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Max‘ Leben ist perfekt. Er hat einen guten Job, führt eine glückliche Beziehung, alles läuft wie geplant und Überraschungen sind nicht vorgesehen. Durchorganisiert lebt er seinen Alltag, bis er bei einem Familienessen den jüngeren Bruder seines Freundes trifft und erkennen muss, dass sein Leben nicht so erfüllt ist, wie er bislang gedacht hat. Denn Noah ist so ganz anders als alles, was Max bis dahin kennengelernt hat.

 

Harlekin 

Autor: Katja Kober
Illustrationen: Janine Sander
Verlag: Cursed Side
Erschienen:
15. März 2011
ISBN:
978-3-942-451-017
Seitenzahl:
496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Max Arndt ist 27 Jahre alt, arbeitet in einer Werbeagentur und befindet sich in einer festen Beziehung. Doch sein Leben läuft in straff durchorganisierten Bahnen, so etwas wie Spontanität scheint es bei ihm nicht zu geben. Kleine, alltägliche Rituale - wie das Berühren eines alten Steinbrunnens beim morgendlichen Joggen - geben ihm Halt und Selbstvertrauen. Doch dann lernt er Noah kennen, den kleinen Bruder seines Freundes, und von da an gerät sein geordnetes Leben gewaltig aus den Fugen …

Harlekin ist ein homoerotischer Roman, bei dem die Erotik nicht ausufert. Die Autorin stellt den Beziehungsaspekt nicht übermäßig explizit heraus, sondern vermag es, auf den gut 500 Seiten einen Abschnitt im Leben ihres Protagonisten darzustellen. Kober versteht sehr gut umzusetzen, dass zum Leben mehr gehört als Liebe und vermittelt mit ihrer Geschichte dennoch, dass die Liebe das Wichtigste ist. Für den Verlauf der Handlung nimmt sie sich Zeit, ohne jedoch ins Langatmige abzurutschen, und sorgt damit dafür, dass die Geschehnisse nachvollziehbar für den Leser sind. Harlekin weiß dabei mit ruhigen Tönen und mit dramatischen Szenen gleichermaßen zu berühren und dürfte durch die ungehetzte Erzählweise und eingeflochtene, ernsthaftere Thematiken vor allem (junge) Erwachsene ansprechen.


Stil und Sprache
In Harlekin wird die Geschichte in der Ich-Form aus Max‘ Perspektive wiedergegeben. Die Autorin schreibt schlicht, verwendet geläufige Formulierungen und bedient sich der Umgangssprache. In der Novel stehen nicht mit hochtrabenden Wörtern versehene Schachtelsätze im Vordergrund, vielmehr machen die hintergründigen Aussagen, die Kober in einfache Ausdrücke kleidet, den Stil des Buches aus. Hierbei sind vor allem die Namen und die wiederkehrenden Motive zu nennen. Max Freund, der den Namen Abel trägt, eröffnet dem Leser ebenso wie dessen jüngerer Bruder Noah Bezüge zum Alten Testament: Abel als der Bevorzugte, der Neid hervorruft, und Noah, der einen starken Sturm, aber auch Ruhe verspricht. Auch die restlichen Namen sind mit Bedacht gewählt und lassen Raum für Interpretationen (beispielsweise Agnes – die Reine, Ingo – der Beschützer, oder Iris – Regenbogen).
Ebenso auffällig wie die Namensgebung sind die verwendeten Motive, allen voran das titelgebende ‚Harlekin-Motiv‘, das zweifach ausgelegt werden kann. Unter dem ‚Masken-Aspekt‘ vermittelt die Autorin damit, dass nicht alles immer ist, wie es erscheint, andererseits beschreibt der Ausdruck zum Teil sehr treffend Noahs agilen, schlagfertigen Charakter. Des Weiteren machen sich bei der Lektüre des Buches besonders das ‚Fall‘- und das ‚Getier-Motiv‘ bemerkbar, wobei Kober mit letzterem die berüchtigten Schmetterlinge im Bauch auf eine eigene Weise neu aufgreift.

Auch Personifikationen finden sich, so wird z.B. von der Liebe als quengelndem Kind geschrieben, das hofft und träumt und fordert. Zudem fallen die Satz- und Absatzgrößen auf. Kober nutzt kurze Sätze oder Einwortsätze, um beispielsweise Dynamik zu erzeugen, um Max‘ schlechtes Gewissen zu verdeutlichen oder um bedeutende Passagen hervorzuheben. Dabei kommt es vor, dass auch Absätze nur aus einem oder wenigen Worten bestehen. Harlekin weist mehrere Wendepunkte auf und dramatische Szenen wechseln sich mit ruhigeren Passagen ab. Landschaften und Personen werden gut, aber nicht zu ausführlich beschrieben. Die erotischen Textstellen sind prickelnd und angenehm umgesetzt und legen den Fokus auf die Gefühle.


Figuren
Die Personen in Harlekin sind wie die Handlung glaubwürdig dargestellt. Besonders die Protagonisten wie Max und Noah zeichnen sich durch große Vielschichtigkeit aus, aber auch Nebencharaktere wie Freda oder Agnes sind keineswegs platt. Sogar Randfiguren wie der Kaffeeverkäufer Eddi oder die Sekretärin Hilda wirken nicht stereotyp, da sämtliche Figuren mit bestimmten Eigenheiten bedacht worden sind, die sie lebendig erscheinen lassen.

