Love & Confusion!
Obwohl Ryusei mit den Kräften eines Kotodama ausgestattet ist, hat er sie bisher nur ein einziges Mal genutzt. Sein Kamisama Moriya kann ihn selbst durch innige Berührungen nicht dazu überreden, seine Verletzungen heilen zu lassen. Was steckt nur hinter seinem seltsamen Verhalten? Die schreckliche Wahrheit verbirgt sich in der Vergangenheit …
Originaltitel: ZE Vol. 5 |
Die Grundidee der Handlung
In Band 5 beginnt die Geschichte um Ryusei & Moriya, die wir bereits im Vorband kurz kennenlernen durften als sie zur „Wartung“ erschienen, von Waki aber unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt wurden, weil Kotohas Wutausbruch das Mito Anwesen fast dem Erdboden gleich machte. Auf mehreren Zeitebenen und aus wechselnden Perspektiven erzählt mal Moriya und mal Ryusei ihre Geschichte, wodurch diese nicht nur zeichnerisch, sondern auch inhaltlich interessant und anspruchsvoll dargebracht wird. Zusätzlich verhelfen die zwei Sichtweisen zu einer abgerundeten Charakterisierung der beiden im Wesen total gegensätzlichen Hauptpersonen. Von den anderen ZE-Figuren sieht man diesmal lediglich Genma Yashiro und Himi, weil Ryusei in Genmas Immobilienunternehmen angestellt ist.
Da der Kami Moriya gerade keinen Herrn (Kotodama) hat, soll er nach den Gesetzen des ZE-Fantasy-Hintergrundes solange zu Hakushi – dem Ursprungszustand alles Kamis – werden, bis man seine Dienste irgendwann wieder benötigt. Als sich der widerspenstige Moriya dagegen auflehnt, stellt Waki ihm folgendes Ultimatum: sollte er das schwarze Schaf der Mito Familie, den rebellischen Ryusei, dazu bringen, seine Kotodama-Kräfte einzusetzen und Moriya als seinen persönlichen Kami zu akzeptieren, dann darf Moriya weiter „existieren“. Eine schwierige Ausgangssituation, die beim Leser hohe Erwartungen an die Handlung weckt. Nach und nach erhält man dann Hinweise für Ryuseis Standhaftigkeit, aber die ganzen Hintergründe offenbaren sich natürlich nicht, um die Spannung auf den nächsten Band aufrechtzuerhalten, genauso ist Moriya am Ende des Bandes noch weit davon entfernt, Ryuseis Ansichten darüber ins Wanken zu bringen, geschweige denn sie zu ändern.
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die speziellen Charakteristiken dieses Bandes sind mehrere Zeitebenen, ein fast vollständig neuer Personenkreis und urbanes Setting. All das wird durch Yuki Shimizus brillantes Artwork so lebendig, realistisch und stimmungsvoll dargebracht, dass man beim Lesen regelrecht hinein gesaugt wird in die Geschichte. Hier bleibt man nicht externer, neutraler Beobachter, sondern ist mitfühlender Teilhaber hautnah am Geschehen.
In der Gegenwart dürften die Hauptpersonen Ryusei und Moriya in etwa gleichaltrig sein, wenngleich Moriya in Anzug und Krawatte und seiner distanzierten beherrschten Art ein wenig älter wirkt als Ryusei, den man nur in sportlich-legerer Kleidung sieht, die sein jugendlich rebellisches Wesen vorteilhaft unterstreicht. Da die Handlung auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelt ist, lässt sich Ryuseis körperliche und charakterliche Entwicklung mit den Jahren sehr gut anhand der Zeichnungen nachvollziehen. Schon als kleiner Junge, die Augen und den Mund weit aufgerissen, setzte er sich äußerst schlag- und wortkräftig für die Menschen ein, die ihm nahestehen. Besonders bei Toma, der Schwester seines bestens Freundes spielte er gerne den Ritter – und das hat sich bis heute nicht geändert. Seine Beschützer-Rolle wird gerne mit der eines Liebhabers verwechselt, doch Toma ist für ihn wie eine Schwester. Übrigens, auch Genmas sich mit den Jahren veränderndes Äußeres, das man schon aus den Bänden 3 und 4 kennt, trägt erleichternd dazu bei, die Zeitebenen zu trennen.
