik_Sachcomic 

Originaltitel: Ethics. A Graphic Guide
Autor: Dave Robinson
Übersetzer: Theo Brodhag und Wilfried Stascheit
Illustrationen: Chris Garratt
Verlag: Tibiapress
Erschienen: Januar 2011
ISBN: 978-3-935254-24-3
Seitenzahl: 176 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Ohne dem Leser Zeit zum Luft holen zu lassen, beginnt das Buch sofort bei moralischen Fragen. Dabei geht es gleich in die Vollen. Begriffe wie "Kommunitaristen", "Individualisten", "Relativisten" und "Absolutisten" schwirren nach einer knappen Erklärung im Raum. Besitzt der Leser dafür kein gutes Gedächtnis oder bereits Vorkenntnisse im Bereich der Ethik, entwickeln sich die weiteren Seiten zu einer kleinen Tortur. Das Konzept der Ethik wird ausführlich dargestellt, nur ist es an sich bereits sehr theoretisch. Zwar bemüht sich das Buch, anwendbare Fragen beizusteuern, die die Theorie auf praktische Füße stellen soll, das gelingt aber nicht immer. Beispielsweise durch die Studie "Soll ein armer Mann Medikamente stehlen, die er für seine sterbende Frau braucht?" (Seite 137), auf die zwei verschiedene Antworten in der "Psychologie der Moralentwicklung" von Kohlberg formuliert werden.

Die Zeichnungen tragen zur Klärung ebenfalls wenig bei. Oft werden einzelne Bilder, die wie Grafiken von einer CD-Rom voller Cartoons aussehen, wiederholt und nur mit anderen Sprechblasen versehen. Bei den verschiedenen Moralisten und Philosophen hingegen wurden die Personen individuell gezeichnet. Die Striche sind dabei sehr dick und wirken ein wenig unförmig, was Comicleser abschrecken dürfte. Bei antiken Denkern wie Aristoteles greift Garratt auf Plastiken und Büsten zurück, die er als Grundlage für seine Darstellung der Figuren nimmt.

Zusammenfassend ist der Inhalt äußerst umfangreich und diffizil - wer seine Fremdwörter nicht beherrscht, dürfte entnervt aufgeben, wenn er auf Sätze wie diese stößt: "Auch der Präskriptivismus hat seltsame Folgen. Es erscheint beispielsweise bizarr, "Hitler war bösartig" zu sagen bedeute "Handle nicht wie Hitler" oder "Der Heilige Franziskus war ein guter Mann" bedeute "Gib all deinen Besitz und predige den Vögeln". Für die meisten Menschen sind solche Sätze deskriptiv, niemals präskriptiv. Hat man sich aber durch das Buch gearbeitet, besitzt man eine grundsolide Kenntnis der Fragen der Ethik, die tiefer reichen als die meisten Menschen jemals erfahren werden.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuchs zeigt ein weinendes Huhn in einem Einkaufskorb, was auf die Frage der Tierversuche und des Umgangs mit Tieren weiter hinten im Buch verweist (ab Seite 146). Auf der Rückseite ist viermal das gleiche Huhn zu sehen, allerdings etwas kleiner und unter der Inhaltsangabe. Die Zeichnungen innen sind komplett in schwarz/weiß gehalten.


Fazit
Das Lesen des Buches setzt eine äußerst konzentrierte Haltung voraus und einiges an Grundwissen, was Fremdwörter angeht. Daher wäre es auch gut für die Schule geeignet, wo man es stückweise im Unterricht behandeln könnte. Für private Leser zeigt sich am Ende des Bandes, dass Ethik ein äußerst vielfältiger und ausgesprochen schwammiger Bereich ist, der keine einfachen Antworten auf schwierige Fragen gibt.


3 5 Sterne


Hinweise

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