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Kaum tritt Gerhard Weinzirl seinen Dienst im Oberbayrischen an, ist er auch schon mit einer Mordserie konfrontiert. Alle Opfer waren einst Schüler der Schnitzschule von Oberammergau. Aber was genau bedeuten die geschnitzten Tiere, die bei den drei Leichen gefunden wurden? Und was soll Weinzirl von ‚Frau Kassandra’ halten, die überzeugt ist, dass die Morde in den mystischen Raunächten regelrecht inszeniert wurden?

 

 

Autor: Nicola Förg
Verlag: Goldmann
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-442-47014-3
Seitenzahl: 284 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Gerhard Weinzirl beschließt, das Angebot in Weilheim die Leitung der Kriminalpolizei zu übernehmen, anzunehmen, vergisst dabei aber seine quasi Partnerin Jo darüber zu informieren. Die Trennung der beiden scheint unausweichlich, doch Gerhard bekommt an seiner neuen Wirkungsstätte keine Zeit, darüber nachzudenken. Noch bevor er sich auf dem Revier vorstellen kann, wird er von seinem Vorgänger Baier zu einem Tatort gerufen. Im Eibenwald wurde ein Toter in einem alten Baum sitzend gefunden. Für Frau Kassandra, die den Mann entdeckt hat, sieht alles nach einem Ritualmord aus. Doch bis auf die Tatsache, dass er nach seinem Tod, der durch Herzstillstand - also eine natürliche Ursache – eintrat, bewegt wurde und ihm jemand die Augen geschlossen hatte, weist nichts auf einen Mord hin. Für Weinzirl ein verrückter Einstand, denn bevor er sich wirklich einleben kann, halten ihn zwei weitere Tote auf Trab. Diesmal sind es aber wirkliche Morde und wie beim ersten scheinen sie inszeniert zu sein. Frau Kassandra, die im wirklichen Leben Anastasia Tafertshofer heißt, bringt ihn auf die Spur der Kelten und ganz nebenbei erleichtert sie Gerhard durch ihre Zuneigung sein neues Leben. Durch seine ehemalige Kollegin Evi erfährt er, dass es zwischen den Opfern schon von Kindheit an eine Verbindung gab und dass es noch einen Vierten im Bunde gibt oder gegeben hat, denn er ist spurlos verschwunden. Es beginnt eine Jagd nach dem Vermissten, die am Ende eine für alle gefährliche Wendung nimmt.


Stil und Sprache
Nicola Förg hatte mich mit ihren ersten drei Büchern um Gerhard Weinzirl und Johanna Kennerknecht überzeugt und es war eine wahre Freude, die Kriminalfälle zu lesen. Umso überraschter war ich, als ich am Anfang des Buches miterleben durfte, wie Gerhard Weinzirl sich erneut mit seiner Jo entzweit und die Flucht nach vorn, in Form eines neuen Arbeitsplatzes antritt. Dies bedeutet primär, der anstehende Roman würde ohne die erfrischende und zum Chaotischen neigende Jo stattfinden. Und so sind die ersten Seiten auch eher träge, schleppend und wenig erfreulich. Doch die Autorin sollte mich eines besseren belehren. Die Story nimmt im Verlaufe der Geschichte kräftig an Fahrt auf und viele neue Charaktere bringen die nötige Tiefe, die durch den quasi Wegfall - eine Nebenrolle spielt Jo dann doch noch - anfänglich fehlt. Warum der Start eher langweilig daher kommt, bleibt mir erstmal ein Rätsel, denn eine neue Arbeitsstätte hat doch immer etwas mit Neubeginn, Freude, Überraschung und Aufregung zu tun. Hier jedoch wirkt dies einfach nur trist und bedrückend. Vielleicht liegt es ja an den Begleitumständen der Trennung von Jo.

Nichts desto trotz schafft die Autorin nach kurzer Zeit den Wandel, was mich in der Meinung bestärkt, dass die anfängliche Stimmung gewollt und beabsichtigt ist. Wie gewohnt malt sie dem Leser ein Bild ihrer Orte und Szenen, das durch detailreiche und liebevolle Beschreibungen ausgeschmückt und verfeinert wird. Der Leser kann sich somit leicht in die entsprechende Gegend hineindenken und fühlt diese nicht zuletzt durch die Hintergründe der Tat bedrückende, beklemmende Stimmung, die noch durch die feucht kalte Jahreszeit verstärkt wird. Nicola Förg schafft es auch zu vermitteln, dass die eigentlichen Gewalttaten zur Nebensache werden. Durch die fesselnde Hintergrundgeschichte aus den Nachkriegsjahren, die sich um die Morde und den Verdächtigen rankt, die aber immer nur häppchenweise präsentiert wird, sorgt sie für entsprechende Spannung und den Drang weiter zu Lesen. Ganz klar kein schwarz-weißer Einheitsbrei, sondern eine Geschichte mit Gefühl, Witz und Spannung.


Figuren
Wie bereits beschrieben, war mein anfänglicher Schock groß. Johanna Kennerknecht, Jo, die die bisherigen Kriminalfälle dominiert hatte, spielt nun keine Rolle mehr. Ihr Kommissar und endlich Liebhaber Gerhard Weinzirl bekommt einen Flattermann was sein Leben und seine Beziehung angeht und tritt die Flucht nach vorn an. Er entscheidet sich für eine neue Arbeitsstelle in Weilheim und das ohne vorher auch nur ansatzweise mit seiner Jo gesprochen zu haben. Das war’s für die noch so junge alte Beziehung. Damit bekommt Gerhard, der bisher nur die zweite Geige war, die Hauptrolle zugewiesen. Die düstere Zeit um den Jahreswechsel findet der Leser auch in den Stimmungen der Beteiligten wieder. Doch nicht lange und eine Reihe von Morden sowie die in deren Folge stattfindenden Bekanntschaften lockern Gerhards Stimmung etwas auf. Er hat wieder ein Ziel, das nicht zuletzt durch Frau Kassandra oder bürgerlich Anastasia Tafertshofer entsprechend versüßt wird. Kaum ist Jo aus den Augen, verfällt er der taffen Esotherikerin, die ihm nicht nur bei seinem Fall, sondern auch in körperlichen Belangen hilft.

Sein Kollege Baier, dessen Position er übernehmen soll, ist dagegen eher verschlossen und kurz angebunden. Der Sohn einer Bergarbeiterfamilie hat vom Leben gelernt und lässt sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen. Der Täter, der lange im Dunkeln bleibt und erst durch Zufälle und die Hilfe von Kassandra und Gerhards ehemaliger Kollegin Evi auf der Bildfläche erscheint, ist ebenso wie Baier vom Leben geprägt. Jedoch auf andere Weise, er ist jemand der schon in seiner Kindheit die Schuld auf sich genommen hat und das obwohl er nie der Schuldige war. Von allen gemieden, hat sich ein unbändiger Hass in ihm aufgestaut, der sich durch eine kleine unbedeutende Inizialzündung Jahrzehnte später entlädt. Bei solchen Schicksalen kommt einem eine Gänsehaut. Kurz gesagt findet der Leser wunderschöne und abwechslungsreich gezeichnete Figuren, bei denen für jeden etwas dabei ist.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuchcover ist in freundlichen, hellen Farben gestaltet und zeigt einen sogenannten ‚Herrgottswinkel’ in einer bäuerlichen Stube. Die lila Borte setzt sich farblich im Titel fort. Auch im vierten Teil bleibt man dem eingeschlagenen Weg treu, was dem Wiedererkennungswert der Reihe nicht abträglich ist. Auch im Regal machen die Bücher eine gute Figur.


Fazit
Weinzirl geht in die 4. Runde und bekommt quasi die Hauptrolle in einem spannungsreichen und ebenso witzigen Krimi. Jo, Johanna Kennerknecht, Weinzirls Partnerin aus den ersten 3 Teilen findet würdigen Ersatz und wird nur am Anfang wirklich vermisst.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Fall 1: Schussfahrt
Fall 2: Funkensonntag
Fall 3: Kuhhandel

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