Max ist ein Hauptcharakter, der einigen Lesern zu Beginn ein paar Probleme machen könnte, da die wenigsten sich in dessen durchorganisierten Alltag wiederfinden werden können. Doch diese Distanz zum Protagonisten – sofern vorhanden – lässt schnell nach, sobald man Max besser kennenlernt und versteht, warum er sich so sehr an feste Regeln und Pläne hält. Dabei helfen neben der Darstellung der Persönlichkeitszüge auch die Vergangenheit, die Ängste und die Spleens, mit denen die Autorin ihre Figur ausstattet, so hat Max Furcht vor kleinen Räumen wie Fahrstühlen und sortiert seine Socken der Farbe nach.

Abel und sein Bruder Noah werden gleichfalls ausführlich beschrieben. Aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung wird das Hauptaugenmerk bei den Geschwistern auf Noah gelegt, der leicht verrückt, aber doch immer charismatisch und intelligent dargestellt wird. Auch seine Eigenheiten und Verhaltensweisen weiß die Autorin nachvollziehbar zu gestalten und durch seine Art schlägt Noah den Leser in seinen Bann, was wohl auch an den künstlerischen Ambitionen liegt, die dieser verfolgt.

Wert gelegt wird zudem auf den Freundeskreis Max‘. Da ist z.B. die Autorin Agnes, ein Genie, die allerdings mit alltäglichen Aufgaben überfordert ist. Ihre kindlich naive Art veranlasst Max, sich um sie zu kümmern. Sie sowie seine anderen Freunde Ingo, Torsten und Ling sind ihm sehr wichtig, er sucht Rat bei ihnen und steht ihnen bei. Doch besonders gewichtig ist die Beziehung des Protagonisten zu Freda – eigentlich Manfred – einem Transsexuellen, der durch seine direkte, leicht frivole Art Max des Öfteren in Verlegenheit bringt, aber dennoch zu dessen engsten Vertrauten gehört und dem im Laufe der Handlung eine bedeutende Rolle zukommt.


Aufmachung des Buches
Harlekin ist als Softcover und sogenannte ‚Illustrated Novel‘ anlegt, d.h. Textpassagen werden durch insgesamt dreizehn Illustrationen auch grafisch umgesetzt. Der Zeichnerin Janine Sander gelingt es, mit den Abbildungen, die sich auf Max, Noah und Abel konzentrieren, die Figuren passend und ansehnlich umzusetzen, wobei sie sich eines relativ realistisch anmutenden Stils bedient. Ganz besonders bemerkenswert ist hierbei die abschließende Illustration, die nicht wie die vorherigen vollständig gerastert, sondern in Form einer Bleistiftzeichnung gehalten ist und damit eine wundervolle Ergänzung zum Text darstellt.

Auch das Cover, das Max und Noah zeigt, stammt von Sander, ebenso wie die Illustration der Buchrückseite, die gleichfalls begeistern kann. Neben dem Klappentext befinden sich dort verschiedene, gezeichnete Blätter, auf denen Skizzen der Charaktere zu sehen sind. Auch Noahs Radiergummi in Supermann-Form, eine seiner Kinderzeichnungen und Max‘ Terminkalender haben hier Platz gefunden und führen dem Leser ein weiteres Mal Aspekte des Buches vor Augen.
Zudem beinhaltet Harlekin auf den letzten Seiten noch zusätzlich eine Reihe von Skizzen und ein kurzes Nachwort der Autorin, in dem sie sich beim Leser bedankt, wohingegen sie sich in der Widmung am Anfang für die Unterstützung der Mitwirkenden erkenntlich zeigt. Der Roman umfasst neben 29 Kapiteln einen Prolog und einen Epilog, wobei ein neues Kapitel auf der jeweils folgenden Seite mit der fettgedruckten Nennung der Kapitelanzahl beginnt und darunter in kursiver Schrift gedruckt eine Beifügung anschließen lässt, die Inhalte des kommenden Kapitels aufgreift.

Der eigentliche Textkorpus ist in einer nicht allzu großen Schrifttype gehalten, sodass einiges an Inhalt umgesetzt werden kann. Der Zeilenabstand ist ebenfalls passend gewählt und ermöglicht eine beschwerdefreie Lektüre. Als störend erweist sich hier nur, dass das Papier etwas durchscheinend und das Druckbild stellenweise unsauber ist. Zum Ende des Buches hin treten dann vermehrt Fehler auf, so erfolgen beispielsweise Zeilenumbrüche mitten im Wort, doppelte Wörter oder Rechtschreibfehler kommen vor, Gänsefüßchen werden verkehrt herum gesetzt oder Namen vertauscht. Diese kleinen Mankos trüben den durchaus angenehmen Gesamteindruck leider ein wenig.


Fazit
Harlekin ist ein homoerotischer Roman, wie man ihn sich wünscht: Nicht der Sex, das Gefühl steht im Mittelpunkt und die Handlung weiß den Leser mitzureißen und zu berühren. Die Novel ist ein Pageturner, man will sie gar nicht mehr aus der Hand legen, bevor man sie nicht zu Ende gelesen hat und trotz der einfach gehaltenen Sprache fällt die Lektüre durch die vermittelten Inhalte nicht zu leicht aus. Zudem verfügen die Figuren über vielschichtige Persönlichkeiten und ihre Handlungen sind nachvollziehbar. Die gelungene Geschichte wird schließlich noch von ansehnlichen Illustrationen begleitet, leider jedoch hapert es bei der Papier- und Druckqualität etwas und die Fehler nehmen am Ende zu. Letztendlich ist Harlekin eine Leseempfehlung für alle wert, die gerne romantische Bücher lesen, die nicht in einem Meer aus rosa Zuckerwatte versinken.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Auf der FanFiktion.de-Seite der Autorin kann man neben dem Prolog noch ganze 7 weitere Kapitel von Harlekin lesen.

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