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Nuys 1474 - die Weltpolitik wirft ihre Schatten über die idyllische Stadt am Rhein. Karl der Kühne, Herzog von Burgund, steht vor den Toren. Die Menschen sind in Angst -  doch diese Angst gilt nicht allein dem burgundischen Heer. Ein Mörder geht um in Nuys und hinterlässt auf den Körpern der Toten ein geheimnisvolles Zeichen. Der Stadtmedicus Cunrad Tuschenbroich gerät unter Verdacht. Um nicht am Galgen zu enden, muss er das Rätsel lösen und gerät dabei in ein Gewirr aus Intrigen und Lügen.

 

 

Autor: Simone Tives
Verlag: Emons
Erschienen: 29. März 2011
ISBN: 978-3897058132
Seitenzahl: 287 Seiten

 


Die Grundidee der Handlung
Ausgerechnet während sich Nuys (Neuss) am Rhein auf die Belagerung durch das Heer des Herzogs von Burgund  vorbereitet, treibt in der Stadt ein grausamer Mörder sein Unwesen. Die Vertreter der Obrigkeit, verständlicherweise mit wichtigen Entscheidungen beschäftigt, möchten den Fall so schnell wie möglich zu den Akten legen, selbst auf die Gefahr hin, den Falschen zu hängen. Da der Stadtmedicus Cunrad Tuschenbroich unter Verdacht gerät, muss er versuchen, den Mörder selbst zu finden, um seine Unschuld zu beweisen. Dabei entdeckt er, dass einige der „ehrenwerten“ Stadtväter allen Grund haben, seine Ermittlungen zu behindern.

Cunrads Suche nach dem - fiktiven - geheimnisvollen Mörder und die historisch belegte, sehr authentisch geschilderte Belagerung der Stadt durch die Burgunder hat die Autorin zu einer wirklich stimmigen und spannenden Geschichte zusammengefügt.


Stil und Sprache

Simone Tives ist in Neuss aufgewachsen und mit der Vergangenheit der Stadt gut vertraut. In einer schönen, bildhaften, Sprache versetzt sie den Leser zurück in das Mittelalter und beschreibt das Leben und Treiben der Menschen, ihre Gebräuche und Örtlichkeiten so plastisch, dass man das 15te Jahrhundert buchstäblich fühlen, schmecken und riechen, also unmittelbar miterleben kann.

In Anlehnung an die historische Chronik von 1474/75 schildert die Autorin die schwierige Lage der eingeschlossenen Stadt, wobei sie durch geschickte Wechsel der Schauplätze und Figuren -  der Verteidiger auf der Stadtmauer, der Stiftsdamen in ihrem vermeintlich geschützten Kloster, der einfachen Leute auf dem Markt und in den Trinkstuben und von Obrigkeit und Klerus im Rathaus und den Kirchen – sehr gut darstellt, dass alle diese unterschiedlichen Menschen das gleiche Schicksal verbindet, nämlich die Angst vor dem Verlust von Heimat und Leben. Wie sich der Mörder diese Situation für seine Taten zu Nutze macht, wird so anschaulich und packend erzählt, dass der Leser kaum folgen kann, sich in Vermutungen ergeht und doch immer wieder überrascht wird von plötzlichen Wendungen, die man so nicht erwartet hat. Zeitweise ist die Spannung beinahe unerträglich, glaubt man eine Person als den Schuldigen zu erahnen, fällt diese plötzlich selbst dem wahren Täter zum Opfer. Das Rätsel um ihn und seine Motive wird tatsächlich erst ganz zum Schluss des Buches gelöst.


Figuren

Die Autorin hat alle ihre Figuren sehr lebendig und glaubwürdig gestaltet. Jede von ihnen hat ihre Ecken und Kanten, Schwächen und Geheimnisse. Davon hat der Stadtmedicus Cunrad sogar so viele, dass der Leser anfangs nach seinen liebenswerten Zügen direkt suchen muss. Er fällt immer wieder durch sein loses Mundwerk und seinen Hang zum Trinken und Raufen auf, hat sich dadurch auch manchen Feind gemacht und man wundert sich eigentlich nicht, dass er unter  Mordverdacht gerät. Aber er ist ein guter Arzt, der die Ärmsten unentgeltlich behandelt und setzt sogar sein Leben für Andere ein. Dass Cunrad in dem Braumeister Bram und dem Apotheker Johann zwei treue Freunde hat, spricht auch zu seinen Gunsten. Diese beiden Ratsherren bilden das Gegengewicht zu den übrigen Honoratioren, von denen einige ihr Amt missbrauchen und Cunrad gern loswürden, bevor er ihre Machenschaften aufdecken kann.

Eine besondere Rolle spielt Johanns Schwester Clara, die Äbtissin des Quirinusklosters, die auf Grund dieser Stellung Sitz und Stimme im Rat hat und sich gegen ihre Ratskollegen zu behaupten weiß. Die historischen Gestalten des Kölner Erzbischofs Ruprecht von der Pfalz und seines Gegenspielers Hermann von Hessen, der den Neussern mit einem Heer zu Hilfe kommt und die Verteidigung der Stadt leitet, sind sehr gut in die Handlung integriert und machen das Ganze dadurch umso glaubwürdiger.


Aufmachung des Buches
Das Cover des broschierten Taschenbuches zeigt auf schwarzem Hintergrund eine stilisierte, mit geheimnisvollen Schriftzeichen bedeckte weiße Lilie, wie sie Verwandte des französischen Königshauses im Mittelalter im Wappen führen durften. Darunter prangt in erhaben geprägten, orangefarbenen Buchstaben der Titel. Am Anfang des Buches findet man ein Personenverzeichnis, am Ende ein Nachwort der Autorin zur Geschichte der Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen von Burgund. Eine Karte der Stadt und ein Glossar vermisst man leider.
Auf den Prolog vom März 1474 folgen 31 Kapitel, die zur Hälfte datiert und mit dem Namen des/der Heiligen des Tages versehen sind und die Geschichte über einen Zeitraum von 2 Monaten erzählen.


Fazit

Simone Tives hat mit diesem Buch ein bemerkenswertes Debüt vorgelegt. Das Besondere daran ist, dass es ihr gelingt, das 15te Jahrhundert wirklich zeitgemäß darzustellen. Die detailgetreue Schilderung der mittelalterlichen Bräuche, der sozialen Unterschiede zwischen den Bürgern, Bauern und Bettlern, der Bedeutung der Kirche, der Grausamkeit des Krieges, vor allem aber die Sprache, die sie ihre Akteure sprechen lässt, geben dem Leser einen sehr interessanten und authentischen Einblick in diese Epoche.


4 5 Sterne


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