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>>LAUF SO SCHNELL DU KANNST - DU BIST NICHT SICHER IN DER WELT DER STERBLICHEN!<<

In einem Londoner Krankenhaus kommt ein Junge ohne Gedächtnis zu sich. Den Ärzten ist er unheimlich, denn er hat einen schweren Unfall überlebt - und nun heilen die Verletzungen mit übernatürlicher Geschwindigkeit. Doch diese Gab nutzt ihm wenig, als er kurze Zeit später auf der Flucht vor einem mächtigen Gegner ist, der alles daransetzt, ihn in seine wahre Heimatwelt zurückzubringen, aus der er geflohen ist. Doch zum Glück ist der Junge nicht ganz allein: Hilfe bekommt er von Hannah, einem ganz normalen Mädchen, und den im Verborgenen lebenden magischen Bewohnern von London ...

 


Himmelsauge 

Autor: Melissa Fairchild
Verlag: Pan Verlag
Erschienen: Dezember 2009
ISBN: 978-3-426-28312-7
Seitenzahl: 382 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die Idee einer Geschichte von einem London, das einerseits dem ähnelt, was wir kennen, andererseits aber vollkommen anders ist, wirkt mittlerweile reichlich abgenutzt, gibt es doch bereits eine Menge Titel, die auf dieser Grundidee basieren. Begonnen hat alles mit "Niemalsland" von Neil Gaiman - er war der erste, der das moderne London von heute mit einer Welt verknüpfte, die unter dem realen London existiert. Eine Welt mit magischen Wesen, die erstaunliche Fähigkeiten besitzen. Eine Welt im dunkeln, die sich völlig von dem unterscheidet, was wir kennen. Neil Gaimans Buch ist jedoch eher unbekannt, und obwohl es vor Kreativität geradezu strotzt, ist sie viel zu kurz und kratzt eine sagenhafte Welt, von der man gerne mehr erfahren möchte, nur an. Christoph Marzi macht dies in seinem Werk "Lycidas" wesentlich besser und schiebt sogar noch mehrere, ebenso gute Fortsetzungen hinterher. Nun betritt mit Melissa Fairchilds "Himmelsauge" der erste Roman einer Frau mit dieser Grundidee die Bühne. Was soll ich sagen? Die Autorin aus dem britischen "Lake District" (eine wunderbare Gegend, in der man das Gefühl hat, die Zeit sei stehen geblieben) macht ihre Sache sehr gut! Mit der unheimlichen Komplexität von Christoph Marzi kann sie zwar nicht mithalten, aber sie liefert ein Buch ab, das sich äußerst flüssig lesen lässt und eine Fortsetzung ist auch schon in Sicht.
"Himmelsauge - Die Geheimnisse des Brückenorakels" unterscheidet sich jedoch in einem Punkt sehr deutlich von den bereits existierenden Werken. Bei Melissa Fairchild gibt es eine klare Trennung zwischen der realen Welt und der Welt der magischen Geschöpfe. Existiert diese bei Gaiman und Marzi einfach im Untergrund von London und in leer stehenden Gebäuden, so ist die Welt des anderen Londons, in dem die Zeit regelrecht vor hunderten von Jahren einfach stehen geblieben scheint, bei Melissa Fairchild nur über so genannte Brücken zu erreichen. Diese verbinden die Welten miteinander, die einst geeint waren, sich aber schon lange voneinander getrennt haben, um eigene Wege zu gehen. Nur wenige der magischen Geschöpfe leben in unserer Welt, sie sind quasi im Exil, welches manchmal aber auch aus freien Stücken erwählt wurde. Das magische London, das in Himmelsauge beschrieben wird, ist viel märchenhafter und längst nicht so skurril wie sein unterirdisches Pendant bei Marzi und Gaiman. Es ist ein komplettes zweites London, das in einer Parallelwelt existiert, die nur derjenige zu betreten vermag, der die Lage der Brücken und ihren geheimen Mechanismus bzw. den genauen Tag, an dem sie passierbar sind, kennt. Nur die Elfen können jederzeit zwischen den Welten hin- und herreisen, ganz wie es ihnen beliebt. 


