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Eine lange vergessene Schuld fordert ihren Tribut.

Eine Schachtel mit vergilbten Zeitungsausschnitten, ein Schrank mit unberührten Kindersachen, ein Schlafzimmer, das leer steht. Anwalt Joachim Vernau vertritt Margarethe Altenburg, die vor dem Landgereicht auf einen Mann geschossen hat. Ihr Haus wirkt verstörend auf Vernau. Wie gut kennt er die alte Dame wirklich? Da geschehen weitere Morde. Die Fäden laufen an einem Ort zusammen: im Landgericht. Dort scheint Justitia mehr als einmal versagt zu haben. Vernau steht plötzlich vor der Frage: Was ist Gerechtigkeit?

 

 

Autor: Elisabeth Herrmann
Verlag: List
Erschienen: 06/2010
ISBN: 978-3548607641
Seitenzahl: 416 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Und mal wieder ein Klappentext, der mehr verwirrt als alles andere … Hier nun eine Zusammenfassung, um was es wirklich geht: Joachim Vernau, genau wie seine Kanzleipartnerin chronisch pleite, soll den Obdachlosen Hans-Jörg Hellmer verteidigen. Aber schon vor dem Gericht treffen die beiden auf Margarethe Altenburg, die auf Hellmer schießt. Sie trifft jedoch nicht, Hellmer taucht unter und Margarethe Altenburg stirbt wenig später im Krankenhaus. Vernau, der auf ein lukratives Mandat gehofft hat, stöbert in Görlitz herum, wo die alte Dame gelebt hat. Als er in ihrer Vergangenheit herumwühlt und ihre tragische Lebensgeschichte erfährt, stößt er durch Zufall auf verschiedene Fälle, in denen Verursacher tödlicher Unfälle freigesprochen wurden oder mit Geldstrafen davonkamen. Und alle diese Täter sind inzwischen tot …

Was hinter diesen Fällen steckt, kann ich an dieser Stelle nicht verraten, allerdings war mir relativ schnell klar, worauf alles hinausläuft. Die Idee, auf die Elisabeth Herrmann ihren Fall aufgebaut hat, ist schon seit Agatha Christie nicht mehr neu, schade drum.


Stil und Sprache
Die beiden ersten Fälle für Joachim Vernau waren noch angenehme Lektüre, flott geschrieben und von gewisser Originalität. Doch dieser dritte Teil tritt deutlich auf der Stelle und fließt nach einem ganz ordentlichen Beginn relativ zäh vor sich hin. Viel zu viel Nebenhandlung, endlos lange Kapitel und eine durchschaubare Story sind die Zutaten für diesen Krimi, der so gerade eben Durchschnittsniveau erreicht. Hat mich zuvor noch der lebendige, mit viel Wortwitz ausgestattete Schreibstil gefesselt und mir über so manche Länge hinweggeholfen, so blitzt diese Originalität hier nur noch gelegentlich durch und kann eben nicht mehr viel herausreißen. Da nützt dann auch die Nähe zu Joachim Vernau, der aus der Ich-Perspektive erzählt, nichts mehr, und wenn er noch so detailliert auf seine Gefühle und Gedanken eingeht und alles versucht, um den Leser mit einzubeziehen.

Nach viel Hin und Her, stümperhaften Ermittlungen eines ewig nörgelnden Joachim Vernau und einem zunächst immerhin halbwegs stringenten Ende schafft es Elisabeth Herrmann dann zum guten Schluss noch, auch dieses durch eine völlig unpassende Wendung zu verderben. Offenbar hat sie ihren Vorrat an guten Ideen und spannenden Fällen schon in den beiden ersten Büchern aufgebraucht …


Figuren
War die Kanzlei von Joachim Vernau und Marie-Luise Hoffmann schon bisher keine Goldgrube, so scheint sie jetzt endgültig vor die Hunde zu gehen: Sie befindet sich in einem Haus, dass zum Abriss ansteht und ihre beiden „Bewohner“ haben sich auseinander gelebt. Joachim Vernau hat irgendwann versäumt, sich die richtigen Mandanten, sprich die mit Geld, an Land zu ziehen. Er träumt von einem besseren Leben, einem schicken Büro und zahlungskräftigen Mandanten. Als er dann doch einmal zu Geld kommt, spendet er dies (immerhin 10.000 €) sofort der Berliner Tafel. Und genau solche Kleinigkeiten sind es, die ihn als Charakter unglaubwürdig machen. Seine Märtyrerhaltung wirkt ausgesprochen übertrieben, alles ist einen Tick zu stark aufgetragen und so nervt er am Ende einfach nur noch. Er ist eben kein „Liebling Kreuzberg“, ihm fehlt dessen Charme, und wieso dieser Verlierertyp die umwerfend aussehende, erfolgreiche Staatsanwältin abbekommt, versteht nicht nur seine Kanzleipartnerin nicht.

Für Marie-Luise Hoffmann gilt genau das Gleiche wie für Joachim Vernau: alles ist zu viel, zu dick aufgetragen und wirkt plakativ und schablonenhaft. Obwohl Marie-Luise schon lange nicht mehr im Studentenalter ist, hat sie immer noch verschrobene Ideale, wie sie die Welt retten will, besetzt Häuser und verachtet alle, denen es finanziell besser geht als ihr. Wie jemand derart an der Realität vorbei leben kann, bleibt mir verborgen, und so wirkt Marie-Luise auf mich unglaubwürdig und nicht echt.

Diese allgemein überspitzte Charakterisierung trifft ebenso auf die Staatsanwältin Salome Noack (Was für ein Name!) zu sowie auf die übrigen Beteiligten. Dadurch entwickeln auch die Nebenfiguren keine Tiefe, sondern bleiben klischeehaft, austauschbar und damit nicht beim Leser haften. Das geht besser!


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist recht düster aufgemacht und zeigt einen nebligen Winterwald. Zwischen kahlen Bäumen steht eine Frau im roten Mantel mit dem Rücken zum Betrachter. Der Autorenname ist ebenfalls in Rot zentral gedruckt, der Titel darunter in Weiß. Innen gibt es nur sechs ausgesprochen lange Kapitel, die jeweils mit Zeit und Ort der Handlung sowie einem Wetterbericht überschreiben sind.


Fazit
Vom Charme der ersten beiden Bände ist nicht viel mehr übrig geblieben als ein durchschnittlicher, ziemlich bemüht wirkender und konstruierter Allerweltskrimi, der auf einer der ältesten Mordideen der Welt beruht. Da habe ich schon deutlich Besseres gelesen.


2 5 Sterne 


Hinweise

Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Das Kindermädchen
Band 2: Die 7. Stunde

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