Zerrissen zwischen Liebe und Treue
Ich liebte Lucas, auch wenn er als Jäger der eingeschworene Feind von Vampiren wie mir war. Doch da erlebte ich mit, wie gnadenlos seine Familie auf eine Freundin von mir Jagd machte, und mir kamen Zweifel. Sollte ich mich von ihm abwenden, wie meine Eltern es wünschten? Jetzt musste ich mich entscheiden - zwischen meiner Familie und der Liebe zu unserem größten Feind.
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Autor: Claudia Gray |
Die Grundidee der Handlung
Es ist noch nicht allzu lange her, dass Bianca Olivier zum ersten Mal die bedrückenden Gänge des imposanten Gemäuers aus dem 18. Jahrhundert betrat. Sie hatte einen schwierigen Start inmitten der selbstbewussten, vollkommenen Mitschüler. Nicht nur, dass ihre Eltern als Lehrer der Akademie angestellt sind, sie sticht auch durch ihr besonderes Wesen aus der breiten Masse hervor. Bianca ist ein geborener Vampir! Evernight, die so genannte Festung der Verdammten, bietet optisch jungen Vampiren die Möglichkeit, sich mit den Errungenschaften und dem Umgang der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts vertraut zu machen. Sie ist ein Ort des Lernens, der Tradition und der Zuflucht. Menschen sind ebenfalls zugelassen. Sie dienen den Vampiren als Lernobjekte, mitunter auch verbotenerweise als Appetithappen. Das neue Schuljahr beginnt - für Bianca leider ohne Lucas. Ob der Gedanke an eine gemeinsame Zukunft Bestand haben kann, ist äußerst fraglich. Sechs Monate, seit seiner überstürzten Flucht, haben die beiden einander nicht mehr gesehen. Einzig Balthazar ist und bleibt ihr eine große Stütze. Als Vic ihr eine geheime Botschaft zukommen lässt, schöpft sie neue Hoffnung. Auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt, schließt sich ihr überraschenderweise eine junge Vampirin an. Lucas ist wenig begeistert, Bianca in Gesellschaft dieses Mädchens zu sehen, gehört sie doch zum gefährlichen Vampirclan, auf dessen Fersen sich seine Einheit des Schwarzen Kreuzes befindet. Es kommt zu einem Kampf, der nicht der Letzte sein wird. Nachdem Balthazar Bianca bei ihrer Rückkehr auf die Schliche kommt und sich herausstellt, wer Charity, die kindliche Vampirin, ist, beschließen die beiden einen Pakt. Bianca wird in Evernight keinem gegenüber Charity erwähnen, ebenso wird Balthazar die geheimen Treffen mit Lucas nicht verraten. Um Schüler und Lehrer zu täuschen und sich freien Ausgang zu ermöglichen, hecken die beiden einen gemeinsamen Plan aus, der lange Zeit hervorragend funktioniert. Doch niemand hat damit gerechnet, dass Charity trotz aller Abneigung Mrs. Bethany gegenüber eines Tages vor den Toren Evernights steht und um Zuflucht bittet. Die Situation eskaliert, Menschen und Vampire geraten in Gefahr …
Stil und Sprache
Claudia Gray führt mit der Fortsetzung “Tochter der Dämmerung“ - ihrer Serie um das geheimnisumwobene Internat “Evernight“ - Schüler, Lehrer und Leser gemeinsam durch ein weiteres Schuljahr voller Rätsel und unerklärlicher Phänomene. Die Geschichte knüpft nahezu nahtlos dort an, wo der Vorband endete. In zweiundzwanzig Kapiteln in erster Person Singular aus Sicht Bianca Oliviers werden sowohl die unglückliche Liebe zwischen Vampir und Mensch im Stile Shakespeares Romeo und Julia, als auch die Frage nach der Zulassungspolitik der Schulleitung wieder aufgegriffen. Weitere Handlungsstränge um das Schwarze Kreuz - eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Vampire zu jagen und auszulöschen -, eine Vampirin mit besonderer Beziehung zur Akademie und Geister, die das Gebäude mit mehr oder weniger gefährlicher Intensität heimsuchen, sorgen für zusätzliche Spannung und aufregende Unterhaltung. Bei der Klärung bestehender Fragen werden zusätzliche Erkenntnisse gewonnen, die überraschende Akzente setzen.
