Smaller Default Larger

Das Königreich Württemberg am Vorabend der industriellen Revolution. Theres Ludwig wird als Tochter einer oberschwäbischen Vagabundin auf der Straße geboren. Als Kleinkind ihrer Mutter entrissen, wächst das sensible Mädchen im Waisenhaus auf. Mit der harten Arbeit als Dienstmagd kämpft sie um ihren Lebensunterhalt. Als sie in einem Anfall von Verzweiflung Gott und die Kirche verflucht, wird ein Pfarrer zu ihr geschickt. Der charismatische Mann soll ihr den Teufel austreiben. Doch dann wendet sich das Blatt. Theres hat wundersame Marienerscheinungen. Und gleichzeitig öffnet sich ihr Herz für die Liebe …

 

 

Autor: Astrid Fritz
Verlag: Kindler 
Erschienen: 12. März 2010 
ISBN: 978-3463405674
Seitenzahl: 464 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Autorin hat sich für diesen Roman eine reale Figur der Zeit entliehen und da relativ wenig über das Leben dieser überliefert ist, versucht sie mit guter Recherche die Lebensgeschichte Theres Ludwigs möglichst realistisch nachzuerzählen. Bei diesem Buch ist es mir ein Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass man sich von dem wieder einmal sehr trivial klingenden „Die …in“-Titel nicht in die Irre führen lassen sollte. Das Buch gibt wesentlich mehr her, als der Titel verspricht. Als Astrid Fritz für ihren Roman „Die Gauklerin“ in Ravensburg recherchierte, stieß sie in Archiven auf die Figur der Theres Ludwig. Dieser Fall sorgte damals für großes Aufsehen und so beschloss die Autorin, dieser ungewöhnlichen Geschichte nachzugehen.


Stil und Sprache
Wie ich schon anmerkte, darf man sich von dem Titel und auch dem Covermotiv nicht beirren lassen. Schon auf der ersten Seite merkt man, dass dies kein einfach banal zusammengestrickter Roman mit historischem Anstrich ist, wie tausend andere Bücher dieses Genres, sondern ein Buch, das den Leser wirklich fordert und ihm die unbeschönigte Wirklichkeit und Härte der damaligen Zeit vermittelt. Astrid Fritz hat eine ausgesprochen feine und leise, aber äußerst packende Sprache, die einen wie ein Sog immer tiefer in das Geschehen zieht. Weder reißerisch noch effekthaschend, sondern sensibel und stringent zeichnet sie die für heutige Maßstäbe oft brutale Realität. Fern ab von der „guten alten Zeit“ und den romantisch-idyllischen Vorstellungen präsentiert sie das Leben und den Kampf ums Überleben der schwächsten Glieder in der Gesellschaft - der Kinder und der Armen. Man begleitet von Anfang an die Protagonisten Theres Ludwig als stiller Dritter und von Beginn an hofft und bangt man, dass mit jedem Umblättern der Seiten das Schicksal doch endlich eine gute Wendung nehmen möge.


Figuren
Theres Ludwig steht im zentralen Geschehen dieses außergewöhnlichen Romans. Schon von klein auf erfährt Theres die volle Härte des Lebens und kennt weder Liebe noch Geborgenheit. Als der brutale Pflegevater sie von ihrem Bruder trennt und ins Heim gibt, lernt sie die abgründigsten Charaktere, die sich Erzieher nennen, ebenso kennen, wie wahre Freundschaft von Kindern, die es noch schwerer haben als sie.
Die Autorin hat sich jeder einzelnen Figur angenommen und sie vielschichtig und mit allen charakterlichen Facetten menschlichen Spektrums ausgestattet. Alle Darsteller sind so realistisch, dass man das Bedürfnis hat, dem einen oder anderen persönlich gegenüber treten zu können, um sich ob der Ungerechtigkeit und Borniertheit einzelner Luft machen zu können.
Man darf sich keine traumhaften Schönheiten mit wellendem Haar, keine tapferen, wagemutigen Helden mit blitzender Rüstung erwarten; wer dies sucht, wird enttäuscht werden. Mit viel Tiefgang und psychologischem Feingespür zeichnet Astrid Fritz die Erlebnisse Theres' und erschafft ganz nebenbei auch eine perfekte Milieustudie.


Aufmachung des Buches
Alles (fast) perfekt. Ein schönes gebundenes Buch mit Lesebändchen, perfekter Kapiteleinteilung, ausführlichem Nachwort und Glossar. Der kartonierte, weinrote Umschlag hat ein feines Moiré-Muster und das Buch wirkt dadurch sehr edel.
Der wahre Wermutstropfen ist aber der Schutzumschlag mit einem absolut unpassenden Cover. Man sieht das Portrait einer jungen Frau, bestenfalls aus der Renaissance – aber das Buch spielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts … Dies mag vielleicht wirken wie eine Nadel im Heuhaufen zu suchen, aber Fakt ist, dass dem Käufer suggeriert wird, es handle sich um einen historischen Roman aus dem Mittelalter (oder der Renaissance). Ich finde es immer wieder bedauerlich, dass Verlage sich selten die Mühe machen – gerade bei historischen Romanen! – das Cover passend zum Inhalt zu gestalten.


Fazit
Authentische Darstellung und perfekte Recherche machen aus diesem unscheinbar wirkenden historischen Roman ein Kleinod, das man zu schätzen weiß. Man kann dieses Buch nur allen Liebhabern dieses Genres wärmstens empfehlen. Eine wunderbare Sprache gepaart mit hervorragender Erzählung komplettieren diesen wirklich nennenswerten Roman.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo