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Die Herausforderung: leben, statt gelebt zu werden

Viele Jahre lang lebte Walter Kohl ein Leben im Schatten eines übermächtigen Namens – als „Sohn vom Kohl“. Die Belastungen der CDU-Parteispendenaffäre und der Freitod seiner Mutter wurden für ihn schließlich zur existenziellen Prüfung. Doch er entdeckt einen Weg, um die Herausforderung seines Lebens zu meistern: Durch einen Prozess bewusster Versöhnung schließt er Frieden mit der eigenen Vergangenheit, mit den Eltern und mit sich selbst. So öffnet sich für ihn ein neuer Weg zu Selbstbestimmung und persönlicher Erfüllung.

Ein Buch, das Mut macht, sich aus fremdbestimmten Lebensumständen zu lösen und den eigenen Weg zu gehen.

 

 

Autor: Walter Kohl
Verlag: Integral - Verlag
Erschienen: 24. Januar 2011
ISBN: 978-3-7787-9204-9
Seitenzahl: 274 Seiten

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Inhalt, Stil und Sprache
Leben oder gelebt werden vereinigt zwei Bücher in einem – es ist Biographie und Ratgeber zugleich. Walter Kohl veranschaulicht gut nachvollziehbar an seiner eigenen Biographie, wie man nach "Opferland" kommt, welche(n) Weg(e) man einschlägt, wie es sich dort lebt und wie schwer es ist, das "Opferland" auch wieder zu verlassen. Obwohl er es nicht ausdrücklich sagt, drängt sich mir der Eindruck auf, dass viele, allzu viele in unserem Land dort verharren, ja nicht einmal wissen, dass sie sich dort befinden.

Doch was genau ist nun "Opferland"? Wer kennt das nicht, dass man als Kind gerne anderen oder den Umständen die Schuld an eigenem Versagen oder den jeweiligen Umständen gibt? Bleibt es bei dem einen oder anderen Mal, dann landet man noch nicht gleich in "Opferland". Verfestigt sich diese Einstellung aber und wird wie im Falle von Walter Kohl zur Gewissheit – alles Schlimme, das ich erlebe, liegt nur daran, dass ich der "Sohn vom Kohl" bin – dann hat man den Fuß bereits dort hinein gesetzt und alles weitere ergibt sich wie von selbst. Den Weg zurück ins selbstbestimmte, eigenverantwortliche Leben sieht Kohl in der Versöhnung mit dem was war und das man im Nachhinein auch nicht mehr ändern kann. Auch die Aussöhnung mit Menschen, die einen verletzt haben kann gelingen, selbst, wenn dieser Mensch gar nicht aktiv an diesem Prozess teilnimmt. Schwere Kost fürwahr, ein Buch das einem selbst auch einen Spiegel vorhalten kann, denn das Leben in "Opferland" hat auch seine Vorteile.

Erstaunlich finde ich wie es der Autor schafft, Theorie und Praxis - sprich seine eigene Biographie - zu verbinden. Das Buch liest sich flüssig, schwierigere Sachverhalte oder Ansichten, deren Inhalt sich vielleicht dem Leser nicht sofort erschleißen, verdeutlicht er an einer Geschichte oder „malt“ ein Bild. Beides trägt sehr zum Verständnis des Buches bei. Dabei geht Kohl nicht immer chronologisch vor, teilweise springt er in der Zeit hin und her, was durchaus zu Verwirrungen bei Lesern führen kann, die die jüngere Geschichte nicht parat haben. Über weite Strecken ist das Buch richtig spannend und immer sehr, sehr ehrlich. Ich weiß nicht, ob ich bereit wäre, mein Innerstes so vor dem Publikum auszubreiten. Erstaunlich finde ich auch, wie es ihm gelingt, seine disfunktionale Familie zu beschreiben, ohne voyeuristische Interessen zu bedienen. Der Wunsch, den Menschen ihre Würde zu lassen und sich mit ihnen auszusöhnen, ist immer deutlich spürbar.

Dennoch bleiben Fragen, die sich mir beim Lesen eingestellt haben, unbeantwortet. Weshalb ist Helmut Kohl in seiner Heimatstadt so verhasst, dass manche Menschen nicht in der Lage sind, zwischen Vater und Sohn zu unterscheiden? Hat Walter Kohl es ohne fremde Hilfe, sprich Therapeut, geschafft seine Lage so genau zu erkennen, zu analysieren und zu verändern? Ist ihm bewusst, dass sein Schicksal sich weitestgehend mit dem deckt, was die "(Wir) Kinder der Kriegskinder", so der Titel eines Buches von Ustdorf, mehrheitlich erfahren haben?

Aber nicht nur Fragen bleiben offen - beim Lesen spürt man die Trauer um seine Mutter, nicht immer und zu jeder Zeit, aber sie ist da. Zur Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit gehört auch, dass man nicht nur diese analysiert, sondern die dazugehörigen Gefühle zulässt und Trauerarbeit leistet, um diesen Komplex mal mit einem Schlagwort zu umreißen. Und genau das bleibt völlig ausgeklammert. Ich vermute, dass es für ihn noch zu schmerzlich ist, darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen, sehr verständlich - aber bei mir bleibt leider der Eindruck, dass etwas Wichtiges fehlt, zurück. Trotzalledem ein in vielerlei Hinsicht erhellendes Buch.


Aufmachung des Buches
Der Umschlag ist weiß und zeigt nur Titel mit Untertitel sowie den Namen des Autors. Ins Auge fällt aber in erster Linie das Wort "Leben". Das gebundene Buch selbst hat einen grauen Einband. Ansonsten ist es, was die Aufmachung betrifft, unspektakulär. Erwähnenswert ist lediglich noch die angenehm große Schrift. Mir gefällt das, denn das Buch kann für sich allein stehen und braucht keine protzige Aufmachung. Erfreulich auch, dass der Klappentext sich am Inhalt orientiert und nicht, wie schon vorgekommen, damit wenig bis nichts zu tun hat.


Fazit
Ein Buch für alle - Fans von Biographien, Verehrern von Helmut und Hannelore Kohl und vor allem für alle die Söhne und Töchter, denen der Autor mit seinen persönlichen Erfahrungen den Spiegel vorgehalten hat, und die nun ebenfalls "Opferland" verlassen wollen.


4 5 Sterne


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