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Es ist Sommer in München. Kommissarin Laura Gottberg nutzt die Kühle der frühen Morgenstunden für lange Spaziergänge an der Isar. Dort lernt sie eines Morgens den jungen Obdachlosen Ralf kennen, der im Fußgängertunnel unter dem Friedensengel sein Lager aufgeschlagen hat. Ralf erweist sich bald als ein skurriler, aber durchaus sympathischer Gesprächspartner. Und so ist Laura starr vor Schreck, als sie zu einem Tatort an der Isar gerufen wird: Ein Obdachloser wurde brutal zu Tode geprügelt …

 

  Autor: Felicitas Mayall
Verlag: Rowohlt
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-499-24623-4
Seitenzahl: 413 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Laura Gottberg hat Urlaub von ihren Kindern. Doch obwohl sie für sich eine Auszeit braucht, kann sie die zweiwöchige Pause nicht wirklich genießen. München versinkt in einer gnadenlosen Hitzewelle, bei der jede Bewegung zur Qual wird. Und gerade jetzt scheint eine Gewaltserie die Stadt zu erschüttern. Nacheinander werden zwei Obdachlose auf brutalste Weise zu Tode geprügelt und ein Dritter kommt nur knapp mit dem Leben davon. Für Laura ist schnell klar, dass diese Gewaltausbrüche mit der Neonaziszene zu tun haben. Denn seit kurzem rotten diese sich allabendlich am Isarufer zusammen, um sich mit Hassparolen, rechter Musik und Gegröle in Stimmung zu bringen. Die Hitze und die Ereignisse gehen auch an der Kommissarin nicht spurlos vorüber. Das dritte Opfer war ein persönlicher Bekannter und fast schon guter Freund von ihr geworden und voll von Hass über das dekadente Verhalten der Neonazis beginnt sie die Jagd nach den Tätern. Eher durch Zufall findet sie heraus, dass es eine Verbindung dieser Gewalttaten zu ihrem aktuellen Fall zu geben scheint. Dobler, ein alter Mann wird mit E 605 vergiftet. Laura findet über ehemalige Nachbarn heraus, dass dieser Dobler zur Nazizeit und später während der amerikanischen Besatzung diverse Leute denunziert hatte. Für Laura sieht der Mord an Dobler wie ein Racheakt der Vergangenheit aus. Denn Namen aus der aktuellen rechten Szene tauchen auch in der Vergangenheit Doblers auf. Bei Laura Gottberg bleibt dies alles nicht ohne Spuren und sie scheint nicht nur wegen der allgegenwärtigen Hitze an sich und ihrem Tun zu zweifeln. Zum Glück erreicht sie ihren Freund Commissario Guerrini, der sofort nach München aufbricht, um sie zu unterstützen.


Stil und Sprache
Felicitas Mayall hat mit dem 5. Band aus der Reihe um Laura Gottberg ein wahres Meisterwerk abgeliefert. Nur ganz wenige Autoren schaffen es, eine Geschichte so authentisch und vor allem eindringlich zu schreiben, wie sie es hier getan hat. Mit ihren liebevollen und realistischen Beschreibungen der Szenen und Orte erzeugt sie genau die Atmosphäre, die der Leser erwartet. Man spürt die Hitze auf der Haut, den Schweiß, der in Rinnsalen den Rücken hinunter läuft, wenn sie bei ihren Ermittlungen im Freien unterwegs ist. Der Leser spürt sogar die feine Spannung, die sich langsam aber stetig in der Luft Münchens und den Gemütern der Bewohner dieser in der Hitze versinkenden Stadt aufbaut. Er kann die Ängste von Laura dadurch viel leichter verstehen und nachvollziehen. Felicitas Mayall beschreibt eindringlich, wie die unablässige Sonne, die ansonsten so wichtig ist für den Menschen, diese Stück für Stück zermürbt. Egal ob Polizisten, Punker, Neonazis oder einfache Leute, jeder leidet unter den Bedingungen. Der Schlaf in der schwülen Wohnung wird unruhig und alptraumhaft. Auch das Einbinden von langsam aufkommenden Panikmeldungen über die Ausbreitung von Infektionskrankheiten trägt zu dieser sich stetig steigernden Spannung bei. Ich habe das ganze Buch über auf die alles erlösende, Frische bringende Entladung gewartet und wurde mit einem zwar unerwarteten, aber nicht weniger fulminantem Finale, bei dem diese Entladung stattfindet, belohnt. Die Autorin schafft all diese Gefühle und Bilder mit einfachsten Worten, was der Freude und Geschwindigkeit beim Lesen natürlich sehr zuträglich ist.


Figuren
Die Kommissarin scheint mit jedem Band reifer, aber auch nachdenklicher über ihr Leben zu werden. Die Autorin stellt sehr schön die Probleme dar, mit denen die Kommissarin bei der Hitze zu tun hat. Die Antriebslosigkeit, die Müdigkeit bei gleichzeitigen Schlafproblemen. Bei den herrschenden Wetterbedingungen scheint sie auch leichter in eine Art Melancholie zu verfallen. Durch die Gewalttaten an den Obdachlosen, vor allem am dritten Opfer Ralf, der ihr ans Herz gewachsen ist, hadert sie immer mehr mit sich selbst und ihrer Arbeit. Sie ist froh, das sie gerade Zeit für sich hat, sehnt sich aber gleichzeitig nach einer helfenden Hand. Die natürlich in Form ihres Freundes Commissario Guerrini bei ihr sein könnte. Vielleicht baut sie auch deshalb eine tiefere Bindung zu Ralf, dem Obdachlosen, über den sie quasi an der Isar stolpert, auf. Er verkörpert all das, nach dem sie sich sehnt, Freiheit und keine Zwänge. Sie lässt ihren Unmut auch auf ihr Umfeld ab, was vor allem bei ihren Kollegen zu Reibung und schlechter Stimmung führt. Obwohl von Ralf mal abgesehen keine Nebenpersonen detaillierter dargestellt werden, hat Felicitas Mayall viele verschiedene Charaktere eingebaut. Und es scheint der Geschichte auch nicht zu schaden, dass die Gruppen, ja selbst der Täter nur oberflächlich in Erscheinung treten. Da sowohl Ängste als auch Stärken in gutem Verhältnis verbaut wurden, wirken die Charaktere real und mit dem eigenen Umfeld vergleichbar.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover ein wunderschönes spätsommerliches Stimmungsbild mit der Münchner Skyline, auf der die charakteristischen Türme der Frauenkirche zu sehen sind, im Hintergrund. Die neblig kühlen Farben täuschen ein wenig über die im Buch beschriebene Hitzewelle hinweg. Die Geschichte beginnt mit einer Textpassage von Ingeborg Bachmann und endet mit Eigenwerbung zu Mayalls Gottberg-Serie.


Fazit
Die Geschichte ist der Wahnsinn. Man leidet und durchlebt das Buch zusammen mit Laura Gottberg, der Hauptdarstellerin. Spannungsgeladen, heiß, emotional, wer hier nicht mitfiebert, hat keine Gefühle.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist
Fall 1: Nacht der Stachelschweine
Fall 2: Wie Krähen im Nebel
Fall 3: Die Löwin aus Cinque Terre
Fall 4: Wolfstod

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