Smaller Default Larger

Alte Geheimnisse und mysteriöser Volksglaube – ein Psychokrimi, der unter die Haut geht

Ein 500-Seelen-Dorf im Schwarzwald. Das pure Idyll, so scheint es. Doch dann liegt in der Rabenschlucht eine tote Schwangere. Nach zehn Jahren war die Frau gerade erst in ihre Heimat zurückgekehrt. Hauptkommissar Ehrlinspiel nimmt die Ermittlungen auf – und stößt auf mehr als ein düsteres Dorfgeheimnis. Und auf eine zweite Leiche …

 

 

Autor: Petra Busch
Verlag: Knaur
Erschienen: 09/2010
ISBN: 978-3426505571
Seitenzahl: 448 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Alles beginnt mit der Journalistin Hanna Brock, die auf Recherche-Tour für einen Wanderführer die Rabenschlucht erkundet. Sie findet die Leiche einer jungen Frau, erschlagen und auf ein Mooskissen gebettet. Die aus Freiburg herbeigerufene Kripo in Gestalt von Moritz Ehrlinspiel nimmt die Ermittlungen auf und stößt schnell auf die Familie der Toten, von der diese sich vor zehn Jahren abgewandt hatte. Nun war sie zum 60. Geburtstag ihres Vaters zurückgekehrt, aber offenbar war ihre Anwesenheit im Dorf nicht gern gesehen. Moritz Ehrlinspiel stößt auf eine Mauer des Schweigens und schafft es nur mit Hilfe der sensiblen Hanna Brock, wenigstens einige der Dorfbewohner zum Reden zu bringen. Dennoch stochert er lange im Trüben und als es eine zweite Leiche gibt, spitzt sich die Lage zu …

Zugegeben, die Idee eines eingeschworenen Dorfes mit alten Geheimnissen, die es um jeden Preis zu bewahren gilt, ist nicht neu. Zunächst glaubt man auch, das alles irgendwie schon einmal gelesen zu haben. Aber dann entwickelt sich doch alles etwas anders und ergibt eine komplexe, von Aberglauben, Prüderie, Missgunst und Eifersucht geprägte Geschichte, die so geschickt aufgezogen ist, dass man das Buch kaum zur Seite legen kann.


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog, der zehn Jahre vor der eigentlichen Handlung spielt und aus Sicht eines Unbekannten erzählt wird, wechseln sich die Perspektiven von Kommissar Ehrlinspiel und Hanna Brock immer wieder ab, wobei der Kommissar den deutlich größeren Anteil hat. Einzelne Kapitel werden außerdem aus Sicht des autistischen Sohnes der Familie der Ermordeten erzählt, was dem Leser einen umfassenden Einblick in dessen gänzlich andere Wahrnehmung des Geschehens ermöglicht. Ein kluger Kniff, der die Spannung lange aufbaut und bis zum Ende hält, ist dieser Sohn doch für die Dorfbewohner sofort der einzige Verdächtige.

Auch die Details, warum Hanna Brock überhaupt im Dorf auftaucht, bleiben lange im Dunkeln, ebenso wie ein paar Einzelheiten aus der Vergangenheit des Kommissars. Zusammen mit der ausgesprochen wahrhaftigen Atmosphäre, die die Autorin in ihrem ersten Roman aufbaut, ergibt sich eine äußerst spannende, abwechslungsreiche und manchmal auch humorvolle Geschichte. So kann man die feuchte Novemberkälte fast spüren, in der Hanna durch den Wald wandert, kann den muffigen Geruch der Dorfkneipe riechen und weiß genau, wie es aussieht, wenn der etwas schmuddelige Wirt sich über den Tisch beugt und das Essen der Tageskarte vor den Kommissar hinstellt. So detailliert Petra Busch beschreibt, so akribisch sie offenbar beobachtet hat, es wird trotzdem nie langweilig. Frische Bilder, unverbrauchte Vergleiche, das macht Spaß und nach einem spektakulären, aber nicht unglaubwürdigen Ende richtig Lust auf mehr von Kommissar Ehrlinspiel.


Figuren
Kommissar Moritz Ehrlinspiel ist etwas anders als die sonst oft auftretenden „einsamen Wölfe“ unter den Ermittlern: Zwar ist er Single, aber lebt einigermaßen zufrieden mit seinen zwei Katzen zusammen in einer netten Wohnung statt in einer heruntergekommenen Bude. Er liebt gutes Essen, fotografiert leidenschaftlich gern und kocht seinen Katzen wahre Gourmet-Menüs. Letzteres führt oft zum Spott seiner Kollegen, aber er nimmt es gelassen und mit Humor, wie vieles andere auch. Sehr sensibel gezeichnet, kann man sich wunderbar in ihn einfühlen, wie er sich widerwillig von Hanna Brock beeindrucken lässt, zwischen Wut über ihre ständige Einmischung und Bewunderung für ihr Einfühlungsvermögen schwankt. Dieser Mann hat eindeutig Potential für mehr als eine Fortsetzung.
Das gilt auch für Hanna Brock, deren Hintergründe erst häppchenweise enthüllt, ihre Motive nur nach und nach offenbart werden. Sie ist einerseits Journalistin mit Leib und Seele, neugierig und skrupellos, andererseits sensibel für die Stimmungen anderer Menschen, mitleidig und mitfühlend. Sie entwickelt sich im Laufe der Handlung immer mehr in die menschliche Richtung, was ihr nur gut tut.

Eine weitere wichtige Rolle spielt Bruno, der autistische Bruder der ermordeten Frau. Seine so ganz andere Wahrnehmung ist überaus einfühlsam und echt beschrieben, so dass man ihn als Leser ein Stück weit verstehen kann, ein Teil seines Charakters aber trotzdem im Verborgenen bleibt. Außer ihm gibt es noch viele weitere Familienangehörige und Dorfbewohner, die mehr oder weniger wichtige Rollen spielen. Sie alle sind mit Blick für das Wesentliche beschrieben und lassen im Kopf des Lesers Bilder von ihnen entstehen. Die Liebe zum Detail, mit der diese Dorfgemeinschaft erdacht ist, macht einen großen Teil der Faszination dieses Krimis aus und lässt einen auch nach dem Zuklappen des Buches noch bei der Geschichte verweilen.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist sehr düster und passend zum Inhalt aufgemacht, der Hintergrund des Covers besteht aus einem knittrigen Papier, auf das mit Kohlestift die Worte „Schweig still, mein Kind“ geschrieben sind. Davor sieht man einen Raben, der auf einem Holzbalken sitzt und den Schnabel zum Krächzen geöffnet hat. Innen gibt es eine kurzen Prolog, 39 zum Teil mit Datum überschriebene Kapitel sowie einen Epilog, der sieben Monate nach der Handlung spielt.


Fazit
Was für ein Debüt! Eine hochspannende, unvorhersehbare Geschichte, viel düstere November-Atmosphäre und wunderbar lebendige, sympathische Figuren. Die perfekte Winter-Lektüre, unbedingt lesenswert!


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo