Smaller Default Larger

Die Legende erzählt, dass EL NIÑO, die bekannte äquatoriale Strömung, ihnen eines Tages einen Schiffbrüchigen auf einem Floß angetrieben hat. Der Mann erzählte, dass er der Nachkomme eines geheimnisvollen Piraten aus dem Pazifik sei. Darauf machten sie ihn zu ihrem Anführer, und er erfüllte sie mit Hoffnung.

 

  Autor: Christian Perrissin
Illustration: Boro Pavlovic
Verlag: Mosaik Steinchen für Steinchen
Erschienen: März 2010
ISBN: 978-3-941815-35-3
Seitenzahl: 169 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Nach Palomas Angriff auf die Ärztin Jensen in der Mission Las Malvinas ist Vera Michailov auf der Flucht vor den Behörden, die ihr die Schuld an Jensens Schussverletzung und Palomas Ausbruch aus dem Gefängnis geben. Bei sich hat Vera das von Paloma zurückgelassene Neugeborene Irina. Auf ihrem Weg nach Indonesien begegnet sie der Prinzessin der Bugis in Makassar – und entdeckt eine neue Spur auf der Suche nach ihrem Bruder Kolya, der im Pazifik der Piraterie nachgehen soll. Doch die Suche nach ihrem Bruder hält auch weiterhin viele Gefahren für Vera bereit. ..

Christian Perrissins Thriller „El Nino“ wird mit diesem Sammelband fortgeführt, der die Einzelbände „Der Archipel der Badjo“, „Die Vergessenen von Kra“ und „Der Ausgestoßene von Celebes“ (Teile 3 – 5) beinhaltet. Der Plot gibt sich spannend und dramatisch, der Aufbau ist abwechslungsreich und undurchsichtig – und beschert beim Lesen viel Spaß.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Der Einstieg in die Fortsetzung  von „El Nino“ erfolgt abrupt, auf eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse wird verzichtet, nur eine kurze Einführung lässt den Leser an die letzten Geschehnisse in Las Malvinas erinnern. Ohne die Vorgeschichte des ersten Sammelbandes zu kennen, wird man nicht gut in die Geschichte hereinfinden. Daher empfehle ich dringend, zunächst El Nino Sammelband 1 zu lesen, bevor man sich diesem Comicband zuwendet.

Die Zeichnungen in diesem Werk stammen erneut von Boro Pavlovic. Seine Bilder sind insgesamt sehr satt eingefärbt und kontrastreich, während sie gekonnt die vorherrschende Atmosphäre unterstreichen. Durch die plastische Darstellung erhalten sie Tiefe, angefangen bei Portraits, über die Einbeziehung der Umgebung bis hin zu Landschaftszeichnungen.
Aufwendig und vielschichtig hat Boro Pavlovic seine Figuren erstellt. Hebt er sie in Bildern hervor, sind sie detailliert gezeichnet (bis in die Gesichtszüge und individuellen Merkmale wie Narben). Die Emotionen sind gut aus den Gesichtern herauszulesen, glaubhaft und zu den jeweiligen Szenen passend. Werden die Figuren innerhalb eines Panels kleiner, nimmt die Detailvielfalt naturgemäß ab – bei mittlerer Distanz sind dennoch viele Einzelheiten der Charaktere und ihrer Bekleidung auszumachen, während diese bei größerer Distanz zwar fehlen, die jeweiligen Personen aber in der Regel noch zu erkennen sind. Auch an einigen erotischen Szenen, besonders zwischen Vera und José, fehlt es nicht. Diese zeigen vor allem Vera nackt, der Liebesakt wird mit wenigen Bildern beschrieben, ohne ausgewalzt zu werden. So fügen sich diese Sequenzen als sehr glaubhaft ins Konzept ein, ohne je billig oder anstößig zu wirken.
Im Laufe der Geschichte lernt der Leser so manches über die Kultur, aber auch über die Probleme Indonesiens. Er begleitet Perrissin und Pavlovic in Dörfer, die auf dem Meer statt auf dem Land errichtet sind, wird mit den einzelnen Stämmen der Bevölkerung vertraut gemacht und erfährt z.B. etwas über die Rollenverteilung oder über die übliche Bekleidung. Aber auch die Themen der dunklen Seite Indonesiens – Prostitution, Piraterie, Hunger und mangelnde medizinische Versorgung – werden hier behandelt.

