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Die mir vorliegende Sonderausgabe verfügt über keinen Klappentext. Deshalb hier die Verlagsinformationen (Auszug):
- Leder-Sonderausgabe in einem Band (mit Anhängen und Register)
- Die bekannte Übersetzung von Margaret Carroux neu durchgesehen und in neuer Rechtschreibung.
- Dünndruckausgabe
- Prägung auf Rücken- und Vorderseite in Echtgoldfolie
- Die Auflage ist limitiert auf 7.777 Exemplare.

»Alles in allem die schönste und bisher perfekteste deutsche Ausgabe von J.R.R. Tolkiens Meisterwerk DER HERR DER RINGE.« Cirdan (www.herr-der-ringe-film.de, 20.10.2008)

 

Der Herr der Ringe  Originaltitel: The Lord of the Rings
Autor: J.R.R. Tolkien
Übersetzer: Margaret Carroux, E.-M. Von Freymann (Gedichte)
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: 25. Oktober 2008
ISBN: 978-3-608-93830-2
Seitenzahl: 1295 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der Inhalt ist schnell erzählt: Der Hobbit Frodo Beutlin übernimmt die Aufgabe, einen wertvollen, sehr mächtigen und sehr bösen Ring zu vernichten, indem er ihn dorthin zurückbringt, wo er erschaffen wurde - zum Schicksalsberg im Lande Mordor. Unterstützung erhält er von einigen Angehörigen der Freien Völker Mittelerdes, die sich als mehr oder weniger vertrauenswürdig erweisen. Der Erschaffer des Ringes, Sauron, schickt seine Schergen aus, den Ring zu finden, aber auch Gollum, der ihn einst besaß, und der Zauberer Saruman gieren danach. Der Eine Ring hat aber seinen eigenen Willen und möchte zu seinem Herrn zurückkehren. Wird es Sauron schaffen, den Ring wieder in seinen Besitz zubringen? Oder gelingt Frodo dessen Zerstörung?


Stil und Sprache
Eine Vorbemerkung: Der Roman wurde in 6 Bücher aufgeteilt, die in 3 Bänden veröffentlicht wurden. Es handelt sich aber trotzdem nicht um eine Trilogie, sondern um einen fortlaufenden Roman.

Sprache und Stil zu beschreiben fällt mir außerordentlich schwer, denn einen Tolkienschen Schreibstil gibt es so nicht. Er wechselt ihn ständig, spielt virtuos damit, passt ihn den Völkern an, die je nach Kapitel im Mittelpunkt stehen. Die Hobbits sind ein schlichtes, etwas naives Völkchen und dementsprechend ist sein Stil auch eher einfach und die Lieder, die er gerne in den Text einflicht, sind genauso – Trinklieder zumeist. Später ändert sich der Ton und wird gegen Ende des Romans, als die Geschichte dann in Gondor spielt, ziemlich pathetisch und fast bibelhaft, schließlich sind die Gondorianer ein sehr altes Volk mit einer ruhmreichen Vergangenheit.
Tolkien setzt Sprache sehr vielseitig ein, die bereits erwähnten Lieder dienen nicht nur der Beschreibung der Völker, sondern transportieren auch deren Mythologie und Historie. Für die Elben erfindet er sogar zwei Sprachen (Quenya und Sindarin), eines der langen Heldengedichte ist z.B. in Sindarin verfasst und unübersetzt veröffentlicht. Ganz elegant schafft der Autor damit eine zweite Ebene unter der erzählten Geschichte. Das von ihm geschaffene Mittelerde erscheint so nach und nach als realer Ort, unabhänig von den sehr anschaulichen landschaftlichen Schilderungen und den beigefügten Karten. Authentizität schafft der Autor auch durch die Behauptung, dass es sich bei dem  Herrn der Ringe (HdR) um eine Übertragung uralter Schriften (Das Rote Buch der Westmark) in unsere moderne Sprache handelt, gerade so als sei es eine historische Quelle. Der Autor kennt sich mit Sprachen und ihren Funktionen bestens aus, aber Kennerschaft bedeutet nicht gleichzeitig auch schriftstellerisches Können. Tolkien aber ist ein Meister in beidem.

