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Stefanie_Koch_klein 


Hallo Frau Koch, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen. Ich beginne mit der Frage, die unsere Leser am meisten interessiert: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Durch eine Leiche in meiner eigenen Wohnung. So kam ich in Kontakt mit der Polizei und allem was dazu gehört, Spurensicherung, Einsargen, Wohnung frei geben etc. Da mich der Tod (es war der Hausverwalter und ich noch nicht eingezogen, die Wohnung stand also leer ein paar Tage vor meinem Einzug) dieses Menschen beschäftigte und ich einiges mysteriös fand, auch wie die Polizei arbeitete, fing ich an zu recherchieren und fand (über Prof. Brinkmann Uni Münster u.a.) heraus, dass in Deutschland nur jeder zweite Mord überhaupt als solcher erkannt wird. So kam eines zum anderen und ich fing an Krimis zu schreiben.


Warum sind es ausgerechnet Krimis geworden? So einen komplizierten Fall zu konstruieren, der dann auch noch plausibel und logisch aufgelöst werden muss, ist doch sicher viel schwieriger, als, sagen wir mal, eine romantische Liebesgeschichte zu erfinden, oder etwa nicht?

Ich erfinde (so fühlt es sich für mich an) keine Krimis, ich finde Geschichten wieder. Spätestens ab Seite 30 tut ein Protagonist etwas, was ich nicht geplant habe. Dann schreibe ich der Geschichte hinterher, es fühlt sich an, als würde ich sie das erste Mal lesen. Und ich weiß genau, wenn am Anfang, (wie z.B. in Lavalle 3) plötzlich sein Notizbuch weg ist, dass es irgendwann später wieder auftaucht. Ich plane meine Krimis nie, was ich keinem Lektor sagen darf. (lacht)


Ihr Kommissar Lavalle ist ja ein unkonventioneller Typ, der manchmal auch nicht ganz astreine Methoden anwendet, um Ergebnisse zu erzielen. Ein ziemlich kompliziertes Privatleben hat er außerdem noch … wie kommt man auf so einen Menschen? Ist er ganz plötzlich da gewesen oder hat er sich erst im Laufe der drei bisherigen Bücher so entwickelt?

Lavalle beginnt im ersten Fall mit einer handfesten Ehekrise (und ich bekam viele Zuschriften von Männern, mit der Frage, woher ich das so genau weiß?) und entwickelt sich dann weiter. Mich langweilen Krimis, wo die Protagonisten selbst keine Entwicklung durchmachen, denn jeder Mensch entwickelt sich immer. Abgesehen davon ist es schön zu schreiben, weil man ja ein bisschen Gott ist und so ist Lavalle auch mein ‚Traummann’, den ich mir so haben ‚backen’ können. Andere Zuschriften von Frauen bestätigen, dass ich mit meinem Geschmack nicht einsam bin. Zudem habe ich oft in Frankreich gelebt und habe zwei Seelen in mir und das fand ich schön, Lavalle auch zu geben.


Wie gehen Sie beim Schreiben eines neuen Romans vor? Haben Sie ein festes Konzept, bevor Sie loslegen, oder schreiben Sie einfach drauflos?

Ich beginne wie mit der Leiche in meiner Wohnung. Mit einer Leiche und mache mich dann gemeinsam mit ‚meinem’ Krimipersonal auf die Suche, wer es gewesen sein könnte.


„Die Stunde der Artisten“, Ihr aktueller Krimi mit Kommissar Lavalle, spielt im Umfeld eines Varietés. Für die meisten von uns ist das eine völlig fremde Welt. Wie lange mussten Sie recherchieren, um hier „heimisch“ zu werden? Hatten Sie vorher Kontakte in diesem Bereich?

Es ergab sich, da seit meinem Buch über den wunderbaren Artisten Konrad Thurano 2004 das Apollo sozusagen mein zweites Wohnzimmer ist, wenn ich in Düsseldorf bin. Und da die Welt der Artisten so anders ist und sie die wahren Kosmopoliten unter uns sind, und das schon seit Jahrhunderten, lag es nah, dort einen Mord geschehen zu lassen.


Wie behalten Sie die doch ziemlich zahlreichen Figuren mit all ihren Eigenheiten im Kopf? Gibt es so etwas wie Karteikarten oder einen großen Plan in Ihrem Arbeitszimmer?

Sie sind wie meine engsten Freunde, die würde man doch auch nie verwechseln, also, wie sie sich bewegen, was sie bewegt, ausmacht, typische Gesten. Wenn ein neuer Krimi mit neuem Personal kommt, ist es zu Anfang sehr hilfreich, einen Plan an der Wand zu haben, wo die wichtigsten Eckdaten stehen, auch spezielle Gesten, die für den Charakter typisch sind und die keine andere Figur haben sollte.


Haben Sie eine feste Vorgabe, wenn Sie schreiben? Gibt es zum Beispiel eine bestimmte Tageszeit oder eine Seitenzahl pro Tag?

Nein, wenn mich die Story gepackt hat, ist es nur eine Frage der Zeit, wann ich schreiben kann. Denn es ist für mich wie bei einem guten Buch, man will weiterlesen und ich kann nur weiterlesen, wenn ich weiterschreibe. Manchmal, gerade zum Schluss schreibe ich auch über 30 Seiten pro Tag.


Sie sind nicht nur Schriftstellerin, sondern machen noch ganz viele andere Dinge, zum Beispiel Kabarett, Sie betreiben eine Internetseite, die sich „Liebesratgeber“ nennt, bieten Unternehmenskrimis an und so weiter. Was davon ist Ihre liebste Beschäftigung und warum?

Konrad Thurano hat mir einen wunderschönen Satz hinterlassen: Wer die Menschen zum Lachen bringt, kennt den Weg in ihre Herzen. Und das stimmt und deshalb bin ich auch sehr gern auf der Bühne. Aber wenn es ginge, würde ich nur schreiben. Auf der anderen Seite geben mir all die anderen Aktivitäten immer wieder neuen Stoff, neue Ideen für Protagonisten. Derzeit arbeite ich z.B. stundenweise als Schreibkraft in einer großen Arztpraxis (lernte schon über 600 neue Worte), und sowohl die Worte, wie die Atmosphäre, die Menschen, die dort arbeiten, die Patienten, die dort hinkommen, werden meinem nächsten Krimi zu Gute kommen, der ein Medizinthriller wird.


Wie weit sind Sie mit der Arbeit am vierten Lavalle-Krimi gekommen? Dürfen Sie schon ein bisschen verraten, um was es geht?

Lavalle schläft ein bisschen, da ich derzeit an einer Kommissarin arbeite und das Thema ist so heiß, dass ich es wirklich nicht verraten darf.


Auf wie viele neue Fälle dürfen Fans noch hoffen? Ist ein Ende in Sicht, haben Sie womöglich etwas ganz Neues geplant?

Siehe oben. Aber Lavalle wird noch viele Fälle erleben, denn ich mag ihn nach wie vor.


Die nächste Frage ist ein bisschen Off-Topic, aber zuletzt konnte man Sie im Fernsehen bewundern, dort haben Sie bei „Das perfekte Dinner“ für vier fremde Menschen gekocht. Was hat Sie bewogen, dort mitzumachen und wie war es, sich und sein Privatleben hinterher im Fernsehen wiederzufinden?

Der Grund für mich war einzig die Möglichkeit wahrzunehmen, ca. eine Million Menschen wissen zu lassen, dass ich Krimis schreibe. Kleine Verlage haben nur sehr wenig Budget für Werbung. Ich fand, ich habe mein Privatleben für mich behalten und musste lachen, denn ich kam meiner Meinung nach im Perfekten Dinner viel sympathischer rüber, als ich mich selbst empfinde. Wir haben mit ca. 20 Freunden ‚Public Viewing’ daraus gemacht und hatten viel Spaß an dem Abend.


Und zum Schluss eine Frage, die sich fast erübrigt, ich stelle sie trotzdem: Lesen Sie selbst gern? Und wenn ja, was lesen Sie? Gibt es Lieblingsautoren, die sie unseren Lesern empfehlen können?

Oh ja! Neben den Klassikern wie George Simenon (nicht Maigret, sondern die anderen), Erich Maria Remarque, Steinbeck und du Maurier, fand ich zuletzt einen absoluten Knaller von Massimo Carlotto, ‚Die dunkle Unermesslichkeit des Todes’.


Ich danke Ihnen für dieses Interview!

Ich danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Lavalle zu lesen und so ausführlich zu rezensieren. Nur ein kleiner Fehler, der sich wahrscheinlich eingeschlichen hat, weil Ann eben so ist, sie heißt Ann Stahl und nicht Ann Stark (was als Name sicher gut passen würde). Anmerkung der Redaktion: Der Fehler wurde selbstverständlich inzwischen korrigiert Wink.

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