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Kategorie: Krimis

„Wie Feuer. Genau wie Feuer.“ Das sind die ersten Worte, die der Junge unter Hypnose äußert. Und es sind Worte, die Türen zu einem Alptraum öffnen …

 

 

Originaltitel: Hypnotisören
Autor: Lars Kepler
Übersetzer: Paul Berf
Verlag: Lübbe
Erschienen: 17.12.2010
ISBN: 9783785724262
Seitenzahl: 638 Seiten

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Die Grundidee der Handlung

„Der Hypnotiseur“ von Lars Kepler beginnt mit einem Mehrfachmord an einer Familie in Stockholm. Zuerst wird der Vater, Anders Ek, Gymnasiallehrer, in den Umkleiden eines Sportplatzes auf brutalste Weise ermordet aufgefunden, dann seine Frau und Tochter in deren Einfamilienhaus. Zwischen diesen beiden Toten liegt der bewusstlose, 15-jährige Sohn Josef, ebenfalls mit vielen Stichwunden schwer verletzt. Der ermittelnde Kriminalkommissar Joona Linna bittet den bekannten Hypnotiseur Erik Maria Bark um Hilfe. Er soll den Jungen, der im Koma liegt, in Hypnose versetzen. Linna vermutet, dass der Mörder auch noch das letzte Familienmitglied, die älteste Schwester Evelyn, umbringen möchte und erhofft sich, dass Josef unter Hypnose Einzelheiten preisgibt und sie damit Evelyn, deren Aufenthaltsort sie nicht ermitteln können, retten können. Keiner ahnt, was mit diesem Schritt ausgelöst wird. Barks Familie wird bald selbst bedroht, sein Sohn Benjamin, als Bluter auf lebenswichtige Medikamente angewiesen, entführt. Der Verdacht fällt schnell auf Josef, der kurze Zeit vorher aus dem Krankenhaus geflohen ist. Aber Bark kommt ein schrecklicher Verdacht. Vor 10 Jahren hatte er mehrere, stark traumatisierte Patienten in einer Gruppe hypnotisiert und diese nach einem schrecklichen Vorfall nicht mehr weiter therapieren können. Steckt einer dieser Patienten hinter der Entführung?

"Der Hypnotiseur" ist ein Kriminalroman, der vielschichtig und auf mehreren Ebenen gleichzeitig den Leser in Bann hält und bis zum Ende nicht mehr loslässt. 


Stil und Sprache
Hinter dem Pseudonym Lars Kepler verbirgt sich das schwedische Autorenpaar Alexandra Coelho und Alexander Ahndoril. Sie beschreiben in ihrem 638 Seiten umfassenden, recht umfangreichen Werk, sehr überzeugend und packend psychologische Abgründe. Dabei schreiben sie größtenteils im Präsens, nur der Teil, als Bark auf die Therapiezeit vor 10 Jahren zurückblickt, ist in der Vergangenheit verfasst. Das Buch lässt sich sehr flüssig hintereinander weg lesen und an keiner Stelle kommt Langeweile auf. Die zu Anfang geschilderten Morde in der Familie Ek werden schnell aufgedeckt und der Täter dem Leser präsentiert.

Dann kommt die Geschichte so richtig in Fahrt. Es entstehen mehrere Handlungsebenen durch getrennt und wieder aufeinander zu arbeitende Akteure in einem Zeitabschnitt von wenigen Tagen. Der Leser blickt auf das Geschehen, das einmal aus Sicht Barks, dann Linnas, Barks Frau Simone und auch aus der Sicht deren Vaters Kennet erzählt wird. Der dazwischen geschobene, sich auf ganze 140 Seiten ausweitende Bereich der Schilderung der Erlebnisse Barks rund um die Hypnosegruppe vor 10 Jahren hat mich tatsächlich am meisten gefesselt und auch die dann sich anschließenden Schlussfolgerungen und Erkenntnisse für die Gegenwart faszinierten. Allerdings empfand ich den dann folgenden Teil des Buches auch als der schwächste. Hier wirkte vieles konstruiert und schwer nachvollziehbar. Die geschilderte Brutaliät der Morde und das abartige Verhalten auf gleich zwei verschiedenen Ebenen war mir des Guten zuviel.
 

Figuren
Es gibt in diesem Buch gleich mehrere Hauptakteure. An erster Stelle steht natürlich der Hypnotiseur Erik Maria Bark, der sein vor 10 Jahren gegebenes Versprechen bricht, nicht mehr zu hypnotisieren und der von inneren Kämpfen und Schuldvorwürfen getrieben, verzweifelt um das Überleben seines Sohnes kämpft. Seine Vorgehensweise als Hypnotiseur, seine Feinfühligkeit, seine Empathie faszinieren. Aber auch er hat Fehler und Schwächen, hat seine Frau vor 10 Jahren fast betrogen und muss gegen seine Medikamentenabhängigkeit kämpfen. Dies macht ihn aber um so menschlicher und glaubhafter.

Die zweite Hauptfigur spielt der Kommissar Joona Linna, der sehr menschlich und sympathisch wirkt, nie sein Ziel aus den Augen verliert und auch gegen alle Widerstände sich durchkämpft.

Simone, Barks Frau, wirkt hingegen sehr labil und in ihren Reaktionen überzogen. Sie steht nicht wirklich zu ihrem Mann, als dieser von der Presse erneut ins Visier genommen wird, als seine Hypnose an dem schwerverletzten Jungen bekannt wird. Auch traut sie ihm nicht, verdächtigt ihn ungerechtfertigt eines erneuten Seitensprungs – den sie dann aber selbst vollführt – und wirft ihm seine Medikamentenabhängigkeit vor, statt ihn zu unterstützen.

Die Mitglieder der Hypnosegruppe, ihre sehr spezifischen und recht auffälligen Charaktere, ihre psychologisch faszinierenden Hintergründe sind zunächst sehr beeindruckend und auch tiefgründig beschrieben. Die traumatischen Erlebnisse, die in den Hypnosesitzungen langsam zu Tage kommen und die Heranführung in der Hypnose an diese im Unterbewussten liegenden Geschehnisse sind wirklich faszinierend beschrieben. Welch krankhaftes, psychopathisches Handeln sich dann aber  aus dem Therapieabbruch ergibt, lässt sich nur noch schwer nachvollziehen. Hier entgleiten die Figuren und wirken völlig überzogen und unrealistisch.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch hat ein passendes Cover. Es zeigt den Ausschnitt eines Gesichtes, ein Auge, dessen Pupille auf sonst grauem Hintergrund hell leuchtet und mit seinem Blick den Betrachter zu durchbohren scheint. Die Kapitel sind in Vor-, Nachmittag oder Abend der Ermittlungstage unterteilt, oftmals, entsprechend den parallellaufenden Handlungssträngen, auch doppelt besetzt. Nur der Teil des Rückblickes ist nicht mit Überschriften versehen.


Fazit

Ein Buch, das mich zweigeteilt zurücklässt: Es hat große Stärken, faszinierende Inhalte, dann aber auch überzogene und weniger nachvollziehbare Abschnitte, vor allem im letzten Teil. Es ist sicherlich wert, gelesen zu werden, aber ich hätte mir eine andere Auflösung am Ende gewünscht.
  

3 5 Sterne


Hinweise

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