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„Du kannst kämpfen. Du kannst kämpfen und bist stark. Lass Dich durch nichts und niemanden besiegen...“

 

Maries_Drachen 

Autor: ANGE (Anne und Gerald)
Illustration: Thierry Démarez
Verlag: Splitter
Erschienen: 06/2010
ISBN: 978-3-86869-156-6
Seitenzahl: 56 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Die 12jährige Marie wird von ihrem Dorf zu einer Blutprüfung, welche ihr die Reife einer Heranwachsenden verleiht, in den Wald geschickt. Bei ihrer Rückkehr findet sie das Dorf verwüstet, die Bewohner wurden entweder grausam abgeschlachtet oder verschleppt.
Jahre später: während ein mysteriöser Orden im Frankreich des frühen Mittelalters agiert, ist Marie erwachsen geworden – und hat sich zu einer hervorragenden Kämpferin entwickelt, die sich als Söldnerin verdingt. Während ihrer Aufträge sucht sie nach den Mördern ihrer Familie, um Rache zu nehmen. Doch dann wird sie in die Belange des Ordens verwickelt ...

Das Autorenteam Anne und Geralt, die sich zusammen ANGE nennen, haben mit dem ersten Band der Serie „Maries Drachen“ einen Plot im mittelalterlichen Frankreich geschaffen, der den Leser fast während des gesamten ersten Teils mehr verwirrt als aufklärt – lange rätselt man, worum es eigentlich geht, was dies für ein Orden ist, der im Stillen arbeitet, was dessen Zweck ist. Und was Marie mit der ganzen Sache zu tun hat. Und so muss der Leser Geduld mitbringen, erst zum Ende hin bekommt er eine Ahnung, wohin die Reise wohl geht – Aufklärung wird ihn aber vermutlich erst im zweiten Band der Reihe erwarten ...


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die visuelle Umsetzung der Story hat der Grafiker Thierry Démarez übernommen. Die Tiefe seiner Landschaftsbilder – und auch manche Illustrationen aus den Städten – sind mit vielen Ebenen geschickt gestaffelt, was ihnen einen räumlichen Effekt verleiht. Auch wenn sie bisweilen nicht zu den feinsten Arbeiten zählt, die ich kenne, ist Démarez Art zu zeichnen grundsätzlich hochwertig. Obwohl nicht überragend genau und fein auflösend und in den Bildtiefen teilweise deutlich einfacher, so war mein erster Gedanke doch der von Sanftmut, die aus den Bildern spricht. Auch wenn die Landschaften in manchen ihrer Teile wirklich einfach sind, so überzeugen sie dafür durch die tollen Stimmungen, die der Künstler in seine Arbeiten zu zaubern vermag. Besonders beim Überblicken der Gegend, als betrachte man sie von einem hohen Aussichtspunkt aus, sind die Landschaften, wenn auch nicht „perfekt glatt“ erarbeitet, teils wunderschön anzuschauen.
Gebäude und Innenräume sind häufig anregend, teils aber auch weniger überzeugend dargestellt, besonders dann, wenn sie ein recht skizziertes Aussehen und nicht immer sauber erarbeitete Linien (so z.B. das erste Bild im Klosterhof auf Seite 30) haben. Auch hier gelingt es Démarez in manchen Szenen (z.B. dem tiefen Gang auf Seite 42), durch schöne Lichtstimmungen zu punkten.
Spielen die jeweiligen Szenen nicht des nachts oder im Kerzenschein beleuchteter Räume, sind die Farben – obwohl matt – doch natürlich und damit lebendig: das von der Intensität gut gewählte Blau des Himmels oder das torfige Braun-Orange des Waldes finden die Balance zwischen nicht übertriebener Farbsättigung und realistischer Wiedergabe. Zunächst einmal fallen die recht groben Schattierungen der mittleren Schattenbereiche nur auf, man meint jedoch, sie passen zum Charakter der Zeichnungen. Da einem diese raue, schraffierte Schattendarstellung dann aber in fast jedem Bild begegnet und sie nicht wirklich schön ist, beginnt sie auf Dauer zu nerven.
Der Eindruck von Sanftmut ist dahin, wenn es zu den Kampfszenen kommt. Recht blutig, wenn zunächst noch nicht übermäßig brutal, ist beispielsweise die Passage, als Marie und William gegen eine Meute großer Kampfhunde anzutreten haben. Später in der Geschichte nehmen aber sowohl Brutalität als auch fließendes Blut zu, als sich William auf der Suche nach Marie durch den Palast vom Herzog von Herbeval kämpft.

