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Die junge Musikerin Leni Draugur flieht aus Reykjavik vor ihrem gewalttätigen Mann. Sie weiß nicht, ob sie ihn in Notwehr getötet hat, oder ob er ihr auf den Fersen ist - und welcher Gedanke der schlimmere ist ... Als sie endlich spät nachts bei ihrer Halbschwester Zicky in Berlin ankommt, sitzt dort im Treppenhaus ein merkwürdig blasser, kleiner Junge allein auf den Stufen. Leni nimmt sich des geheimnisvollen Kindes an und versucht es zu beschützen, denn in Berlin hat das "Schulwegmonster" bereits mehrere Kinder auf bestialische Art getötet. Gleichzeitig weiß sie, dass sie vor ihrem Mann erst dann sicher sein kann, wenn er tot ist.


Originaltitel: Das Kind auf der Treppe
Autor: Karla Schmidt 
Verlag: Piper Verlag
Erschienen: April 2010
ISBN: 9783492257817 
Seitenzahl: 314 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Berlin, Hauptstraße 155 im Januar 2010. Ein mit Handschellen an das Bett gefesselter Mann versucht verzweifelt, auf sich aufmerksam zu machen. Er hat nur noch einen Beinstumpf. Nach und nach, Scheibe für Scheibe, wurde ihm das Bein weiter abgeschnitten. Die Täterin versorgt die Wunde gut, kümmert sich um ihn, versichert ihm, dass es wieder nachwachsen würde.

Berlin, Hauptstraße 155 im Januar 2009. Leni flüchtet vor ihrem gewalttätigen Mann Magnus von Island nach Berlin zu ihrer Halbschwester Zicky, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie findet nachts in deren Mietshaus den kleinen fünfjährigen Jungen Nicky alleine im Treppenhaus vor und wartet mit ihm zusammen auf die Rückkehr ihrer Schwester bzw. der Mutter des Kindes von der Nachtschicht. Doch in dieser Nacht findet Nickys Schwester Sandra den Tod. Sie stürzt sich aus dem Fenster im dritten Stock, auf der Flucht vor einem Vergewaltiger und stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus. Dies ist der Beginn dieses sehr dicht geschriebenen Psychothrillers, der immer wieder die Zeitebenen wechselt und dem Leser erst nach und nach, Stück für Stück die ganze, schreckliche und fast unfassbare, schockierende Wahrheit präsentiert. Dabei finden gleich mehrere Psychopathen ihren Weg in die Geschichte.


Stil und Sprache
Karla Schmidt beschreibt in einer unglaublich fesselnden Art und Weise. Die Spannung wächst bis zum Ende. Sie schreibt in der dritten Person und führt den Leser ganz tief in die einzelnen Situationen hinein. Dabei schildert sie die Vorgänge so detailliert und präzise, dass man die Szenen wirklich bildhaft vor sich sieht. Die Gefühlswelt aller Beteiligten, ihre Beweggründe für ihr Handeln, aber auch ihre Erlebniswelt in der gerade aktuellen Situation werden so genau dargestellt, dass der Leser nur schockiert daneben stehen kann.

Dieses Buch ist gefüllt mit kaum fassbarem, psychopathischem Handeln, sei es der gewalttätige, sadistische Ehemann, die sich bestialisch an ihren Opfern rächende Mutter, der Vater, der sich an der 12-Jährigen Tochter vergeht und sie zum Austragen des Kindes zwingt, der Junge, der Blut trinkt und sich von Menschenfleisch ernährt. Die Autorin eröffnet dem Leser die Zusammenhänge dieser einzelnen Puzzleteile erst nach und nach. Sie verwirrt den Leser, indem sie zwischen den Jahren springt. Erst ganz am Ende wird das ganze Schreckensszenario gelüftet - und man ist wirklich schockiert. Karla Schmidt beschreibt direkt und schonungslos bis ins Detail gerade auch die Momente, wo man eigentich wegschauen möchte.

Die gesamte Geschichte wirkt aufgrund der angehäuften, extremen Situationen und der psychopathischen Verhaltensweisen gleich mehrerer Akteure eher konstruiert und wenig realitätsnah, aber dennoch unglaublich spannend und fesselnd.


Figuren

Die Autorin arbeitet jede einzelne Figur dieses Thrillers absolut präzise heraus. Die Akteure erscheinen dem Leser unglaublich nah. Sie beschreibt nicht nur sehr genau deren Aussehen, sondern vor allem auch deren Gefühlswelt, deren Wirken auf andere. An erster Stelle steht hier die Protagonistin Leni, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann aus Island nach Berlin flieht und immer auf der Suche nach einem wirklichen Zuhause, nach Halt und Geborgenheit ist. Ihre Halbschwester Zicky scheint sehr überlegen und stark zu sein, tatsächlich ertränkt sie aber ihre Probleme im Alkohol. 

Auch Zickys blinde Freundin Olga wird überzeugend dargestellt, so ihr Tasten und Zurechtfinden in der Welt der Sehenden, ihr Weg hin zur Sängerin und auch zu einer selbständigen, attraktiven jungen Frau, die sich die Schwangerschaft und das Erziehen eines Kindes trotz Blindheit langsam zutraut. Nicky, der kleine, hilflos erscheinende Junge in der Anfangsszene auf der Treppe erscheint in vielem auch schon sehr erwachsen, um so erschreckender ist dann auch die Aufdeckung seines Geheimnisses, dass er sich von seiner kranken Mutter mit Blut und Fleisch lebender Menschen ernähren lässt. Die Figur der Mutter hingegen, die sich an den Triebtätern für den Mißbrauch an ihren Kindern rächt und sie langsam zerstückelt und das Fleisch dem Sohn zukommen lässt, wirkt wirklich abstoßend und insgesamt kaum realistisch.   


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches zeigt im Hintergrund eine Treppe. Die silberne Farbe gefällt mir sehr gut. Allerdings lässt sich weder aus dem Titel des Buches noch aus dem Rückentext oder dem Cover erkennen, was für eine wirklich unglaubliche, psychopathische Geschichte den Leser erwartet.


Fazit
Das Buch hat mich gleichzeitig unglaublich fasziniert und schockiert. Es ist sicherlich nur demjenigen zu empfehlen, der auch vor abstoßenden, irren Szenen keine Skrupel hat. Einmal eingetaucht, lässt es den Leser nicht mehr los, bis zur letzten Seite. Ein Psychothriller, der meiner Meinung nach vier Sterne verdient hat, wenn auch die Aneinanderreihung so vieler krankhafter Szenen den Leser teilweise überfordert und daher einen Punkt Abzug rechtfertigt.


4 Sterne


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