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Die Heilkraft des Todes
Unheilvolle Dinge ereignen sich im Frankfurt des frühen Jahres 1533: Dreimal findet Pater Nau nach der Beichte blutiges Frauenhaar im Beichtstuhl. Dann wird am Mainufer die Leiche einer schwangeren Frau gefunden - ausgeweidet. Vom Ungeborenen fehlt jede Spur. Und weitere Schwangere werden vermisst. Pater Nau gerät unter Verdacht. Nur die Richterwitwe Gustelies und ihre Tochter Hella glauben an seine Unschuld und beschließen selbst zu ermitteln, Doch Hella begibt sich damit in höchste Gefahr, denn auch sie erwartet ein Kind ...

 

 

Autor: Ines Thorn
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag 
Erschienen: 2011
ISBN: 978-3-499-25371-3
Seitenzahl: 379 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Für Pater Nau beginnt das Unheil, als ein Mann, statt seine Sünden zu beichten, die Bibel zitiert und ein Stück blutige Kopfschwarte inklusive dranhängendem Frauenhaar im Beichtstuhl zurücklässt. Nun hat der Priester ein großes Problem, denn das Beichtgeheimnis untersagt ihm, jemanden davon zu erzählen. In seiner Not versteckt er das Beweisstück in der Kiste mit den Weihnachtssachen. Er hofft, dass der unheimliche Mann niemals wiederkommt, doch seine Gebete werden nicht erhört. Abermals lässt der Fremde eine "Opfergabe" zurück. Und dann wird die geöffnete Leiche einer schwangeren Frau am Mainufer gefunden. Von ihrem Baby fehlt jede Spur und auch ein Teil ihrer Kopfschwarte ist nicht aufzufinden.

Nach und nach wird bekannt, dass auch nach anderen spurlos verschwundenen Schwangeren gesucht wird. Als statt des wahren Frauenmörders Pater Nau verdächtigt und kurzerhand ins Gefängnis geworfen wird, beginnen seine Schwester Gustelies, deren Tochter Hella und die Geldwechslerin Jutta zu ermitteln. Obwohl die Suche nach dem wahren Mörder für die hochschwangere Hella sehr gefährlich ist, müssen sich die Frauen beeilen, um den wahren Frauenmörder zu finden. Denn Pater Naus Gesundheitszustand verschlechtert sich im Kerker von Stunde zu Stunde.  


Stil und Sprache
Das Buch bietet einen sehr unterhaltsam und kurzweilig geschriebenen Abstecher in den Alltag um das Jahr 1533. Durch die Wünsche und Nöte der Menschen gewinnen die LeserInnen einen guten Einblick in das Leben zu dieser Zeit. Besonders die persönlichen kleinen Eitelkeiten und Ärgernisse der Protagonisten machen das Buch sehr facettenreich und sympathisch. Durch die starken Charaktere werden einige etwas eigenartig anmutenden Entscheidungen der Protagonisten überstrahlt, sodass diese Situationen kaum ins Gewicht fallen. Da die Handlungen der auftretenden Personen fast ausschließlich aus den persönlichen Interessen und Nöten der Protagonisten entstehen, sind sie leicht und gut nachvollziehbar. Die Überschrift über dem Rückseitentext "Die Heilkraft des Todes" irritiert zu Beginn etwas, es wird aber im Laufe der Lektüre deutlich, was damit gemeint ist und dass diese Aussage die Geschichte sehr gut unterstreicht. Angenehmerweise werden spezielle Ausdrücke oder Redewendungen oft unauffällig im Text mit erklärt, sodass der Lesefluss nicht gestört wird. Allerdings wäre ein Anhang mit einer Übersetzung der historischen Bezeichnungen zum Nachschlagen sehr angenehm gewesen.

