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Kategorie: Boys Love

Diese Sammlung von fünf Kurzgeschichten zwischen historisch Angehauchtem und Dark Fantasy erzählt von Liebe, Besessenheit und Verlangen: Der Yokai Senyo begeht einen verhängnisvollen Fehler, und der Vampir Wor möchte die Bitte seines Geliebten Myon erfüllen, was fatale Folgen hat …

 

Wilder_Schmetterling 

Originaltitel: Kokkyou no chou
Autor: Hiroki Kusumoto
Übersetzer: Caroline Schöpf und Kuni Ushio
Illustration: Hiroki Kusumoto
Verlag: Tokyopo
Erschienen: August 2010
ISBN: 978-3-86719-912-4
Seitenzahl: 186 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren 

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Die Grundidee der Handlung
Wilder Schmetterling beinhaltet fünf Kurzgeschichten, deren namensgebende erste zur NS-Zeit im Alpenraum spielt und von Oliver Lehmann, der wegen eines verletzten Beines nicht in den Krieg ziehen kann, erzählt. Dessen Denkweisen ändern sich, als er Assistent des Lehrers Michael von Straum-Ridlhart, eines ehemaligen Soldaten, wird, lehrt dieser doch aufgrund seiner traumatischen Erlebnisse an der Front den Kindern den Wert von Freiheit, Frieden und Gleichheit und bringt somit das Regime gegen sich auf…
Wie die vier folgenden Geschichten ist diese von einer traurigen, sehnsüchtigen Grundstimmung getragen und führt mit dem Schmetterling eine wunderbare Metapher für Freiheit ein. Von Boys Love, als das dieser Manga deklariert ist, ist aber wenig zu merken, vielmehr finden sich in der Kurzgeschichte Bewunderung, Vertrauen und Zuneigung, doch von Liebe ist nicht zu sprechen.
Dies zieht sich bei den folgenden Erzählungen fort. So geht es um einen menschenfressenden Yokai (Dämon), dessen Leben durch eines seiner Opfer eine unerwartete Wendung erhält, um den Jugendlichen Ryoji Miki, den es auf die Verbannungsinsel Shiramine verschlägt und um den Totenmeister Ko, der mithilfe des Jungen Shin verhindern will, dass die Toten vom Jenseits ins Diesseits gelangen. Nur bei der vierten Geschichte namens Fangzähne findet sich zwischen dem Vampir Wor, der für seinen Geliebten Myon mit dem Bluttrinken aufhören möchte, ein eindeutiger Boys Love Bezug.
Obgleich die düstere Stimmung der Erzählungen ab und an durch (Situations-)Komik durchbrochen wird, stellt Wilder Schmetterling ein eher schwer verdauliches Werk dar, das auch mit blutigen Szenen nicht spart. Negativ stößt auf, dass von den im Klappentext angekündigten Boys Love Inhalten kaum etwas zu sehen ist. Die einzelnen Geschichten sind inhaltlich ohne Bezug zueinander, ebenso fallen sie in unterschiedliche Genres (Vampir, Fantasy, Historie). Dennoch sind die Handlungen nachvollziehbar und die Schicksale der Protagonisten sind eindrucksvoll und berühren den (erwachsenen) Leser.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Bei Wilder Schmetterling handelt es sich um einen Manga (japanischer Comic), der von hinten nach vorne gelesen wird und mit Ausnahme von vier Farbseiten in schwarz-weiß gedruckt ist. Kusumotos Akteure zeichnen sich durch abgerundete Kinnpartien und ebenfalls nicht spitz zulaufenden, sondern rundlichen Nasen aus. Die Augen der Figuren sind zumeist von realistischer Größe, fallen jedoch bei jüngeren Protagonisten oder zur Darstellung bestimmter Gefühle, beispielsweise Angst oder Freude, größer aus. Die Akteure sind gut voneinander unterscheidbar, was an ihrem unterschiedlichen Alter liegt, das man ihnen jeweils auch ansieht, und an den verschiedenen Frisuren und Bärten, wobei letztere eine graphische Ausnahme im Boys Love Genre darstellen.
Die Kleidung der Charaktere ist passend zur jeweiligen Zeit und zum entsprechenden Ort gewählt, besteht aus Uniformen, asiatischer Gewandung und modernen Kleidern. Auch die Hintergründe, die von Stadtansichten über ein Alpensetting, von asiatischen Tempelanlagen zu Zimmerinterieur, Blumen und Bäumen und zu dunklen Gassen hin reichen, erzeugen das für die jeweilige Geschichte stimmige Umfeld. Besonders sticht hierbei die vierte Geschichte ‚Fangzähne‘ heraus, die durch viele kontrastreiche schwarz-weiß-graue Bilder und durch einen zumeist schwarz gehaltenen Panelrahmen eindrucksvoll die düstere Atmosphäre der Vampir-Thematik aufzugreifen weiß. Ungefähr die Hälfte der Hintergründe machen bei Wilder Schmetterling Grauverläufe, Muster und Stimmungsbilder aus, die die Protagonisten in den Vordergrund rücken.