Etwas verwirrend wird es, als sich durch eine „Katastrophe“ zwei Handlungsstränge ergeben, später sogar drei. Um den chronologischen Überblick zu behalten muss man sich am Wetter und der Mondphase orientieren. Wer das überliest oder sich mit Mondphasen nicht auskennt, wird die Gleichzeitigkeit mancher Ereignisse nicht wahrnehmen können. Außerdem sind die Passagen, in denen nur ein Handlungsstrang verfolgt wird, sehr lang; z.B. erzählt das ganze Vierte Buch nur von den Abenteuern einiger seiner Figuren.
Trotz dieser Schwierigkeiten leidet darunter nicht die Spannung, ganz im Gegenteil erhöht sie sich sogar. Durch die Konzentration auf einen Handlungsstrang über eine so lange Strecke gelingt es dem Leser wesentlich besser sich in die Figuren einzufühlen, als wenn der Autor ständig die Szene wechseln würde. Gerade im Vierten Buch gibt es sehr berührende Stellen und Dialoge.
Im Sechsten (letzten) Buch werden schließlich alle losen Fäden wieder zusammengeführt, das ist ziemlich viel Arbeit, aber wunderbar zu lesen. Das letzte Kapitel erfüllt die Funktion eines Epilogs und so findet die Geschichte einen würdigen Abschluss. Wer noch mehr wissen will, z.B. etwas zur Liebesgeschichte von Aragorn und Arwen erfahren möchte, der sei auf die Anhänge verwiesen, die auch sehr umfangreiches Material zu den erfundenen Sprachen enthalten.


Figuren
Wer den “Hobbit” gelesen hat, kennt auch die Völker Mittelerdes bereits, mit einer Ausnahme - den Ents ist man noch nicht begegnet. Für alle anderen seien sie hier noch einmal erwähnt: Menschen (Rohirrim, Gondorianer), Hobbits, Zwerge, Adler und Elben auf der Seite der “Guten”, Orks, der Balrog und Menschen (Haradrim, Ostlinge) auf Seiten der “Bösen”. Und nicht genug der Völker, es gibt auch noch drei Zauberer (Gandalf, Saruman und Radagast). Da es sich bei dem Roman um ein Ensemble-Stück handelt, gibt es keine eigentlichen Hauptpersonen, aber einige, die wichtiger als andere sind: Gollum, Frodo, Gandalf und Aragorn. Über allen und allem wacht natürlich das Auge Saurons, der seine Gestalt und Macht zurück erhalten möchte.

Im Wesentlichen handelt es sich bei den Figuren um Archetypen, die bestimmte Charaktereigenschaften oder Rollen repräsentieren, als da unter anderem wären der loyale Diener (Sam) oder der Antiheld (Frodo), der gute alte König (Theoden) oder die “Schildmaid” (Eowyn), fast ein wenig wie in Märchen. Außerdem arbeitet der Autor mit Gegensatzpaaren, z.B. die Herrscher von Rohan und Gondor. Auch wenn es wenige Frauen gibt, ist es doch erstaunlich wie sehr der Autor sich in z.B. Eowyn, die Nichte König Theodens, einfühlen kann. Und weiter erstaunlich, vor allem für die Entstehungszeit des HdR, übernimmt sie einen für die Handlung sehr wichtigen Part.
Obwohl es sich mehrheitlich um Archetypen handelt, die wenig bis gar keine Veränderung erfahren, sind alle Figuren bis hinein in die Nebenrollen gut ausgearbeitet. Auch die Bösen sind nicht nur einfach böse, sondern repräsentieren menschliche Eigenschaften, die an sich noch nicht "böse" sind, die aber durch die  Handlungen als "böse" zu bewerten sind. “Gut” gegen “Böse” riecht sehr nach Schwarz-Weiß-Malerei, stimmt aber nicht, denn so leicht macht es Tolkien seinen Lesern nicht. Auch auf Seiten der “Guten” gibt es ambivalente Charaktere. Selbst  Sauron war mal gut, ehe er sich von Morgoth auf die falsche Seite ziehen ließ. Und Gollum - was ist von ihm zu halten? Giert er doch nach dem Ring seit er ihn verloren hat. Aber er erinnert sich auch an Zeiten, als er noch Smeagol genannt wurde, und manche seiner Handlungen sind von der Sehnsucht nach dem Früher positiv beeinflusst. Aber auch er hat ein Schicksal, so wie alle Personen in diesem Roman, dem er nicht entfliehen kann.


