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„So verbrachte das Kind Stunden auf den Knien seines Vaters, während der die ersten Kapitel seines Buches >Der Krieg der Augen< schrieb. Ein Außenstehender hätte angesichts der Wunderlichkeit dieser Monologe lächeln müssen. Aber Sarah schien von den Theorien ihres Vaters fasziniert.“

Winter 1831. Nach dem Tod seiner Eltern und der Erkenntnis, dass seine Ehe gescheitert ist, bleiben Hugo Sambre nur die Liebe und das Vertrauen seiner Tochter Sarah. Seine Idee vom >Krieg der Augen< und davon, dass der wie ein Fluch auf seiner Familie lastet, wird fast zur Besessenheit. Er reist nach Paris, um weiter nach dem wissenschaftlichen Beweis seiner Idee zu suchen. Aber wem kann er trauen? Iris, der Schauspielerin mit den roten Augen, die seiner Meinung nach diesen Krieg in sich trägt? Seinem Sekretär, der ungeniert sein Konto plündert? Seinem Diener, der immer alles weiß, obwohl er nie an etwas beteiligt zu sein scheint? Schließlich fragt man sich sogar, ob man Hugo trauen kann oder ob der bereits den Verstand verloren hat.

Mit dem düster-romantischen Historien-Drama Sambre hat Yslaire einen modernen Klassiker des europäischen Comics geschaffen. Mit diesem Album endet der Zyklus um die Geschichte der ersten Generation derer von Sambre.

 

 

Originaltitel: La Guerre des Sambres - Hugo & Iris 3
Autor: Yslaire
Übersetzer: Marcel Le Comte, Harald Sachse
Illustration: Jean Bastide, Vincent Mezil
Verlag: Carlsen Comics
Erschienen: Februar 2011
ISBN: 978-3-551-78273-1
Seitenzahl: 62 Seiten
Altersgruppe: ab 15-16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Der inhaltliche Verlauf des 3. Bandes ähnelt dem vorherigen auf verblüffende Weise. In der ersten Szene ist es diesmal Blanche (in Band 2 war es Hugo), die in Begleitung ihres etwa gleichaltrigen Neffen Alfred Dessang in das düstere, schweigsame Haus der Sambres zurückkehrt. Hugos Eltern sind nun beide tot und die Mauer zu Blanche wird dicker und dicker, nicht zuletzt, weil diese als Retourkutsche zu seinem Verhältnis mit Iris direkt vor seinen Augen eine Affäre mit Alfred beginnt. Eine Annäherung zwischen den Eheleuten scheint aussichtloser denn je und so flüchtet Hugo – den winterlichen Schneestürmen zum Trotz – zum wiederholten Mal nach Paris. Doch dort angekommen, stehen die Dinge für ihn nicht zum Besten. Wem kann er überhaupt noch trauen? Spielen denn wirklich alle falsch, denen er einst vertraute, sogar Iris?

Ich muss zugeben, die allzu offensichtlichen Parallelen zwischen den Bänden 2 und 3 enttäuschen mich. Der Band bringt den Zyklus um Hugo & Iris stimmig zum Abschluss, doch wirklich neue Ideen kann er keine bieten. Da hatte ich mir von Yslaire schon etwas mehr erhofft, dennoch ist der Band natürlich unverzichtbar für alle Fans der Serie. Unheimlich gefreut hat mich dagegen die Ankündigung weiterer Zyklen zum Ausbau des Sambre-Universums. Zum einen wird man in der Zeit noch weiter zurückgehen und frühere Generationen vor Hugo Sambre ausgraben, zum anderen die Geschichte von Hugos Enkel Bernard-Marie (nach Band 5 - Verflucht sei die Frucht ihres Leibes) fortführen. 


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Auch der dritte und letzte Band des Zyklus um Hugo & Iris lebt wieder von seinen stimmungsvollen Bildern und der äußerst dichten Atmosphäre. Sämtliche Szenen werden von der Jahreszeit des Winters beherrscht. Es sind keine Bilder mit einem eisblauen Himmel und in der Sonne glitzerndem Schnee, die einen erwarten, was auch überhaupt nicht zur bedrückenden Stimmung des Plots passen würde. Überhaupt sieht man im gesamten Band kein einziges Mal die Sonne. Das trübe Licht ist drinnen wie draußen stets gebrochen und die kalte Winterluft nicht klar, sondern feucht und dunstig, so dass die Geschehnisse immer nur durch einen verklärten, verschleierten Blick wahrgenommen werden können.

