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Kategorie: Krimis

Im baufälligen Augustinerhof wird die Leiche von Hubert Pelzig gefunden, der sich zu Lebzeiten für den Erhalt der Nürnberger Altstadt eingesetzt hatte. Ist er skrupellosen Immobilienspekulanten zum Opfer gefallen oder wurde er wegen zwielichtiger Geschäfte ermordet? Der bibliophile Millionenerbe Frank Beaufort macht sich gemeinsam mit der energischen BR-Journalistin Anne Kamlin trotz aller Warnungen der Polizei an seine eigenen Ermittlungen – und gerät bald selbst in Lebensgefahr.

 

 

Autor: Dirk Kruse
Verlag: Piper
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-492-25797-8
Seitenzahl: 332 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Frank Beaufort, ein Millionär und Lebemann, wird durch seinen Freund Ekki Ertl, den Gerichtssprecher, auf den Mord im Augustinerhof aufmerksam. Frank kannte den Toten und hatte ihn wohl als Letzter lebend gesehen. Der Tote, Hubert Pelzig – der Gründer von ProNürnberg, einer Initiative für den Erhalt der alten Bausubstanz, war natürlich stadtbekannt und hatte durch sein rigoroses Vorgehen ebenso viele Gegner wie Befürworter. Ebenfalls auf den Fall angesetzt macht sich Anne Kamlin, Reporterin vom Bayrischen Rundfunk, daran die Fakten zu sammeln. Als Anne und Frank eher zufällig aufeinander stoßen, erkennen beide sofort, dass sie nicht nur ihr Interesse am Augustinerhof verbindet. Sie beschließen, gemeinsam die Hintergründe des Mordes aufzuklären – Anne um ihren Job zu machen und Frank, um in der Nähe von Anne zu sein. Da Hubert Pelzig nicht gerade beliebt war, suchen sie den Täter in den Reihen von ProNürnberg und dem Umfeld um den Bauskandal des Augustinerhofs. Doch immer mehr verdichtet sich der Verdacht, dass noch ein dritter Unbeteiligter als Täter in Frage kommen kann. Denn alle bisherigen Verdächtigen haben kein ausreichendes Motiv oder aber gute Alibis. Eher per Zufall kommt Frank auf den entscheidenden Hinweis, der ihn am Ende zum eigentlichen Mörder führt. Und er kann entspannt zusammen mit Anne zusehen, wie die Polizei den Rest der Arbeit erledigt.


Stil und Sprache
Dirk Kruse hat sich für seinen Schreibstil, vor allem aber für die Wortwahl an seinen Hauptakteur Frank Beaufort angelehnt. Der ist ein eleganter, charmanter, gut erzogener Gentleman, der durch seine Belesenheit großes Wissen angehäuft hat. Dies merkt man auch dem Stil des Autors an. Dieser leicht herrschaftliche Touch fliest quasi durchs ganze Buch. Trotzdem werden einfache, für jedermann verständliche Worte verwendet.

Erfrischend und zugleich spannend hat der Autor seinen Plot in der fränkischen Metropole Nürnberg angesiedelt. Nürnberg hat durch seine Vergangenheit als Reichsparteistadt und die schlimmen Verwüstungen durch die Bombenangriffe des 2. Weltkrieges zwei gespaltene Lager, was die Bausubstanz angeht. Die mittelalterliche Stadt flirtet zwischen Vergangenheit und Moderne, was natürlich auf der einen Seite die Befürworter wie ProNürnberg auf den Plan bringt, die am liebsten den jahrhundertealten Charakter beibehalten würden und auf der anderen Seite Investoren vergrault, die natürlich ihr Geld gerne mit modernen, attraktiven Geschäftsgebäuden machen wollen. Ein Mord in dieser Szenerie bringt natürlich viele Verdächtige auf den Plan. Mit detailgetreuen und liebevollen Beschreibungen der Nürnberger Altstadt erzeugt Dirk Kruse eine sehr authentische Stimmung. Vor allem wenn man die Stadt kennt, kann man die einzelnen Schritte gut nachvollziehen.

Vorteilhaft für die Geschichte ist auch, dass er keine Partei ergreift. Das überlässt er dem Leser, der durch die Geschichte seine eigene Chance erhält, sich seine Gedanken zu machen. Neben der spannenden Jagd nach dem Mörder wird die Story durch die beginnende Liebelei zwischen dem ruhigen Frank und der quirligen Anne aufgelockert. Auch dass der Autor abwechselnd Frank, Anne oder beide miteinander ermitteln lässt, trägt zu dieser Auflockerung bei. Ein schönes Buch, das durch seine allumfassende Sicht von Schwarzweiß-Denken weit weg ist und Lust macht, diese schöne Stadt zu besuchen.


Figuren
Dirk Kruse ist da eine interessante Kombination gelungen. Auf der einen Seite Frank Beaufort, der Privatier und Lebemann, der in sich selbst ruht und diese Gelassenheit auch nach außen ausstrahlt, und auf der anderen Seite die quirlige, immer unter Zeitdruck stehende Radioreporterin Anne Kamlin. Frank fühlt sich sofort von der hübschen jungen Frau angezogen und liebt es, mit ihr zu fachsimpeln, denn geistig sind beide auf Augenhöhe. Auch Anne scheint dem smarten Millionär nicht abgeneigt zu sein. Bei ihren Ermittlungen sind sie jedenfalls ein gutes Team, sie ergänzen sich perfekt und scheinen sich gegenseitig richtig zu beflügeln. Besonders überrascht hat mich, nachdem Frank Beaufort bisher eher gediegen und zurückhaltend in Erscheinung getreten war, eine Passage, in der der Autor Frank dann doch im Licht eines ganz normalen verliebten Mannes zeigt – er onaniert in eine alte Socke, nachdem er von Anne einen ersten Kuss bekommen hat und ihr in den Ausschnitt sehen konnte. Dies kommt zwar unerwartet, wirkt auf mich aber sehr erfrischend und zeigt, wie normal der Hauptdarsteller trotz seiner Millionen geblieben ist. Und nicht nur mit dieser Szene, sondern auch mit weiteren im Verlauf der Geschichte, in denen sich die beiden immer näher kommen und durch Zärtlichkeit und natürlich Sex ihre gemeinsame Zuneigung entdecken, wird der Roman schön aufgelockert und bekommt den für die Identifizierung mit den Figuren nötigen ‚Du und Ich’-Faktor.

Die Verdächtigen, die im Laufe der Geschichte immer wieder wechseln, sind abwechslungsreich und menschlich gezeichnet. Egal aus welchem Millieu die Personen kommen, sie zeigen oft nur vordergründig Stärke und versuchen sich hinter irgendwelchen Masken zu verstecken, um ihr wahres Ich oder ihr Motiv für den Mord oder aber einfach nur ein Geheimnis wie eine Affäre zu vertuschen. Der Mörder selbst, der lange im Verborgenen bleibt, ist am Ende aber der klassische Täter – eiskalt, ohne Skrupel und nur auf seinen eigenen Vorteil aus – eben ein richtiger Bad-Boy.


Aufmachung des Buches
Das Cover zeigt den Ausschnitt einer martialischen Steinskulptur – wahrscheinlich an einem Gebäude. Die Farbe ist in monochromen Brauntönen gehalten und wirkt auf den Leser im Gesamtbild passend zum Titel. Am Anfang des Buches gibt es die Vita des Autors und am Ende die obligatorische Werbung.


Fazit
Spannend und Interessant geschrieben mit viel knisternder Erotik inmitten der Frankenmetropole. Endlich mal ein guter Krimi aus meiner Heimat Franken. Bitte mehr davon.


4 Sterne


Hinweise
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