Aufmachung des Buches
Die Aufmachung des Buches entspricht der Beschreibung des Roten Buches der Westmark im Roman selbst. Ein in weinrotes Leder gebundenes Buch, zusammen mit den Anhängen in einem stabilen roten Schuber aufbewahrt. Eine wirklich schöne Idee für diese limitierte Sonderausgabe. Aber dabei belässt es der Verlag nicht, der Luxus nimmt kein Ende – zwei Lesebändchen in Gold und Bordeaux, Fadenheftung, Bibelpapier, kupferfarbene Vorsatzblätter, Prägungen auf dem Buchrücken und der Vorderseite in Echtgoldfolie. Das gewählte Motiv hat Tolkien für die Erstausgabe selbst entworfen: Ein Ring, aber nicht der Ring, über einem Auge in einem Kreis, darum herum die Inschrift des Einen Ringes in elbischer Schrift kupferfarben geprägt. In einer Einstecktasche die zweifarbige Karte von Mittelerde.
Eine wunderschöne Ausstattung mit kleinen Fehlern. Die Prägungen auf der Vorderseite sind nicht akkurat zu nennen, der Kreis schließt nicht scharfkantig ab, sondern "verwischt" in den Innenraum mit dem Auge. Das Papier, mit dem der Schuber eingeschlagen ist, löste sich nach ca. 3 Monaten Liegezeit ohne Benutzung (!) ab. Wirklich ärgerlich ist aber, dass es nur eine Karte gibt. Da hat der Verlag am falschen Ende gespart. In anderen Ausgaben waren es derer immer drei: eine Übersichtskarte von Mittelerde, eine Karte des südlichen Teils mit Gondor und Mordor (beide zum herausnehmen) und in den Text eingefügt die Karte des Auenlandes. Bei dem Preis hätten die Karten schon dabei sein müssen.

Der Band enthält alle sechs Bücher sowie die sehr ausführlichen Anhänge mit Hinweisen Tolkiens zu den Sprachen, Sitten und Gebräuchen in Mittelerde, Ahnentafeln, Elbisches Alphabet, Zeittafel, Stammbäume der Hobbits, sogar der Auenland-Kalender wird erklärt. Mehrere Register zu Personen, Landschaften und Liedern runden das Buch ab.


Fazit
Dieser zeitlose Roman ist uneingeschränkt zu empfehlen - die besprochene Sonderausgabe wegen der aufgezeigten Mängel, die es angesichts des Preises nicht geben dürfte, aber nur Sammlern, die ihren HdR lieben.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch ist in der Form derzeit nicht erhältlich; andere einbändige Version kaufen bei: amazon.de

Wer die Bücher englischsprachiger Autoren bespricht, hat es in den allermeisten Fällen mit den Übersetzungen zu tun und die sind oft mehr oder weniger gelungen. Beim HdR gibt es deren gleich zwei (Carroux und Krege). Die von Margaret Carroux ist die ältere der beiden. Ende der 60er Jahre war es noch üblich, Personen- und Ortsnamen zu übersetzen, so dass z.B. aus Bilbo Baggins Bilbo Beutlin wurde, und dies sorgt heute manchmal bei neuen Lesern für Verwirrung. Letztlich sind die übersetzten Namen aber noch mit Tolkien abgestimmt, der übrigens gut Deutsch sprach. Und um die Verwirrung komplett zu machen hat Krege manche Namen neu übersetzt. Welche der Übersetzungen nun die bessere ist, wird in Fankreisen kontrovers diskutiert, da sollte sich jeder Leser selbst ein Bild machen. Ich ziehe die von Carroux vor.

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