Absolut erstaunlich finde ich, wie gut sich Yuki Shimizu darauf versteht, weibliche Figuren zu zeichnen. Das stach mir schon in den Bänden 3 und 4 bei Genmas Assistentin angenehm ins Auge. Viele Mangakas des Boyslove-Genres zeichnen ihre weiblichen Protagonisten - vor allem deren Gesichtszüge - genauso wie die männlichen, nur eben mit langen Haaren und Brüsten. Doch Yuki Shimizu bedient sich eines sehr breiten Spektrums, um den großen Personenkreis an Haupt- und Nebencharakteren in ZE immer realistisch und zur Rolle passend zu präsentieren. Speziell in dieser Geschichte spielt sie sogar mit der Vereinigung beider Geschlechter in einer Person bei einer Transsexuellen, ähnlich – und doch wieder ganz anders – wie bei der androgynen, lesbischen Oka.
Einen wesentlichen Beitrag zur Übermittlung der passenden Stimmungen leisten hier die detaillierten realistischen Hintergründe. Gestochen scharf sieht man Hochhaussilhouetten und -schluchten, bepflastert mit riesigen Reklameschildern oder bizarr in den dunklen Nachthimmel aufragendes, skelettartiges Gestänge auf einer von Genmas Baustellen, was den Szenen die kalte, abweisende und anonyme Verlorenheit anhaften lässt, wie sie für Millionenstädte typisch ist.
Sehr einfallsreich, ästhetisch schön und unheimlich atmosphärisch empfand ich auch die Gestaltung der Seiten mit reinem Erzähltext, die in diesem Band häufiger auftreten als sonst. Dafür spielt der Sex diesmal keine nennenswerte Rolle. Ryusei ist ein-, zweimal mit einer Frau zu sehen und im Extrakapital wird Genma und Himi wieder eine Erotikstrecke zugestanden, doch alles in allem fällt dies kaum ins Gewicht. Dieser Band steckt voller packend erzählter Handlung und steht damit im angenehmen Kontrast zum letzten, für mein Empfinden zu sexbetonten 4. Band. Dennoch hatte ich nie den Eindruck, mit Text erschlagen zu werden. Hier wird alles im richtigen und damit ausgewogenen Verhältnis dargebracht, so dass sich der Manga sehr flüssig liest.
Aufmachung des Manga
In Format und Aufmachung reiht sich auch dieser Band in die Serie ein. Deutlich geschrumpft ist die einleitende Charakterübersicht, beschränkt sie sich diesmal nur auf die in diesem Band auftretenden Personen Ryusei, Moriya, Genma und Himi, was ich aber durchaus für sinnvoll erachte. Wie schon erwähnt, gibt es im Anschluss an die regulären Kapitel ein kurzes Extrakapitel mit Genma & Himi, gefolgt vom Nachwort der Autorin, das auch eine halbseitige Zeichnung von Ryusei enthält.
Das Cover zeigt natürlich die Hauptpersonen aus Band 5: Ryusei und Moriya. Farblich schön ausgewogen, ist es recht ansprechend ausgefallen. Das weinrote kalligraphische ZE-Logo sorgt für den nötigen Wiedererkennungseffekt der Serie. Die grau gehaltene Rückseite ist – wie bei den Vorbänden auch – viergeteilt. Links oben befinden sich Inhaltsangabe und Genre-Bezeichnung (Boys Love), die rechte obere und die linke untere Ecke ist farbig illustriert, der Teil rechts unten bleibt leer.
Fazit
Dieser neue Handlungsstrang um Ryusei und Moriya verspricht ein erster Serienhöhepunkt zu werden. Der Schluss lässt noch vieles offen, so dass ich der Fortsetzung in Band 6 schon erwartungsvoll entgegenfiebere. 5 Sterne sind hier wirklich angemessen!
Hinweise
Diesen Manga kaufen bei: amazon.de
Backlist:
- Band 1
- Band 2
- Band 3
- Band 4
Tipp:
Dieser Band bietet die letzte Gelegenheit zum Quereinsteigen, denn die anfangs im Plot eingebauten, zusammenfassenden Erklärungen des komplizierten Fantasy-Hintergrundes und die Konzentration auf wenige Personen machen es Neulingen relativ einfach. Doch spätestens vor Kauf von Band 7, in dem es um bereits früher eingeführte Figuren gehen wird, sollte man die ganze Serie gelesen haben.