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… Ohne Mitgefühl, ohne Emotion …
Der Geist meines Bruders ist kalt wie Stein …
Unerwartet zuschlagen und rasch töten.
Und einer verletzten Beute keine Verschnaufpause lassen …

 

Kraa_01 

Originaltitel: KRAA: LA VALLÉE PERDUE
Autor: Benoît Sokal
Übersetzer: Resel Rebiersch
Illustration: Benoît Sokal
Verlag: Splitter Verlag
Erschienen: März 2011
ISBN: 978-3-86869-209-9
Seitenzahl: 94 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Der Jungadler Kraa verlässt seinen Bau, scheinbar verlassen von seinen Eltern, und erobert sich nach und nach sein Revier, ein raues, wildes und einsames Tal. Ihm begegnet der Indianerjunge Yuma, der über eine seltene Gabe verfügt – und die beiden knüpfen eine einzigartige Freundschaft.

Als die Weißen in die raue Welt eindringen, die sich zwischen Alaska und Sibirien erstreckt, ist es vorbei mit der Ruhe in dem Tal. Sie bauen die Stadt Klontown, planen die Errichtung einer gigantischen Staumauer und die Überflutung des Tals. Der Reichtum an Bodenschätzen lässt den Initiator William Klondike die Dollarzeichen in die Augen treten, und sein Handlanger Morkow geht dafür über Leichen, auch die der Ureinwohner. Für Kraa und Yuma beginnt ein Kampf ums Überleben…

Benoît Sokal eröffnet mit Das verlorene Tal einen Abenteuercomic, der sich über zwei Bände erstreckt und die Zerstörung der Natur unaufdringlich, aber dennoch nachhaltig in einem realistischen Szenario verarbeitet.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Erzählung startet mit einer gewissen grausamen Handlung, die in ihrer Konsequenz durch die Bilder aber nur angedeutet wird. Die Zeichnungen von Kraa sind schlicht beeindruckend, die Tierportraits sehr exakt umgesetzt, seine Augen, die Krallen, die Schwingen oder der scharfe Schnabel dieses Königs der Lüfte sehr sauber umgesetzt. Nimmt die Distanz zu Kraa innerhalb der Bilder zu, verlieren sich die ganz feinen Details, trotzdem sind die Zeichnungen immer noch auf einem sehr guten Niveau. Große Teile des Comics werden aus der Sicht des Adlers geschildert, seine scharfe, teils grausam anmutende Denkweise – realistisch nachvollzogen – unterscheidet sich dabei stark von denen der Menschen und sorgt nicht selten für amüsiertes Schmunzeln, wenn Kraa z.B. in einem Panel darüber nachdenkt, wie lange er wohl von dem Fleisch von Yumas Pferd leben könnte, während der Indianerjunge gerade eine Verletzung des Adlers behandelt.

Auch die Portraits der Menschen haben mir stets gut gefallen, individuell gestaltet bringen sie die Eigenheiten der einzelnen Charaktere gezielt hervor. Die Weißen werden von dem Zeichner so dargestellt, dass sie direkt ab Beginn unsympathisch, ja regelrechte Ekelpakete sind. Und dass dieser erste Eindruck nicht täuscht, zeigt sich auch in ihrem brutalen und rücksichtslosen Vorgehen. Bei den Indianern hingegen, ebenfalls mit sehr unterschiedlichen Charaktern, wird sofort klar, dass sie mit der Natur einen Einklang bilden, dies spiegelt sich nicht zuletzt in ihren Gesichtern wider. Bilden bestimmte Figuren, wie die Ureinwohner, die Hauptmotive, steht auch hier eine aufwändige Ausarbeitung im Vordergrund, während die Hintergründe – Statisten, Bäume, … – nur grob skizziert und teils angedeutet wiedergegeben werden.

Der Stil von Sokal hat einige Eigenheiten, ist insgesamt aber sehr liebevoll. Die Bilder aus der Stadt, unter deren Kolorierung man die ursprüngliche Skizzierung erahnen kann, sind zwar sehr exakt wiedergegeben, haben jedoch – vermutlich aufgrund der gleichartigen, grauen und braunen Farbwahl – einen dünnen, ja fast transparenten Look. Stellenweise scheinen die ursprünglichen, dahinter liegenden Konturen tatsächlich noch durch, was man dem Illustrator jedoch gerne nachsieht – die Impressionen aus der Stadt unterstreichen damit gezielt einerseits die harten Umgangsformen, die in den Goldgräberstädten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geherrscht haben, andererseits stellen sie die Trostlosigkeit dieser Orte gekonnt heraus.

Demgegenüber sind viele Szenen aus der Wildnis dichter, die Farbwahl zwar matt, aber dennoch differenzierter. Bei Landschaften beschränkt sich der Zeichner darauf, den Vordergrund sehr fein zu Papier zu bringen, während die Bildtiefen im Dunst immer weiter an Einzelheiten verlieren. Aber gerade hierdurch wird der Tiefe der Gegenden umso stärker der schroffe, raue Charakter verliehen. Landschaftsportraits wie auf den Seiten 48 / 49 zeigen sie in ihrer schönsten, wildesten Form. Vor allem die Stimmungen, die Sokal durch Licht und Dunst inszeniert, schaffen eine geradezu faszinierende Atmosphäre.

Kämpfe fallen realistisch und nicht übertrieben, in nicht wenigen Szenen allerdings schon recht blutig aus. Besonders zum Ende des ersten Teils fließt das Blut nicht gerade zurückhaltend. Mehr soll an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden.

Die Panels sind klassisch getrennt, so dass man der Story sehr gut folgen kann. Ebenfalls klassische Wege geht Sokal bei der Schriftgestaltung, die Dialoge und Erzähltexte sind in Großschrift gehalten, die wenigen Soundwords in die Bilder integriert.


Aufmachung des Comics
Im verlagsüblichen Format gehalten, hat der Umschlag des fest eingebundenen Comics ein glänzendes Finish, was einen guten Kontrast zu der eher schlichten Covergestaltung passt – Kraa und Yuma werden Seite an Seite im Profil vor weißem Hintergrund gezeigt, der Titel prangt darüber. Auf der Rückseite gibt eine Szene aus dem Comic einen ersten Blick auf das Tal. Ebenfalls schlicht sind auch die grauen Vorsatzpapiere, auf denen ein Portrait von Kraa zu sehen ist.

Die Materialwahl, die Verarbeitung und die Druckqualität konnten – wie von Splitter nicht anders zu erwarten – wieder voll überzeugen.


Fazit
Kraa ist ein Umweltabenteuer in der rauen, wilden Welt, die sich in Alaska erstreckt. Das Szenario setzt die Thematik – die Ausbeutung der Natur durch die Weißen – realistisch um. Mit einigen Eigenheiten, aber faszinierendem Stil bringt Benoît Sokal die Bilder zu Papier. Insgesamt sehr zu empfehlen.


4,5_Sterne


Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an den Splitter-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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