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Tauchen Sie ein in die geheimnisvolle Welt Osten Ards

„Willkommen, Fremder. Die Pfade sind tückisch heute.“

Tad Williams‘ spannendes Frühwerk um den erbitterten Streit zweier Brüder, eine alte Weissagung und das dunkle Geheimnis der Elbenvölker.

 

Der_Drachenbeinthron 

Originaltitel: The Dragonbone Chair; Memory, Sorrow, and Thorn #1
Autor: Tad Williams
Übersetzer: Verena C. Harksen; neu durchgesehen von Andy Hahnemann
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: Februar 2010
ISBN: 978-3608938661
Seitenzahl: 975 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Nach dem Tod Johan Presbyters, Hochkönig von Osten Ard, folgt ihm sein erstgeborener Sohn Elias auf den Thron. Schon bald beginnt sich nicht nur das Wetter zu verschlechtern und die Menschen in Verzweiflung zu stürzen, auch Elias selbst verhält sich unter dem Einfluss seines ständigen Begleiters Pryrates‘ immer seltsamer. Und so überschlagen sich schon bald die Ereignisse und Elias‘ Bruder Josua schafft es nur mit Doktor Morgenes‘ und Simons Hilfe, aus dem Hochhorst und vor Pryrates zu fliehen, der ihn in ein Verlies gesperrt und offensichtlich finstere Pläne mit ihm hatte. In Naglimund, dessen Herr Josua ist, ist er allerdings auch nicht lange sicher, denn Elias lässt ihn und Simon in ganz Osten Ard suchen. Die Schlinge zieht sich immer mehr zusammen und bald müssen Elias, Simon und ihre Gefährten erkennen, dass etwas viel Größeres, Unheilvolleres hinter allen Ereignissen steht, an denen auch die Nornen und drei sagenumwobene Schwerter beteiligt sind …

Diese komplexe Geschichte in wenigen Sätzen wiederzugeben ist gar nicht so einfach. Tad Williams hat eine Welt geschaffen, die so detailliert ausgearbeitet ist und von liebevoll dargestellten Figuren bevölkert wird, dass man es sich schwerlich vorstellen kann, dass all dies lediglich der Fantasie eines Menschen entsprungen sein kann.


Stil und Sprache
„An diesem Tag aller Tage rührte sich etwas Fremdartiges tief im dämmernden Herzen des Hochhorstes, im verwirrenden Kaninchenbau der Burg mit ihren stillen Gängen und von Efeu überwucherten Höfen, in den Mönchszellen und den feuchten, schattendunklen Kammern.“
Mit solch bildkräftigen Worten wie auf Seite 13 erweckt Tad Williams seine Geschichte gekonnt zum Leben. Er weiß mit Worten umzugehen, setzt sie wohlüberlegt zu Sätzen zusammen, formt Bilder im Kopf des Lesers und legt so den Grundstein für eine überaus atmosphärische Geschichte, die von kleinen Details lebt und den Leser überzeugt, dass es genau so zugegangen ist. Tad Williams‘ Romanen wohnt ein anspruchsvoller Schreibstil inne, der den Leser durchaus fordert (vor allem die Konzentration), der sich jedoch wunderbar lesen lässt. Allerdings muss man auch Geduld mitbringen, lässt die Spannung doch zunächst auf sich warten. Tad Williams beginnt die Geschichte sachte, mit viel Beiwerk ausgeschmückt, wodurch zunächst höchstens ein wenig Spannung aufkommt; und doch ist genau dies nötig, um der sagenhaften Geschichte ein angemessenes Fundament zu verleihen – und nur so schafft es der Autor, die Atmosphäre aufzubauen, die dieser Geschichte innewohnt. Nach gut 200 Seiten darf sich der Leser jedoch auf einen steigenden Spannungsbogen und eine zügig(er) voranschreitende Geschichte freuen.

Der Erzähler, der die Geschichte in der 3. Person wiedergibt, erzählt vom Standpunkt verschiedener Figuren an verschiedenen Orten, sodass der Leser einen umfassenden Einblick in die tiefgründige Handlung bekommt. Dabei konzentriert er sein Hauptaugenmerk auf eine bestimmte Figur und berichtet aus deren Sicht, wobei er dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken und Gefühle gewährt; dennoch wechselt er durchaus auch kurzfristig die Perspektive zu einer der anderen Figuren innerhalb der Szene. Auch erfährt man gerade zu Beginn der Geschichte immer wieder Begebenheiten aus der Vergangenheit, ohne dass diese Rückblicke die Geschichte störend unterbrechen; vielmehr fügen sich diese gut in das aktuelle Geschehen ein.

Zahlreiche Namen – ob von lebenden oder verstorbenen Personen, von Stämmen oder Örtlichkeiten – erwarten den Leser und können selbigen bisweilen verwirren. Zur Unterstützung gibt es am Ende des Buches jedoch einen umfangreichen Anhang mit den Personen, Orten, Geschöpfen und Sonstigem, sodass man jederzeit nachschlagen kann, um sich besser orientieren zu können.