Im Kontrast dazu stehen die gestochen scharfen Linien der Zeichnungen. Die verwischten, weichen Farbverläufe nehmen dem mit feiner Feder gezeichneten Untergrund absolut nichts von seiner Klarheit, jedes einzelne Detail bleibt bis in die tiefsten Hintergründe gut erkennbar. Diesbezüglich gab man sich noch mehr Mühe als im Vorband, denn obwohl sich die Verhältnisse der Bände 2 und 3 sowohl inhaltlich als auch in der Kolorierung (bedingt durch die kalte Jahreszeit) sehr stark ähneln, kann man doch in den Nuancen Unterschiede feststellen, so zum Beispiel bei den Gesichtern: War auf ihnen zuletzt noch eine gesunde und natürliche Bräunung zu erkennen, wirken sie diesmal aschfahl, d.h. grau und gespenstisch, fast schon maskenhaft. Dadurch treten die glänzenden, mit Lackfarbe penibel bearbeiteten Augen der Protagonisten noch wirkungsvoller und kontrastreicher hervor als bisher.

Die Erotik tritt diesmal auch wieder etwas mehr in den Vordergrund. Iris‘ wohl proportionierter und mit weichen Kurven ausgestatteter Körper ist eine wahre Augenweide. Im vielleicht stärksten Part des Bandes (S. 28-32) ahmt sie – ganz die verführerische Sirene und Schauspielerin, der die gesamte Pariser Männerwelt zu Füßen liegt – vor Hugo die erotischen Posen der Wandgemälde ihres Schlafgemachs nach. Dies soll jedoch nur das Vorspiel sein auf eine von rohen, animalischen Leidenschaften getragene Sexszene, die sich passenderweise mitten im Affengehege des Botanischen Gartens abspielt vor den glühenden Blicken der Schimpansen. Insgesamt bleiben aber alle Nackt- und Erotikstrecken subtil und schön anzusehen.

Bei den Panels und den Textdarstellungen lehnt man sich vollkommen an die Vorbände an. Die feingeschwungene, geschnörkelte Kursivschrift des Erzähltextes außerhalb der Bilder trägt auch hier wieder unterstützend zum dichten Stimmungsbild der Szenen bei.


Aufmachung des Comics
An den rotbraun eingefärbten Umschlagdeckeln mit den kleinen ovalen Portraits von Hugo & Iris werden alle Sambre-Fans ihre Serie sofort wiedererkennen. Die gesamte Aufmachung ist unverändert hochwertig und unterscheidet sich lediglich durch das vierseitige Nachwort von den zwei Vorgängern. Darin werden herausragende Sambre Geschlechter – bekannte und (noch) unbekannte, beginnend zur Zeit der Kreuzzüge um 1000 n.Chr. – zusammenfassend unter einen Hut gebracht. Kein Wunder, wenn da Spekulationen über eine größere Anzahl neuer Zyklen, als die zwei angekündigten aufkommen.


Fazit
Inhaltlich schwächelt der Abschlussband um Hugo & Iris, zu sehr ähnelt er in den Grundzügen seinem Vorgänger, graphisch dagegen mit seinen bestechend schönen Zeichnungen und der dichten Atmosphäre ist er absolut herausragend (Plot: 2 Sterne / Illustration: 5 Sterne).
Insgesamt betrachtet stellt Yslaires düstere Familiensaga einen Meilenstein der franko-belgischen Comickultur dar, den sich kein Fan entgehen lassen sollte. Darüber hinaus darf man sich auf weitere bereits angekündigte Bände bzw. Zyklen freuen!

3 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Der Krieg der Sambres - Zyklus Hugo & Iris:
- Band 1
- Band 2

Sambre - 1. Zyklus:
Sammelband 1-4: Der Krieg der Augen

Sambre - 2. Zyklus:
Band 5: Verflucht sei die Frucht ihres Leibes!

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