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Götz George ist nicht Horst Schimanski. Hinter dieser berühmten Kultfigur verbirgt sich nicht nur einer der letzten großen Stars des deutschen Films und Fernsehens, sondern vor allem ein besonderer Mensch mit außergewöhnlicher Begabung. Torsten Körner ist es als Erstem gelungen, den als pressescheu bekannten Schauspieler von einer Zusammenarbeit zu überzeugen: Sein Buch beleuchtet die gesamte Karriere des Künstlers, zeigt viele bislang unveröffentlichte Dokumente und Fotos und lässt in Interviews über hundert Zeitzeugen, Kollegen, Freunde und Familienangehörige zu Wort kommen. Ein Werk, das den Schauspieler und Menschen von seiner persönlichen und berührbaren Seite zeigt.

"Der Autor Torsten Körner weiß viel mehr über mich als ich selbst. Der gibt mir ein neues Leben" Götz George

 

Goetz_George 

Autor: Torsten Körner
Verlag: Scherz Verlag
Erschienen: 6. Mai 2008
ISBN: 978-3-502-15029-9
Seitenzahl: 480 Seiten

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Inhalt, Stil und Sprache
Es macht Freude, das Buch zu lesen - endlich mal ein Autor, der mit Sprache umgehen und spielen kann. Wortreich schildert er z.B. Alltagssituationen am Theater. Man folgt ihm gerne hinter und auf die Bühne. Die Liebe Körners zum Theater ist immer und überall spürbar. Mit Gegensatzpaaren, oft über mehrere Zeilen, gelingt es ihm, Menschen zu charakterisieren oder die Atmosphäre eines Ortes erfahrbar zu machen. Aber irgendwann hat man sie satt, die gehobene Sprache, die Gegensatzpaare, die Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels - das Spielen mit der Sprache gerät allzu selbstverliebt. "Ja," möchte man dem Autor zurufen, "wir wissen nun, dass du schreiben kannst". Irgendwann beginnt man sich zu langweilen, denn über Götz George erfährt man nur sehr wenig. Im Grunde ist das ganze Buch ein aufgeblähter Wikipedia-Artikel. Mit was aber füllt Körner dann 480 Seiten? Es gibt zwei Hauptdarsteller, Heinrich George, der Vater Götz Georges, und das Theater, neben dem Autor natürlich, der es nicht lassen kann, immer wieder darauf hinzuweisen, wieviel Arbeit er in das Buch gesteckt hat.  
Die Biographie beginnt zwar 1945 mit dem 7-jährigen Jungen Götz George, als er seinen inhaftierten Vater zum letzten Mal sieht, beschäftigt sich dann aber ausführlich mit den Eltern George. Diese Kapitel atmen die Bewunderung des Autors für diese beiden Menschen, das Kind erschient nur am Rande, in der Biographie wie im richtigen Leben. Was Körner "erzieherischen Freiraum" nennt, könnte man böswillig als emotionale Vernachlässigung bezeichnen. Da wird unter anderem davon berichtet, wie der 5-jährige Götz von seinem Vater mit der Reitpeitsche verprügelt wird und der Autor behauptet, der Junge habe das dem Vater nicht übel genommen, keinen Schaden davon getragen (S.34/35). Wenige Seiten später (S.60) zitiert er Götz George, als dieser zum Tod des Vaters in sowjetischer Haft sagt: "Ich war deshalb sogar erst einmal erleichtert, als es hieß, er kommt nicht mehr zurück, weil ich jetzt keine Schläge mehr fürchten musste".  Die Fühllosigkeit des Kindes entschuldigt Körner damit, dass Kinder eben so seien, anstatt Ross und Reiter zu nennen. Hier an dieser Stelle hätte er ganz eindeutig die Partei des Sohnes ergreifen müssen, er tut es aber nicht und der Vater kommt ungeschoren davon - wie er immer der Sieger bleibt. Körner vergleicht ständig, scheut aber vor einem Urteil, wer denn nun der bessere Schauspieler der beiden ist, zurück, weil der Sohn dem Vater über den Kopf gewachsen ist, ebenso wie der Mutter Berta Drews. Ich wurde während der Lektüre des Buches das Gefühl nicht los, dass der Autor es Götz George übelnimmt, ein besserer Mensch und besserer Schauspieler zu sein. Erst ganz zum Schluss scheint er sich etwas für den Mann zu erwärmen, den er beschreibt, allerdings tut er das in einer Art und Weise, die schon wieder abstoßend wirkt, weil sein Fazit auf jeden x-beliebigen Schauspieler zutrifft, der sein Handwerk versteht

Viele Seiten werden mit Ausschnitten aus Interviews (aus denen Körner ausführlich zitiert) gefüllt. Es sind Zeitgenossen, die zu Wort kommen, aber auch vieles, das früher über die Eltern geschrieben wurde, findet Erwähnung. Immer und überall die Eltern! Es hängt einem irgendwann zum Halse raus. Einzig Hans-Günter Heyme und die Lebensgefährtin Marika Ullrich wissen Erhellendes zum Menschen George  und zu seinem Spiel zu sagen. Ausgiebigt werden auch Film- und Theaterrollen besprochen, anstatt sich auf die wichtigsten, prägendsten zu beschränken, denn George ist ein fleißiger Mensch, der schon so vieles gespielt hat. In seinem Streben nach Perfektionismus ist er auch nicht immer bequem, eckt oft an. Und so ist es kein Wunder, dass der Schauspieler auch in die Schlagzeilen der Boulevardpresse geriet. An dieser Stelle stellt sich der Biograph erneut nicht schützend vor ihn, sondern weckt stattdessen die voyeuristische Neugier des Lesers, die er zwar nicht befriedigt (zum Glück), aber dadurch den Portraitierten erst recht bloßstellt, anstatt mit Einfühlungsvermögen diese heiklen Lebensabschnitte zu begleiten. Am Ende fragte ich mich, wurde George nur benutzt, oder war es ihm ganz recht, dass das Buch so wenig über ihn selbst aussagt, gilt er doch als verschlossen. Ich habe mich für ausgenutzt entschieden.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist in dezentem Grau gehalten: Schutzumschlag, fester Einband, Vorsatzblatt und Lesebändchen. Eine Schwarz-weiß Fotografie des offensichtlich gut gelaunten Götz George ziert die Vorderseite. Der Name des Schauspielers ist in einem helleren Blau gehalten. Alles in allem aber kein weltbewegendes Cover, sondern eines, das man so oder so ähnlich bei vielen Biographien findet.
Der Anhang enthält eine sehr ausführliche Filmographie und ein Rollenverzeichnis seiner am Theater verkörperten Figuren. Ferner eine Übersicht der Bühnenstücke, an denen George mitwirkte. Personen- und Filmregister erleichtern die Suche. Eine größere Anzahl Hochglanz-Fotos des Schauspielers und seiner Familie ergänzen den Text.


Fazit
Wer den Schauspieler Götz George näher kennenlernen will, ist hier falsch. Neues erfährt man kaum und zuvieles, wie z.B. seine Art sich eine Rolle anzueignen, wird bis zum Erbrechen wiederholt. Und dass er NICHT Schimanski ist, wissen wir auch. Der Autor benutzt Götz George nur als Vehikel, um sein Wissen der Theater- und Filmgeschichte der letzten 90 Jahre zum Besten zu geben und seine Verehrung für das Schauspielerehepaar Heinrich George / Berta Drews zum Ausdruck zu bringen. Das hat Götz George nicht verdient. In der Schule hieße das: "Thema verfehlt, Sechs, setzten".


1 Stern


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