Figuren
Zahlreiche Figuren bevölkern diesen Roman, sodass es unmöglich ist, auf alle einzugehen. Daher beschränke ich mich auf einige Wichtige, allen voran Simon, aus dessen Sicht ein Großteil der Geschichte wiedergegeben wird. Auf Seite 17 wird der gerade einmal 14-jährige, rothaarige Junge überaus treffend beschrieben: „In einem Alter, in dem andere Jungen längst lautstark nach männlicher Verantwortung begehrten, war Simon noch ein unsteter Wirrkopf“. Er treibt sich gerne herum, was seiner schier grenzenlosen Neugier geschuldet ist. Seine Gabe, Fragen über Fragen zu stellen, macht ihn überaus liebenswert. Sein treuer Begleiter Binbineqegabenik (kurz: Binabik) vom Trollvolk aus Yqanuc ist nicht weniger sympathisch. Seine charakteristische Art zu Sprechen lassen den Leser ihn sofort ins Herz schließen. „Es war etwas ungemein Bezauberndes an diesem kleinen Mann, eine wohltuende Ernsthaftigkeit unter dem frohen Gemüt“ (Seite 342).
Aber auch alle anderen Figuren erfüllen ihre Rollen der Geschichte entsprechend, sind dreidimensional ausgearbeitet und unverwechselbar. Ob es nun Strupp der Narr ist, Doktor Morgenes, Rachel, die gute Seele und Oberste der Kammerfrauen des Hochhorstes, oder Jiriki, ein Sithi-Prinz, der auf seine geheimnisvolle Art und Weise sehr sympathisch ist. Pryrates, der ständige Begleiter des Hochkönigs Elias und Alchimist erweckt mit seinem fadendünnen Lächeln und seiner trocken rasselnden Stimme direkt Antipathie beim Leser. Er ist ein überaus unangenehmer Zeitgenosse, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und authentisch dargestellt.


Aufmachung des Buches
Nachdem die seinerzeit im Fischer-Verlag erschienene Ausgabe der Saga um die Großen Schwerter jahrelang nicht mehr erhältlich war, hat der Klett-Cotta-Verlag sich dieses herausragenden Fantasy-Werks angenommen und ihm ein würdiges Gewand verliehen. Das ganz in Schwarz gehaltene Hardcover wird von einem hochglänzenden Schutzumschlag umgeben, der Simon vor dem Drachenbeinthron zeigt. Eine Karte von Osten Ard und dem Hochhorst auf den Vorsatzblättern sowie ein farblich passendes Lesebändchen vervollständigen diese Neuauflage. Sehr schön ist zudem die Grafik, die jeden der drei Teile und den ausführlichen Anhang einleitet und die drei Schwerter Dorn, Leid und Minneyar und zwei ineinander verschlungene Drachen zeigt.

Übersetzt hat das Fantasy-Epos seinerzeit Verena C. Harksen, die Neuauflage wurde von Andy Hahnemann noch einmal durchgesehen. Bei all der Mühe, die sich der Verlag mit dieser Ausgabe gemacht hat, ist es umso betrüblicher, dass sich doch einige Fehler in den Text geschlichen haben, die vermeidbar gewesen wären. So heißt es auf Seite 307: „[…], das Haar eine wirres Büschel aus zahlreichen abstehenden Strähnen […]“. Schade, doch über solche – wenn auch kleinen – Fehler, stolpert man immer wieder mal. Noch ärgerlicher ist dabei, dass zumindest dieser Fehler der Überarbeitung zuzuschreiben ist, denn in der alten Auflage heißt es auf Seite 296/297: „[…], das Haar eine wirre Hecke einzelner Büschel […]“. Auch auf Seite 805 fällt folgendes unweigerlich auf:  „[…], was er da zu hören gekommen sollte, nicht gefallen würde.“ Dieses Fehlerchen gab es zwar in der alten Auflage auch schon, doch hätte man es durch ein aufmerksameres Lektorat leicht beseitigen können.

Was mir direkt aufgefallen ist, ist der Umstand, dass Qantaqa (Binabiks tierische Begleiterin) nun ohne "u" geschrieben wird; in der alten Fassung hieß die Wölfin Quantaqa. Da sie im englischen Original ebenfalls Qantaqa heißt, empfinde ich diese Änderung als sinnvoll.

An dieser Stelle möchte ich kurz noch beispielhaft auf die neue Überarbeitung im Vergleich zu der alten Auflage eingehen:

- alt: „An diesem Tag aller Tage rührte sich etwas Fremdartiges tief im dämmernden Herzen des Hochhorstes, im verwirrenden Kaninchenbau der Burg mit ihren stillen Gängen und efeuüberwucherten Höfen, in den Mönchsverstecken und den feuchten, schattendunklen Kammern.“ (Seite 13)
- neu: „An diesem Tag aller Tage rührte sich etwas Fremdartiges tief im dämmernden Herzen des Hochhorstes, im verwirrenden Kaninchenbau der Burg mit ihren stillen Gängen und von Efeu überwucherten Höfen, in den Mönchszellen und den feuchten, schattendunklen Kammern.“ (Seite 13)

- alt: „Der Herbst hielt die Tür auf, und langsam wanderte der Winter herein.“ (Seite 13)
- neu: „Der Herbst hielt die Tür auf, und langsam zog der Winter ein.“ (Seite 13)

- alt: „Hastig humpelte Strupp aus dem Thronsaal, schaudernd vor dem letzten wilden Blick des Königs und dem eingesperrten, hoffnungslosen Gesicht der Prinzessin Miriamel.“ (Seite 196)
- neu: „Hastig humpelte Strupp aus dem Thronsaal, schaudernd vor dem letzten wilden Blick des Königs und dem verschlossenen, hoffnungslosen Gesicht der Prinzessin Miriamel.“ (Seite 202)


Fazit
Tad Williams überzeugt in seinem Fantasy-Epos rund um Osten Ard mit einem bildgewaltigen Schreibstil, in dem man regelrecht versinkt, der die Worte spielend leicht zum Leben erweckt. Trotz des eher gemächlichen Einstiegs und kleiner Längen im Fortlauf der Geschichte erwartet den Fan von High-Fantasy-Romanen ein wunderbares Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte.


4 Sterne


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