Die gleiche Hingabe hat der Zeichner in die Umgebungen und Hintergründe einfließen lassen. Seien es die Slums von Las Malvinas, das Meer oder Landstrichte, sie beweisen zumeist, das Pavlovic sein Handwerk versteht. Dabei verzichtet er nie darauf, die Landschaft z.B. durch eine schöne Wolken- oder andere Wetterstimmung im Bild zu ergänzen und schafft hierdurch stimmungsvolle Bilder. Auch Schiffe, Boote und andere Fortbewegungsmittel sind immer ausreichend, überwiegend sogar ziemlich detailliert gezeichnet, ob nun von außen oder innerhalb der Kajüten. Gleiches gilt für Häuser und Baracken, bei deren Räumlichkeiten er viel Wert auf die Ausstattung legt. Mit überwiegend hochwertigen Arbeiten weiß er den Leser meistens zu überzeugen, allerdings gibt es gelegentliche Schwankungen in seiner grafischen Qualität. So sind die Gebäude und Gassen von Paris zu Beginn des zweiten Bandes zwar mit vielen Einzelheiten und der passenden Stimmung versehen, ohne in der Feinheit aber den letzten Schliff zu haben. Stattdessen verbleibt hier ein eher skizzierter Charakter. Der Strand, an dem sich Vera zu Beginn von Band 2 aufhält, ist überaus grob erstellt. Der Bunker, in dem Vera gefangen gehalten wird, hüllt sich in bedrückende Dunkelheit, die durch eine raue Schraffierung dargestellt wird. Wie aufwendig er aber Gebäude und Räumlichkeiten zu zeichnen versteht, beweist Pavlovic kurz darauf in Bishops Wohnung.

Die Anordnung der Panels ist sehr flexibel und passt sich den Bedürfnissen und der Dynamik der Geschichte an. Mal sind sie klassisch angeordnet auf weißem Grund, mal sind auch einzelne Panels über ein ganzseitiges oder gar doppelseitiges Bild angeordnet und überlagern dieses.

Die Inhalte und die Gestaltung zum Ende diesen Sammelbandes ist bewusst so gehalten, dass der Leser eigentlich davon ausgehen könnte, dass die Story abgeschlossen ist, wenn, ja wenn nicht bereits im Mai 2010 der dritte Sammelband von „El Nino“ erschienen wäre. Auf diesen kann man sich nun freuen und Vera auf weiteren Abenteuern begleiten.


Aufmachung des Comics
Der Sammelband wird vom Verlag in einer Hardcover-Auflage im Format A4 vertrieben. Absolut hochwertig ist die gebundene Verarbeitung, die auch nach dem ersten Lesen keine Spuren von Benutzung erkennen lässt. Während das Äußere durch einen Hartkarton-Umschlag gut geschützt ist, ist das Papier im Inneren seidenmatt und griffig, spiegelt allerdings das Licht ein wenig, so dass man schon mal auf der Suche nach einer Sitzhaltung ist, in der man die Inhalte ungestört erkennen kann. Das Vorsatzpapier ist vorne mit einer ähnlichen Aufmachung wie hinten bedruckt und zeigt das einsame und verloren wirkende Ruderboot auf dem offenen Meer, in dem Vera und die Prinzessin sitzen. Die gleiche Sequenz wird durch die Covergestaltung assoziiert, allerdings findet sie sich exakt so im Comic nicht wieder.
Die drei einzelnen und in diesem Sammelband zusammengefassten Comicbände sind klar durch die ganzseitig eingefügten Originalaufmachungen der Einzeltitel gegliedert.


Fazit
Auch der zweite Sammelband von „El Nino“ bietet wieder reichlich Unterhaltung, wenn der Leser Vera bei der gefahrvollen Suche nach ihrem Bruder begleitet. Dabei stellen sich der Protagonistin viele Hindernisse in den Weg, die es zu meistern gilt. Perrissins Plot zeichnet sich erneut mit Spannung und Dramatik aus, während die zumeist hochwertigen Illustrationen von Pavlovic überzeugen. Die Neugier auf den dritten Sammelband steigt ...


4 5 Sterne


Hinweise
Diesen Comic kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Die Passagierin der Capricorne / Rio Guayas

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo