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Quentin Coldwater steht kurz vor dem Abschluss der Highschool. Vor der Langeweile des Alltags flüchtet er sich am liebsten in die fantastischen Romane, die in einem magischen Land, in Fillory, spielen. Natürlich ist Quentin davon überzeugt, dass es Zauberei in der realen Welt nicht gibt bis er sich unerwartet an einem geheimen, sehr exklusiven College außerhalb von New York wiederfindet.
Gerade noch ist er durch das winterliche Brooklyn gelaufen, als er plötzlich auf dem idyllischen Gelände des Brakebills-Colleges für Magische Pädagogik in der prallen Sommersonne steht. Als Quentin begreift, was mit ihm geschehen ist, ist er bereit, die ihm gebotene Chance zu ergreifen. Er beginnt, moderne Zauberei zu studieren und er genießt das Collegeleben: Freundschaft, Liebe und Sex.
Aber irgendetwas fehlt. Obwohl er eine Macht gewinnt, von der er niemals zu träumen gewagt hätte, ist er nicht wirklich glücklich. Da machen er und seine Freunde eine atemberaubende Entdeckung: Das magische Land Fillory gibt es tatsächlich, aber es ist weitaus düsterer und bedrohlicher als Quentin es sich je vorgestellt hatte. Sie begeben sich auf eine gefährliche Reise ...

 

Fillory  Originaltitel: The Magicians – A Novel
Autor: Lev Grossman
Übersetzer: Stefanie Schäfer
Verlag: Fischer
Erschienen: 08.09.2010
ISBN: 978-3-8414-2100-5
Seitenzahl: 624 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Quentin ist ein hochintelligenter, 17-jähriger Junge, der stets unglücklich ist. Es muss einfach mehr geben, als das Offensichtliche, als die graue Ödnis, in der er sich befindet. Als er eines Tages nach einem durch unvorhergesehene Umstände nicht zustande gekommenen Gespräch zur Aufnahme an einem College auf dem Weg durch die Straßen ist, landet er mit einem Mal in Brakebills und bevor er so recht weiß, wo er ist und was Brakebills für ein College sein soll, absolviert er schon die Einstellungstests – und besteht. Erst nach und nach erfährt er, dass es sich um ein College handelt, an dem junge Leute mit der Fähigkeit zur Zauberei studieren. Endlich hat Quentin das gefunden, was er gesucht hat. Doch lange bleibt er nicht glücklich, verliert sich immer wieder in den Gedanken an seine Lieblingsbuchserie Fillory und hofft, dass es diese wunderbare Welt wirklich gibt. Doch es soll noch lange dauern, bis er den Zugang zu Fillory entdeckt – und die Welt dort ist nicht annähernd so bezaubernd, wie er sie aus den Büchern kennt …

Lev Grossman hatte dem Grunde nach eine interessante Idee, doch fehlt es dieser nicht nur an deutlich mehr eigenen Ideen, sondern auch an einer gelungenen Umsetzung. Zu sehr fühlt sich der Leser an Harry Potter, Narnia und den Herrn der Ringe erinnert. Das Ganze ließe sich wohl noch verschmerzen, wenn der Autor aus dieser Mischung, gewürzt mit eigenen Einfällen, eine spannende Geschichte gemacht hätte, doch gefesselt wird der Leser leider überhaupt nicht.


Stil und Sprache
Der Autor hat einen sehr offenen, direkten Schreibstil, ist dabei aber auch bildreich und weiß durch frische Vergleiche und Metaphern zu überzeugen: „Das Gewicht seiner Pflichten zog ihn hinunter in den dunklen Schacht des Alltags“ (Seite 27). Dabei ist die Sprache stark von Quentin gefärbt, aus dessen Sicht in der dritten Person erzählt wird, was einen tiefen Einblick in seine Gedanken und Gefühle ermöglicht. Befremdlich wird es, wenn sich in all den locker-flockigen und zumeist recht einfach gehaltenen Stil plötzlich Sätze wie der auf Seite 308 einschleichen: „[…]; in erster Linie war es nur eine weitere, infantilisierende Einrichtung des englischen Schulsystems, ein Symptom jener Anglophilie, die so tief in der institutionellen DNA von Brakebills verwurzelt war“. Abgesehen davon, dass solch eine Ausdrucksweise in einem für Jugendliche ab 14 Jahren ausgelegten Buch nichts zu suchen hat, passt sie nicht zum restlichen Stil und wirkt nicht selten wie ein Fremdkörper.

