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Die Tote, die Gerhard Weinzirl an der Ruine Eisenberg in Zell im Allgäu findet, war eine alte Bekannte. Dass die lebenslustige Tierärztin Svenja Selbstmord begangen haben soll, kann der Kommissar trotz Abschiedsbrief kaum glauben. Auch Spürnase Jo, die beste Freundin der Toten, hat ihre Zweifel. Im Alleingang und jenseits der Legalität spioniert sie Svenjas Chef, dem dubiosen Tierarzt Dr. Ostheimer, nach. Und stößt nicht nur auf zahllose Ungereimtheiten, sondern auch auf mysteriöse Todesfälle im Stall eines Bauern …

 

  Autor: Nicola Förg
Verlag: Goldmann
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-442-47015-0
Seitenzahl: 281 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Svenja ist Jo’s Tierärztin und quasi auch ihre Freundin. Als sie von ihrem offensichtlichen Selbstmord erfährt, bricht für sie erneut eine Welt zusammen. Eben erst von ihrer dreimonatigen Auszeit ins Leben zurückgekehrt, muss sie wieder einen Tiefschlag hinnehmen. Doch was für die Polizei wie Selbstmord aussieht, kann und will Jo nicht wahrhaben. Sie begibt sich mal wieder auf ihre eigenen Ermittlungen und muss sich dabei erneut ihren Problemen stellen. Denn ohne die Polizei, sprich Gerhard Weinzirl, den Grund ihrer Auszeit, wird sie den Fall nicht lösen können. Gerhard ist von Jo’s überschnellen Handlungen genervt und von der Tatsache, dass sie ihn einfach sitzen gelassen hat. Trotzdem scheinen sich auch für ihn die Weichen in Richtung Mord zu drehen. Denn als er Jo’s Tipps, Svenjas Chef hätte mit Doping zu tun, nachgeht, stößt er auf viel Ungereimtes und neue Hinweise, die allerdings in eine ganz andere Richtung zu gehen scheinen. Nur Jo weiß von all dem nichts und geht ihren eigenen Theorien eines Dopingringes auf einer nahegelegenen Alb nach. Verspätet erst und von der Sorge um Jo getrieben begibt auch der Kommissar sich in Richtung Alb, weil er Jo dort in Gefahr wähnt. Doch diesmal ist es er, der sich in Lebensgefahr begibt. Denn wider Erwarten scheint Jo mit ihren Vermutungen Recht zu haben.


Stil und Sprache
Nicola Förg hat mit der Serie um Gerhard Weinzirl und Johanna Kennerknecht mehr als nur ein neues Ermittler-Pärchen erschaffen. Sie hat um die Lebensgeschichte der beiden, um dieses gefühlsmäßige Auf und Ab zwischen Freundschaft, Liebe und Verzweiflung eine Kriminalserie gestrickt und schafft es so, den Leser nicht nur mit gut durchdachten Plots und viel Spannung zu überzeugen, sondern auch mit dem wahren Leben, wie es jeder von uns erlebt oder manchmal auch gern erleben möchte, zu fesseln. Mit jedem Band, ‚Kuhhandel’ ist nun schon der dritte Fall, rückt dem Leser das Pärchen immer ein Stückchen näher. So stehen neben der Ermittlungsarbeit und den Gefahren, in die sich beide gern begeben, die privaten Handlungen im Vordergrund. Und da ist wirklich einiges los. Der Leser darf je nach Situation entweder Gerhard, Jo oder eben beiden durch die Geschichte folgen. Dies bedeutet oft, das man Gerhard gerne Infos geben möchte, die man mit Jo bereits erarbeitet hat und umgekehrt. Und der Gedanke: "Warum reden die nicht einfach miteinander?" wird zum häufigen Gast. Die Autorin beschreibt ihre Szenen und Orte mit liebevollen Details und erzeugt so das für die Geschichte so wichtige authentische Umfeld. Dies untermauert sie, indem sie die typische Allgäuer Sprache oft und gerne verwendet. Für alle Nichtbayern, aber auch für Bayern aus anderen Teilen des Landes ist vieles unverständlich, so dass das kurze Glossar am Ende des Buches zur Hilfe genommen werden muss. Interessanterweise stört dies den Lesefluss aber überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil erwartet man genau dies, wenn sich Jo mit einem Bauern unterhält. Hochdeutsch ist in dieser Gegend eben eher eine Seltenheit. In Momenten, in denen vor allem Jo aber auch Gerhard ihren Gedanken nachhängen, wird Nicola Förgs Stil schon fast poetisch und sie schafft es mit diesem sinnlichen Schreibstil, die Gefühle auf den Leser zu übertragen. Es ist ein besonderes Erlebnis, ein solches Buch zu lesen.


Figuren
Johanna oder besser Jo Kennerknecht und Gerhard Weinzirl sind echte Geschöpfe ihrer Heimat. Sie sind beide miteinander aufgewachsen, waren beide in den selben Cliquen und Discos unterwegs und hatten in einer Zeit, in der es nicht um große Liebe ging, viele wechselnde Beziehungen, mal intensiver, mal weniger intensiv. Auch die beiden selbst waren bereits miteinander zugange, doch irgendwie ist nie mehr daraus geworden. Doch sowohl Jo als auch Gerhard machen den Eindruck, dass sie genau dem hinterher trauern. Und als es nach dem letzten Fall, bei dem Jo nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen war, anfing mehr zu werden, zog Jo die Reißleine und verschwand ohne ein Wort für drei Monate von der Bildfläche. Das Gefühlschaos von Jo und Gerhard steht im Mittelpunkt der Geschichte und sorgt nicht selten für Missverständnisse, aber auch für tiefe seelische Momente. Nicola Förg zeigt sehr eindringlich, wie schnell Menschen verletzt werden können aber auch dass oft mit Worten Schlimmeres verhindert werden kann. Man muss sich nur trauen, auf den anderen zuzugehen. Gerhard und Jo sind vielleicht deswegen so extrem sympathisch. Sie kommen mitten aus dem Leben und wirken keinesfalls nur konstruiert und ausgedacht. Alle, auch die Statisten sind mit Ecken und Kanten gezeichnet, eben in vielen Grauschattierungen und nicht nur Schwarz und Weiß.


Aufmachung des Buches
Das Cover in gedeckten, nicht zu aufdringlichen Farben zeigt einen Ausschnitt eines voralpenländischen Bauernhauses. Das Fenster zum Stall ist schön verziert und die Mistgabel davor macht schnell deutlich, was den Leser erwarten wird. Am Ende des Buches befindet sich noch neben dem kurzen Nachwort das sehr hilfreiche Glossar zur Allgäuer Sprache. Die Kapitel könnten für einen besseren Lesefluss etwas kürzer sein.


Fazit

Ein Krimi, der weitaus mehr ist. Nicola Förg erzählt mit viel Gefühl und Tiefsinn die Lebensgeschichte der Jo Kennerknecht und packt sie in einen spannenden Plot. Ein Muss für Krimi-Fans, die gern ein bisschen mehr wollen.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Fall 1: Schussfahrt
Fall 2: Funkensonntag

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