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Kategorie: 1100 – 1250 Hochmittelalter (Gotik)

Es ist ein Privileg, als Sohn eines unfreien Lehnsherrn in einem Kloster ausgebildet zu werden. Hartmann von Aue weiß das zu schätzen. Als sich der junge Mann in die Nachbarstochter Judith verliebt, lernt er das Harfespielen nur, um seiner Angebeteten ein Lied zu singen. Bis der Minnesänger sie wiedersieht, vergehen Jahre voller Sehnsucht und Gefahren. Jahre, die den Ritter auf den Kreuzzug führen und die zu Unrecht des Giftmordes beschuldigte Heilerin in den Kerker. Wird er ihr je von seiner Liebe singen können?

 

  Autor: Tim Pieper
Verlag: Heyne
Erschienen: 04.01.2010
ISBN: 978-3453470996
Seitenzahl: 480 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Hartmann von der Aue war neben Walther von der Vogelweide wohl der bekannteste hochhöfische Minnesänger. Leider ist aus seinem Leben nicht sehr viel bekannt, weshalb die chronologische Zuordnung seines Schaffens auch etwas schwierig ist. Werke von ihm sind aber dennoch überliefert.
Vielleicht hat sich der Autor Tim Pieper auch deshalb für diese Figur entschieden, weil Hartmann von der Aue doch sehr im Schatten seines „Kollegen“ Walther von der Vogelweide steht, der doch fast allen ein Begriff ist. Pieper hat versucht, das Leben Hartmanns nachzuzeichnen und aufgrund der spärlichen Information blieb viel Platz für künstlerische Freiheit. So stellt Tim Pieper Hartmann Judith an die Seite, die er schon von Kindesbeinen an liebt, und spinnt um diese beiden Figuren eine bezaubernde Geschichte.


Stil und Sprache
Äußerst flüssig und temporeich geschrieben, steht der Leser schon nach wenigen Seiten mitten im Geschehen. Der Roman spielt im Hochmittelalter, im späten 12. Jahrhundert, und mit einfacher, leichter Sprache, die aber keinesfalls platt ist, gewährt Tim Pieper einen authentisch-glaubwürdigen Einblick in die damalige Zeit - ihren Alltag, die gesellschaftliche Rangordnung, das Leben in einer Abtei und auch die Ausbildung und Erziehung des Nachwuchses. Geschickt webt Pieper die Problematik der hierarchischen Stellung von Lehnsherrn und Bauern in seine Erzählung, so dass man sehr viel über die Standesunterschiede erfährt, ohne das Gefühl zu bekommen, dass der Autor doch nur zeigen möchte, wie gut er recherchiert hat – was aber zweifelsohne der Fall ist!              
Mehrere Handlungsstränge halten die Spannung stets straff und alle Geschehnisse sind einfühlsam und nachvollziehbar erzählt. Eine bunte Vielfalt von Ereignissen hält die Geschichte lebendig und auch die Schauplätze sind stets im Wechsel, so dass nie Längen aufkommen. Schön wäre es gewesen, noch etwas mehr vom Minnegesang selbst zu „hören“, denn dies geht in der - zweifelsfrei kurzweiligen und dichten - Geschichte leider etwas unter. Wer mehr über die belegte Figur Hartmanns erfahren möchte, ist gezwungen selbst zu recherchieren. Zwar findet man im Buch ein Glossar, aber ein ausführliches Nachwort mit einer kurzen Abhandlung dieses Minnesängers vermisst man doch schmerzlich.


Figuren
Tim Pieper lässt jede Menge Darsteller auftreten und widmete sich jedem einzelnen mit viel Liebe. Natürlich ist sein Protagonist einer der „Guten“, aber auch dieser muss Rückschläge einstecken und nicht alles läuft für Hartmann so wie er es sich vorgestellt hat. So begeht sein engster Freund aufgrund verbohrter Dummheit und Ignoranz einen großen Verrat an Hartmann, den dieser beinah mit dem Leben bezahlt.
Judith, seine Angebetete, entwickelt sich von einem oft trotzig aufmüpfigen Mädchen zu einer vernünftigen Frau mit Sehnsüchten und Hoffnungen. Dass ihre Mutter sie mit August verheiratet, ist angesichts der Zeit und gedanklichen Hintergründe absolut glaubwürdig. August jedoch ist leider der Schwachpunkt des Buches, denn allzu böse, also etwas zu einseitig wirkt diese Figur. Auch kann man seine Überlegungen und Handlungen nicht immer nachvollziehen und wirft doch die eine oder andere Frage auf.

Die verschiedenen Erzählebenen zu den einzelnen Figuren gewähren dem Leser stets das Begleiten eines anderen Darstellers und erlauben so ein sich-identifizieren mit demselben.


Aufmachung des Buches
Ein Taschenbuch mit (wenn auch nicht zeitlich) passendem Umschlagmotiv; es ist ein Ausschnitt von Giovanni de Busi Carianis Gemälde „Der Lautenspieler“. Der Roman ist in drei Hauptteile und diese wiederum in mehrere Kapitel eingeteilt. Auf den letzten Seiten findet man noch eine Quellenangabe und ein Glossar. Leider vermisst man ein ausführliches Nachwort.


Fazit
Wenn dieser Debütroman auch nicht unbedingt innovativ ist, so bietet er jedoch kurzweilige Unterhaltung. Ein flüssig zu lesender historischer Roman mit einem sympathischen Protagonisten und einer Fülle von Ereignissen. Dieser doch gelungene Roman erlaubt einen interessanten und ereignisreichen Ausflug in die Vergangenheit und beschert schöne Lesestunden.


4 Sterne


Hinweise
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