Die Erzählperspektive vermittelt Nähe und Sympathie zur Hauptprotagonistin und ermöglicht dem Leser nur einen begrenzten Einblick in Umstände und Vorkommnisse. So wird gemeinsam gebangt, gezittert und gehofft, aber auch gefreut und verzweifelt. Die Atmosphäre ist angemessen düster und melancholisch, wie es sich bei Vampiren voller Sehnsucht erwarten lässt. Dank des gefälligen Schreibstils der Autorin und der modernen, auf die Zielgruppe ausgerichtete Sprache, lässt sich der Roman schnell und flüssig lesen. Ein heftiger Showdown zum Abschluss des Romans sorgt für Chaos und lässt allerhand Unklarheiten für den dritten Band der Serie zurück, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt.
Figuren
En gros wird die Handlung von der komplizierten Beziehung zwischen Lucas Ross, Mitglied des Schwarzen Kreuzes, und Bianca Olivier bestimmt. Eine Verbindung zwischen Mensch und Vampir ist nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass es sich bei Lucas quasi um den Erzfeind handelt. Doch die beiden halten trotz aller Widrigkeiten an ihrer großen Liebe fest. Lucas befindet sich zusammen mit der Gruppe um seine Mutter Kate und seinem Stiefvater Eduardo auf der Jagd nach einem Vampirclan ganz in der Nähe Evernights. Was liegt näher als ein geheimes Treffen nach rund einem halben Jahr der Sehnsucht und Einsamkeit? Vereinfacht wird dies durch die Hilfe Balthazar Mores. Ihn und Bianca verbindet seit jeher eine gute Freundschaft, auch wenn Balthazar weit mehr für sie empfindet. Die beiden spielen in der Öffentlichkeit das glückliche Paar, damit niemand Verdacht schöpft, wenn sie gemeinsam das Internatsgelände verlassen. So bietet sich für Bianca Gelegenheit, sich weiterhin mit Lucas zu treffen und Balthazar kann seinen eigenen Erkundigungen außerhalb Evernights nachgehen.
Neben Charity, einer äußerst widersprüchlichen Vampirin, flechtet Claudia Gray weitere paranormale Wesen ins Geschehen ein, die für den einen oder anderen Gruselmoment sorgen. Erst gegen Ende des Romans erklärt sich ihr Erscheinen, was ganz nebenbei Biancas bisheriges Leben gehörig auf den Kopf stellt.
Die Autorin schreitet in der Entwicklung ihrer Figuren kontinuierlich voran. Das Auf und Ab zwischen den Liebenden sowie die zugehörige Dreiecksgeschichte, den Dritten im Bunde eingeschlossen, rühren kräftig an den Emotionen von Hauptfiguren und Leserschaft.
Aufmachung des Buches
“Tochter der Dämmerung” ist analog zum Serienauftakt von “Evernight” in gebundener Form im Penhaligon-Verlag erhältlich. Die Serienzugehörigkeit zeigt sich auf den ersten Blick in Layout und Motiv; Violett bestimmt die Optik von Einband und Schutzumschlag.
Auch dieses Mal wird das Cover von einem angeschnittenen Gesicht mit geschlossenem Auge in Leinwandmanier dominiert. Der hübsch verzierte Schriftzug “Evernight” ist in strahlendem Silberglanz gehalten. Einen ersten Eindruck vom Inhalt des Romans gewinnt der Leser durch Informationen auf Rückseite und Innenklappe des Umschlags.
Fazit
Claudia Gray führt das Geschehen rund um die unheimliche Festung der Verdammten emotional und spannend fort. Die Charaktere gewinnen deutlich an Tiefe. Überraschende Wendungen und ungeklärte Fragen lassen den nächsten Band kaum erwarten.
Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den Penhaligon Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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