Die liebevoll charakterisierten Figuren lockern die beschriebenen Alltagssituationen immer wieder mit amüsanten, kleinen "Sticheleien" der Protagonistinnen untereinander auf. Besonders in Verbindung mit der deutlichen Sorge um die schwangere Hella und um Pater Nau wirken die Überlegungen und Handlungen von Gustelies sehr menschlich. So verbindet der Roman eine spannende Handlung mit unterhaltsamen Dialogen die manche, etwas "grausigere", Beschreibung dadurch wieder abschwächen und ihnen so die Spitze nehmen. Der Schreibstil ist flüssig und es lässt sich gut erkennen, dass sich die Autorin in der historischen Zeit wie Zuhause fühlt.

Ganz hervorragend hat Ines Thorn die Spannung in Form der sprichwörtlichen "Bombe unter dem Tisch" aufgebaut. Oft glaubt der Leser viel früher als die Protagonisten zu wissen, was nun passiert. Da die drei Frauen oft ohne gegenseitiges Wissen parallel ermitteln, manchmal aneinander vorbeireden oder ohne sich abzusprecehn in Eigenregie handeln, steigt die Spannung enorm, wenn man selber schon weiß, dass jetzt etwas passieren muss. Da man sich sehr gut in die Protagonisten einfühlen kann, erlebt man das Abenteuer hautnah mit. Einige unverhoffte Wendungen später erkennt man schließlich, dass vieles oft völlig anders sein kann als es anfangs aussieht. An diesem Roman werden nicht nur LeserInnen, die spannende historische Romane lieben, viel Spaß haben.   


Figuren
Alle Personen im Roman sind kurz, aber eindringlich charakterisiert. Pater Nau ist ein gutmütiger Mann, der mit der Situation völlig überfordert ist. Ohne die Hilfe und Unterstützung seiner Schwester Gustelies ist er auch im Alltag ziemlich hilflos.

Die resolute und neugierige Witwe Gustelies ist mit all ihren kleinen Eitelkeiten und größeren Sorgen sehr lebensnah dargestellt. Sie steht mit beiden Beinen im Leben und managt das Leben ihres Bruders und teilweise auch das ihrer Tochter. Gustelies Tochter Hella steht ihrer Mutter sehr nahe. Obwohl sie verheiratet und hochschwanger ist, verlässt sie sich sehr auf ihre Mutter und ihrem Mann. Auch wenn sie manchmal etwas naiv agiert, wirkt sie sehr freundlich und sympathisch. Mutter und Tochter sind furchtbar neugierig und lieben es, wenn sie Ermittlungen durchführen können.

Hellas Mann, Richter Blettner, ist einerseits über die Hilfe seiner Frau und seiner Schwiegermutter sehr froh und hilft bei der Aufklärung des Falles fleißig mit, andererseits ist er darüber besorgt, dass sich seine Frau zu viel zumutet. Die Geldwechselerin Jutta unterstützt ihre Freundin Gustelies so gut sie kann und findet sogar noch eine weitere Freundin. Der geheimnisvolle Frauenmörder entpuppt sich als etwas anders als ihn sich alle vorgestellt haben und auch seine Gründe sind andere, als man zu Beginn vermutet. Alle Personen handeln aus Überzeugung und sind so durchgehend gut motiviert.


Aufmachung des Buches
Auf dem Cover des Taschenbuches ist auf dem oberen Fünftel eine historische Ansicht Frankfurts zu sehen. Darunter findet man das Bild eines historisch gewandeten Mädchens, das Silberschüsseln poliert. Der Rückseitentext klingt um einen Tick grausamer, als die Handlung im Buch "rüberkommt". Der Text ist in 46 angenehm formatierte und gut lesbare Kapitel unterteilt. Auf der vorletzten Seite findet man eine Ankündigung über "Die Galgentochter", einem weiteren Roman der Reihe "Die Verbrechen von Hamburg“. Auf der letzten Seite werden noch drei weitere historische Romane des Verlags vorgestellt.


Fazit
"Totenreich" ist ein spannender, äußerst kurzweiliger und überaus gelungener historischer Roman. Die Protagonisten agieren nachvollziehbar und sehr menschlich. Die Ortsbeschreibungen sind gut vorstellbar und durch die fesselnde Story werden sowohl LeserInnen, die historische Romane schätzen, wie auch Krimileser viel Spaß mit dem Buch haben.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Galgentochter
Band 2: Höllenknecht

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