Besonders toll ist die Augenpartie von Marie auf Seite 8 umgesetzt. Leider ist die hier ausgereizte grafische Umsetzung  bei der Darstellung der Figuren jedoch kein Standard, denn gerade sie unterliegen zeichnerischen Schwankungen, mal sind sie fein, mal recht grob. Die Gesichtszüge sind meistens, aber nicht immer, passend und zu erkennen, denn „schrumpfen“ die Figuren, bedingt durch die Perspektive und den Umfang der Bildinhalte innerhalb eines Panels, sind sie oft nur noch über ihre Kleidung und Position, aber sonst nicht mehr anhand anderer Merkmale auseinander zu halten. Entsprechend wurde auch in nicht wenigen Zeichnungen die Mimik der Charaktere vernachlässigt oder nur angedeutet. Waffen und besonders die Kleidung sind überwiegend genau und deren Verzierungen exakt wiedergegeben.

Unklar bleibt im ersten Band die Szene aus Maries Jugend, als sie im Wald gegen einen Wolf – oder gegen ein Monster? – kämpft. Vor Beginn und nach Ende des Kampfes ist Marie zu sehen, die im nächtlichen Wald dem Wolf gegenübersteht. Doch während des Kampfes hat das Wesen das Aussehen eines Ungeheuers, die Panels sind gezackt und doppelt umrandet, Marie und das Wesen vor einem hellen, in Richtung Sepia gehenden Hintergrund gebettet. Ein weiteres Mal trifft der Leser auf ähnliche Bilder, wobei wieder nicht klar ist, ob es sich hierbei um eine Vision oder um Realität handelt. Die so gezeigten Kreaturen auf Seite 29 sind ekelig-schaurig und nicht für jedermann geeignet. Zwar bekommt man irgendwann eine Ahnung, was es mit diesen Wesen auf sich hat, doch direkt erläutert wird es vermutlich erst im Folgeband.

Keine Auffälligkeiten gibt es bei der Textgestaltung, die durchweg in Großschrift gehalten ist, für Betonungen z.B. bei Rufen fett gedruckt wurde und gelegentlich, aber nicht zu häufig, von Soundwords begleitet wird.


Aufmachung des Comics

Bei der Aufmachung gibt es – typisch für den Splitter-Verlag – nichts zu meckern. Sie entspricht dem üblichen Verlags-Niveau, und das ist hochwertig. Der hartkartonierte, glänzend bedruckte Buchumschlag fasst den Comic mit einer hervorragenden Verarbeitung ein. Das Vorsatzpapier, aus braunem Tonkarton, stellt einen Bildausschnitt einer unterirdischen Säulenhalle dar und stimmt direkt auf die mittelalterliche Atmosphäre ein. Das Cover, welches sich aus mehreren Elemente zusammensetzt – dem Angriff auf Maries Dorf im unteren Teil, Marie, William und Jean von Clermont im mittleren Bereich, im Hintergrund ein Ausschnitt eines Saales und im oberen Teil der Titel – bildet eine Einheit, welche bereits im Buchladen die Blicke auf sich ziehen wird, ohne zu aufdringlich zu sein. Auf der Rückseite sieht man die gerüstete und bewaffnete Marie in einem Lichtstrahl.


Fazit
Der Auftaktband, der die Szenerie von „Maries Drachen“ eröffnet, verwirrt den Leser über große Teile, weiß er doch nicht so recht, worum es in dem Comic überhaupt geht. Erst zum Ende hin kommt Licht in den Plot, eine Aufklärung wird es vermutlich aber erst im zweiten Teil geben. Démarez' Zeichnungen sind nicht selten hochwertig ausgeführt, unterliegen aber leider – besonders bei den Charakteren – Schwankungen. Band 1 stellt sich damit eher durchschnittlich dar.


3 Sterne


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