Nach einem recht interessant-spannendem Einstieg geht es deutlich weniger aufregend zu, der Leser beobachtet die Figuren in ihrer neuen Umgebung – zumeist lernend. Und so schleppt sich die Geschichte voran, zäh wie Kaugummi, ohne den Leser recht packen zu können. Um das Geschehen nicht zu sehr ausufern zu lassen, werden teilweise mehrere Monate übersprungen oder einige Begebenheiten lediglich zusammengefasst wiedergegeben, was dem Ganzen einen „Berichts-Stil“ verleiht und wenig spannend ist. Aufgrund dieser Zeitsprünge wirkt es, als würde der Autor durch die Studienzeit Quentins hetzen, um endlich zur eigentlichen Geschichte in Fillory zu kommen. Dabei gelingt es ihm jedoch gleichzeitig, dass die Geschichte vor sich hin dümpelt und nichts Aufregendes passiert. Es fehlt einfach etwas, das die Handlung vorantreibt; der rote Faden ist den Großteil des Buches schlichtweg nicht zu erkennen.
Eine nach vielen quälenden Seiten der Langeweile auftauchende Szene, die dem Grunde nach ein enormes Spannungspotential besitzt, wird so teilnahmslos wiedergeben, dass es den Leser nicht einmal stört, dass dabei eine Studentin ums Leben gekommen ist (was sicherlich daran liegen mag, dass dieser Umstand lediglich in einem Satz nebenbei fallen gelassen wird), sodass die sich anschließende Aufregung unter den Studenten und Dozenten nur sehr schwer nachzuvollziehen ist. Und als einige der Studenten in die weiße Einöde Brakebills-Süd verfrachtet werden, schafft der Autor es hervorragend, die Langeweile der Studenten – die mehr oder minder lernend vor sich hinvegetieren – auf den Leser zu übertragen.

Ein immer wiederkehrendes Symbol ist „Fillory“, eine Romanreihe, die Quentin nach wie vor gerne liest, auch wenn sie vielmehr für Kinder geschrieben ist. Andauernd wandern Quentins Gedanken zu den Fillory-Büchern, zu einzelnen Begebenheiten oder einer groben Zusammenfassung der einzelnen Bände. Doch worauf das Ganze hinauslaufen soll, wird aus der Geschichte selbst nicht ersichtlich, hier gibt lediglich der Text der Buchrückseite einen Hinweis.
Mit einem Augenzwinkern lässt der Autor den Herrn der Ringe, Harry Potter und sogar Star Wars offensichtlich in die Geschichte einfließen, andere Details wirken hingegen abgekupfert. So weist Fillory selbst eine starke Ähnlichkeit zu den Narnia-Büchern von C.S. Lewis auf: Eine fremde magische Welt, die man nur auf bestimmten Wegen betreten kann und in der nur Erdenkinder die Throne besetzen und für Ordnung in Fillory sorgen können.

Nach über 400 Seiten, beginnt das Buch interessanter zu werden, auch der rote Faden ist nun deutlicher erkennbar und der Autor scheint endlich zu wissen, wohin er will. Es entsteht der Eindruck, die ganzen vorangegangenen Zweidrittel des Buches waren lediglich die – arg ausschweifende und wenig spannende – Einleitung für die eigentliche Geschichte, die nun beginnt. Doch auch diese wird unaufgeregt wiedergeben und es ist nahezu unmöglich, in den Worten Lev Grossmans abzutauchen und sich auf die Geschichte einzulassen. Auch das recht gelungene Ende kann über die wenig spannende Geschichte nicht hinwegtäuschen.


Figuren
Bis auf die Hauptfigur Quentin, zu der man aufgrund der Erzählperspektive schnell Zugang hat, bleiben so ziemlich alle anderen Figuren reine Statisten; blass und unscheinbar erfüllen sie die ihnen zugedachten Rollen, ohne den Leser für sich gewinnen zu können oder auch nur den Eindruck zu vermitteln, dass sie eine andere Wahl haben, als den ihnen vorgegebenen Weg zu gehen. Nicht selten scheint es, als wären sie ein depressiver, verantwortungsloser, versoffener und sexbesessener Haufen, der zufällig zaubern kann. Auch Quentin zählt dazu, was eine Identifikation mit der Figur schwer, wenn nicht sogar unmöglich macht. Seine Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, ebenso wie die der anderen Figuren. Viele verschwinden zudem plötzlich in der Versenkung, um irgendwann, wenn der Autor sie zu brauchen scheint, wieder aufzutauchen.
Alles in allem lässt sich sagen, dass den meisten Figuren ein Eigeneleben fehlt und keine von ihnen so recht dreidimensional ausgearbeitet ist. Hier hat der Autor das Potential voll verschenkt.


Aufmachung des Buches
Der Schutzumschlag des gebundenen Buches ist absolut gelungen: ansprechend gestaltet und dabei so geheimnisvoll, dass die Neugier des Betrachters schnell geweckt wird. Der Text der Buchrückseite tut sein übriges dazu, dass man gerne zu dem Buch greifen möchte. Auch das goldene Wappen des Brakebills College, dass sich unter dem Schutzumschlag auf dem Buchdeckel befindet, ist ein sehr schönes Detail, ebenso die farbige Karten Fillorys auf den Vorsatzblättern. Schade nur, dass der Inhalt bei weitem nicht hält, was die Verpackung verspricht.


Fazit
Eine mittelmäßige Idee in einer langweiligen, teilweise unglaubwürdigen und oft völlig überzogenen Umsetzung. Auch der dem Grunde nach ansprechende Stil des Autors – mit den herrlichen Metaphern und Vergleichen – macht dieses Buch nicht zu einem Lesevergnügen, zu sehr quält man sich durch die Seiten. „Fillory“ ist ein absoluter Fehlgriff.


1 Stern


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