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Kategorie: Geisteswissenschaften, Kunst und Musik

10.Mai 1933 – In Deutschland brennen Bücher.
Dieses Buch erzählt erstmals die Lebensgeschichte aller Autoren, deren Werke damals in Flammen aufgingen. Es erzählt die Geschichte jener Nacht im Mai und die Geschichte der Bücher, die für immer ausgelöscht werden sollten. Es ist ein Buch gegen die Auslöschung, ein Buch voller unglaublicher Geschichten.
Ein Dokument gegen das Vergessen.

 

  Autor: Volker Weidermann
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Erschienen: 10. März 2008
ISBN: 978-3-462-03962-7
Seitenzahl: 256 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Autor hat die mühevolle Aufgabe übernommen, die Bücher der Autoren und Autorinnen zu sammeln, zu lesen und zu rezensieren, die 1933 verbrannt wurden. Dabei stieß er auf massive Schwierigkeiten, denn sehr viele waren einfach nicht mehr verfügbar. Die Nazis hatten ganze Arbeit geleistet, nicht nur die Bücher verbrannt, sondern auch viele, allzu viele aus unserem Gedächtnis verbannt. Mit Hilfe des Internets und Antiquariaten schaffte er es alle (!) aufzutreiben und in diesem Buch vorzustellen. Verknüpft mit der Rezension der jeweiligen Bücher ist die Lebensgeschichte der SchriftstellerInnen.
In der Einleitung erklärt Weidermann, wie es zum 10.Mai.1933 kam, wer die Initiatoren waren und wer die Listen nach welchen (mutmaßlichen) Kriterien zusammengestellt hat. Die Bücher wurden aber nicht nur öffentlich wirksam verbrannt, sondern verschwanden auch aus den (Leih-) Bibliotheken und privaten Bücherschränken. In 23  Kapitel lernen wir nun 131 Autoren und ihre Werke kennen, die Weidermann zu Gruppen zusammenfasst. Die Berühmten unter ihnen wie Brecht oder Feuchtwanger, sowie die ausländischen Autoren streift er eher, und begründet dies u.a. mit deren Bekanntheitsgrad. Den weniger Bekannten oder sogar Unbekannten räumt er mehr Raum ein, auch wenn oder gerade weil ihre Bücher heutigen literarischen Maßstäben nicht mehr standhalten und, wie Weidermann sagt, deshalb schon zu Recht vergessen sind, zu Unrecht aber, weil dies die Absicht der Nazis war. Nicht immer kritisiert er selbst ein Buch ob seines Pathos oder schriftstellerischer Qualität, häufig lässt er auch Zeitgenossen sprechen, besonders oft Thomas Mann und Joseph Roth.
Was in ein dröges Nachschlagewerk hätte ausarten können, gerät zum "Episoden-Roman", den man nicht mehr aus der Hand legen möchte, so spannend, zuweilen humorvoll, einfühlsam und bewegend, und doch erstaunlich sachlich berichtet er über die Bücher und von ihren Autoren, die oft im Exil und /oder Nachkriegsdeutschland nicht mehr Fuß fassen konnten und denen die Sprache abhanden gekommen war.   
Viele Textbeispiele oder Gedichte weisen auf das Besondere des jeweiligen Romans oder Autors hin, lockern aber gleichzeitig Weidermanns Buch auf und machen Lust auf die Schriften der jeweiligen Schriftsteller.   
Bei den Lebensläufen unterschiedet er eher beiläufig denn direkt zwischen den „Guten“ und den „Bösen“, dennoch weiß man, wer zu welcher Gruppierung gehört. So lässt er kein gutes Haar an denjenigen, deren Bücher zwar verbrannt wurden, die sich aber dann ohne Skrupel dem neuen Regime angedient haben, wie etwa Waldemar Bonsels, der Autor der "Biene Maja". Weidermanns ganze Sympathie gehört eindeutig den Emigranten, und denen, die sich das Leben genommen haben oder getötet wurden. Den inneren Emigranten gesteht er noch zu, dass sie sich von Deutschland nicht trennen mochten, was auch immer ihre Gründe dafür waren.
Im Grunde ist "Das Buch der verbrannten Bücher" auch eine Erzählung über das Leben im Exil und seine Bedingungen, wobei es mich ein wenig stört, dass dabei auch schmutzige Wäsche gewaschen wird wie im Fall der beiden Josephs, Breitbach und Roth (Letzterer Weidermanns Liebling): da werden Niggligkeiten unter den Exilanten ausgebreitet, der Zusammenhang, ob der Kürze der Porträts fehlt, und ein schlechtes Licht auf alle Beteiligten geworfen. Das hätte man sich sparen können.
Im Epilog wird noch Georg P. Salzmann vorgestellt, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, alle Bücher der Autoren, deren Bücher verbrannt wurden, in Erstausgaben zu sammeln. Insgesamt 12.500 sind so im Laufe der Jahre zusammengekommen.


Aufmachung des Buches
Mit weinrotem Einband, weinrotem Lesebändchen und kupferfarbener Schrift macht das Buch einen guten Eindruck. Nicht marktschreierisch, sondern dezent auffällig macht es auf sich aufmerksam. Vielleicht aber doch etwas zu zurückhaltend? Auf jeden Fall dem Inhalt angemessen. Wichtig finde ich, dass es zur gelungen Kapiteleinteilung am Ende des Buches noch eine Übersicht (mit Register) über die Autoren und ihre Werke gibt.


Fazit
„Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.”  - Heinrich Heine. Eine schreckliche Prophezeiung, die nach 1933 noch schrecklichere Wahrheit wurde. Viele der Bücher, die damals im Mai auf den Scheiterhaufen gelandet sind, hat Weitermann wieder einem breiteren Publikum nahe gebracht und so hoffentlich verhindert, dass wahr wird, was die Nazis planten, diese Bücher aus dem Gedächtnis der Menschen zu tilgen. Ein Denk-Mal der anderen Art.


5 Sterne


Hinweise
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