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Kategorie: 1800 – 1900 Romantik, Biedermeier, Gründerzeit usw

Baden-Baden, 1871: Die junge Flora trifft in der weltoffenen Kurstadt ein. Ihr größter Traum geht in Erfüllung: Sie wird das Handwerk der Blumenbinderei erlernen. Die vornehmen Kunden sind begeistert von ihren geschmackvollen Arrangements. Doch als Flora sich unsterblich verliebt, fordert sie das Glück heraus.

 

  Autor: Petra Durst-Benning
Verlag: List
Erschienen: 03/2008
ISBN: 978-3-471-77355-X
Seitenzahl: 432 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Das Leben im damals schon mondänen Baden-Baden steht als Anschauungsplatz im Mittelpunkt der Geschichte. Die gehobene Gesellschaft und alle, die sich zu dieser zugehörig finden, verbringen alljährlich ihren Sommer in der bekannten Kurstadt.
Flora, Tochter einer Samenhändlerfamilie aus Gönningen, heiratet nach Baden-Baden und übernimmt den Blumenladen ihres Schwiegervaters. Ihr Traum scheint wahr zu werden, hat sie sich doch nichts sehnlicher gewünscht, als das Handwerk des Blumenbindens zu erlernen. Dass aber die Welt der Edlen und Reichen, die sich von ihr Blumenarrangements für diverse Feiern gestalten lassen, nicht so ist wie sie scheint, merkt Flora erst als es schon zu spät ist. Die Welt, die sie so sehr bewundert und die für Flora einen ganz besonderen Reiz hat, hat auch eine ebenso schwarze Kehrseite, die sie erst dann sieht, als sie sich mitten in der Katastrophe befindet.


Stil und Sprache
Durst-Benning hat einen unverkennbaren Sprachstil, der ihren Büchern das „besondere Etwas“ verleiht. Sehr weich und feinfühlig führt sie den Leser (meist bestimmt die Leserin) in die Welt ihrer Figuren.
Schon im ersten Band, „Die Samenhändlern“, durfte man Bekanntschaft mit den Samenhändlern aus Gönningen machen. Flora ist die Tochter Hannahs, die damals nach Gönningen kam, um Helmut, ihren jetzigen Mann, zu suchen. Ist dieses Buch zwar die Forstsetzung, so ist es aber nicht unbedingt notwendig, dass man den ersten Band gelesen hat, um dem Inhalt im Blumenorakel zu folgen.
Wie gewohnt, vermitteln die Bücher der Autorin eine Leichtigkeit, die nicht erahnen lässt, dass all ihre Schauplätze und so nebenbei eingestreut wirkenden gesellschaftlichen Ereignisse exakt recherchiert sind. Die historischen Begebenheiten, wie z. B. die Schließung des Casinos, sind ebenso geschickt mit der Geschichte verwoben wie der regelmäßige Besuch Kaiser Wilhelms I. mit seiner Gemahlin in Baden-Baden.
Durst-Benning versteht es in diesem Buch hervorragend den Stellenwert der gesellschaftlichen Hierarchie mit all ihrem heuchlerischen Schein der „edlen Gesellschaft“ darzustellen und der Protagonistin den Mund wässrig ob des süßen, reichen und unbeschwerten Lebens zu machen.
Die Erzählung geht flott voran und nur all zu schnell strebt sie dem Ende zu, wo man als Leser mit dem Gefühl zurückgelassen wird, dass man sich einen schönen Film angesehen hat. Im Nachhinein betrachtet wirken alle Gebäude Baden-Badens, die Straßen, die Alleen und auch die Parks und Wiesen der Umgebung so vertraut, als habe man die berühmte Stadt schon selbst besucht.


Figuren
Wie von Petra Durst-Benning gewohnt, widmet sie sich auch in diesem Buch wieder der empathischen und nachvollziehbaren Charaktere ihrer Figuren mit viel Liebe. Die Autorin lässt den Leser immer an den Gedankengängen ihrer Protagonisten teilhaben, was das Handeln der einzelnen Figuren nachvollziehbar und glaubwürdig erscheinen lässt.
Flora ist eine ehrgeizige und oft ungestüm handelnde junge Frau, die das Leben in vollen Zügen genießt. Wohlbehütet aufgewachsen, ist ihr noch nie etwas „Böses“ in ihrem Leben passiert und daher fehlt ihr auch die gesunde Skepsis, als der attraktive (vermeintliche) Künstler Konstantin sie umwirbt. Das unbeschwerte Gefühl des Verliebtseins, mit all dem dazugehörigen Realitätsverlust, vermittelt die Autorin so empathisch, dass man sich selbst in dieser Situation handeln sieht. Anderseits zeigt sie den unsicheren und auch etwas unbeholfenen Friedrich, Floras Ehemann, der verzweifelt gegen sich selbst zu kämpfen scheint, um Flora für sich zu gewinnen. Als sie dann verheiratet sind, werden aber all seine Gedanken daran weggewischt und er nimmt auf Floras Wünsche keine Rücksicht mehr.
Zu diesen beiden steht im krassen Gegensatz Konstantin, ein Charmeur und Beau, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist.
Die Autorin zeigt die unterschiedlichsten Charaktere und führt bei den Handlungen ihrer Figuren auch das „Warum“ und „Wieso“ an, was dem Leser die Figuren noch näher bringt.


Aufmachung des Buches
Ein schönes gebundenes Buch mit Schutzumschlag. Der kartonierte Umschlag ist weinrot und wenn man diesen leicht gegen das Licht hält, sieht man leicht geprägt ein Moree-Muster. Nur am Buchrücken sind Autor und Titel gedruckt.
Beim Schutzumschlag dominiert als Hintergrundfarbe auch dunkles rot und vorne ist das Porträt einer jungen Frau mit Frisur und Bluse aus der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen. Das Buch ist in 60 Kapitel unterteilt und am Schluss findet man noch eine Anmerkung und eine Danksagung der Autorin. Die schönste Ergänzung jedoch ist „Floras Blumen-ABC“, welches noch ganz hinten zu finden ist. Hier sind die Bedeutungen der einzelnen Blumen, angefangen von Akelei bis hin zu Zypresse, nachzulesen.


Fazit
Ein sehr schönes und feinfühliges Buch, welches sich leicht lesen lässt und einem kurzweilige Stunden beschert. Wer keine dramatischen und brutalen Ereignisse sucht, sondern Alltagsgeschichten, wie viele sie hätten erleben können, sollte sich mit diesem Buch in die Zeit des romantischen Historismus entführen lassen und diesen eigenen Flair genießen.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Die Samenhändlerin