Selten erfolgt ein SD- oder Chibi-Einsatz (überzogene Veränderung und Verniedlichung der Figur zur Komikerzeugung) und ebenso rar sind erotische Szenen. Es gibt nur eine Stelle, in der angedeutet und nicht explizit eine solche dargestellt wird. Das Erzähltempo ist passend, reicht von ruhigen Momenten zu actionreifen Kämpfen. Die Panelaufteilung ist linear und wird nur vereinzelt durch Personen oder Sprechblasen durchbrochen. Teilweise erstreckt sich ein Panel über zwei Seiten oder füllt eine Seite oder sogar zwei Seiten vollständig aus.
Auf graphischer wie sprachlicher Ebene finden sich Metaphern wie der Schmetterling, der für die Freiheit steht und Blumen, die Frieden versinnbildlichen. Die vorkommenden Soundwörter sind zumeist übersetzt und ohne nebenstehendes originalsprachliches Pendant abgedruckt. Manchmal stehen aber auch nur japanische Schriftzeichen ohne jegliche Übersetzung, ein anderes Mal ist jedoch die Übertragung und daneben das japanische Original gegeben. Die Sprechblasenzuordnung ist unproblematisch und der Text in Groß- und Kleinbuchstaben gehalten und gut lesbar, wobei Fettdruck Aussagen mit besonderem Ausdruck hervorhebt und Kursivstellung zumeist Gedanken kennzeichnet.
Ein Manko stellt die in umgangssprachliche Textformulierung dar, die stellenweise nicht zur Erzählzeit passt, beispielsweise ein ‚Manno‘ in der ersten, zur NS-Zeit spielenden Geschichte. Zudem passt die Bezeichnung Michaels in ebendieser Erzählung als ‚Sensei‘ nicht zum Handlungsort, einer Alpenregion, in der stattdessen wohl eher eine Betitelung als ‚Lehrer‘ zu erwarten wäre.


Aufmachung des Manga
Der Manga ist im üblichen Kleinformat broschiert und das Cover zeigt Oliver und Michael innerhalb eines Alpensettings. Michael mit geschlossenen Augen, Oliver mit geöffneten und dem in der Geschichte thematisierten Schmetterlingsbuch in der Hand, sind sie einander zugewandt. Das Bild ist durch die Dämmerung in stimmungsvolle, warme Orangetöne getaucht. Titel und Autor sind in schlichter, goldfarbender Schrift in Groß- und Kleinbuchstaben auf dem Cover vermerkt.
Die Buchrückseite ist in einfachem Dunkelblau gehalten, auf dem die Titelwiedergabe erneut in Groß- und Kleinbuchstaben und in Gold gedruckt ist und auf der sich der in Weiß gesetzte Klappentext befindet. Gleich zu Anfang des Bandes gibt es zwei farbige Seiten der ersten Geschichte und auf Seite 3 deren Kapitelillustration. Ebenfalls bunt ist das Bild eines Mannes mit einer Sense auf der vorletzten Seite, sodass der Manga insgesamt mit vier Farbseiten aufwartet.
Zudem befinden sich in dem Einzelband ein Inhaltsverzeichnis und ein zweiseitiges Nachwort, von dem eine Seite eine Schwarzweiß-Illustration und die andere das Schlusswort der Manga-ka enthält. Bis auf eine Geschichte verfügen alle über Kapitelillustrationen, die zumeist die entsprechenden Protagonisten zeigen und Anmerkungen zu von den Akteuren Gesagtem erfolgen in dem jeweiligen Panel.


Fazit
Wilder Schmetterling ist eine Kurzgeschichtensammlung, die sich aufgrund der ernsthafteren Thematiken für erwachsene Leser eignet, die düsteren und blutigen Erzählungen ohne übliches Happy End nicht abgeneigt sind. Enttäuschend ist der Manga jedoch für alldiejenigen, die sich viele Boys Love Bezüge erhoffen. Mit einer Einordnung ins Fantasy oder Mystery Genre wäre dem Band sicher besser getan gewesen.


4 Sterne


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