Stil und Sprache
Es handelt sich bei diesem Buch um eine zauberhafte Jugendgeschichte, die ab einem Lesealter von 13-15 Jahren empfohlen wird. Auch eine zarte Liebesgeschichte ist gekonnt mit der Handlung verwoben, ohne dass es an irgendeiner Stelle kitschig wird. Die Sprache ist einfach, schnörkellos und sehr flüssig zu lesen. Zitate aus Shakespeare werden immer wieder in den Text eingestreut und sorgen für den literarisch ambitionierten Touch. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut. Genau die richtige Lektüre für zwischendurch. Der Plot ist logisch aufgebaut und kommt beinahe ohne Logikfehler aus; drei kleine Fehler haben sich allerdings doch in den Text eingeschlichen, fallen aber kaum auf und sind daher nur unwesentlich relevant.
Die Spannung ist konstant auf ordentlichem Niveau, jedoch wäre hier durchaus weit mehr drin gewesen. Die Handlung entwickelt sich in rasantem Tempo, dabei bleibt die Erzählung leider wenig tiefgründig. Durch das flotte Tempo baut sich schnell Spannung auf, allerdings ist relativ vorhersehbar, was als nächstes passieren könnte. Vom Stil her erinnert das Buch sehr an Neil Gaimans Niemalsland - dort entfaltet sich der Plot ebenso unkompliziert und auch die Charaktere bleiben recht blass. In Punkto Ideenreichtum ist Melissa Fairchild aber weit weniger spektakulär als Gaiman. Sie bedient sich überwiegend der klassischen Wesen aus Mythen und Sagen: Goblins, Kobolde, Feen, Elfen, Nymphen ... der originellste Einfall ist das Dreihorn, eine Einhorn-Varietät, die sich sogar reiten lässt. Es gibt einen kleinen Höhepunkt am Ende der Geschichte und ein an und für sich recht befriedigendes Ende, so dass man zunächst annimmt, es handele sich um eine in sich abgeschlossene Geschichte - eine Fortsetzung ist allerdings schon in Aussicht.


Figuren

Die Ausarbeitung der Figuren ist auf den ersten Blick recht ordentlich, auf den zweiten weist sie aber einige Schwächen auf. Vieles davon wird durch den totalen Gedächtnisverlust des Hauptcharakters erklärt - eine Person, die sich selbst nicht mehr kennt und schon bei alltäglichen Dingen nicht mehr weiß, was das eigentlich ist, hat eben auch wenig bis gar nichts zu bieten. Auch die Informationen, die er von anderen über sich selbst erhält, sind sehr spartanisch und die Geheimniskrämerei wirkt ein wenig aufgesetzt. Melissa Fairchild möchte den Leser möglichst lange im Unklaren über die Identität der Hauptperson lassen. Dabei vergisst sie, dies ordentlich zu begründen und schon bald fragt man sich, warum ihm keiner erzählt, wer er eigentlich ist und warum er hier ist. 
Auch die anderen Figuren bleiben sehr oberflächlich. Die Gründe für ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar und die tatsächlichen Beweggründe des Antagonisten bleiben bis zum Ende im Unklaren. Hier werden bewusst Informationen möglichst lange zurückgehalten, um für später noch die eine oder andere Überraschung parat zu haben. Leider wirkt dadurch alles künstlich in die Länge gestreckt. Für ein gelungenes Finale ist weit mehr von Nöten, als ein paar läppische Informationen über die Vergangenheit der Hauptcharaktere. Hier bleibt aber noch abzuwarten, wie in der Fortsetzung die Geschichte weitergeführt wird. Insgesamt handeln die Figuren sehr spontan und denken kaum über die Konsequenzen ihres Tuns nach. Das Geschehen wird dabei zum Selbstläufer, denn alternative Möglichkeiten werden nicht aufgezeigt.


Aufmachung des Buches
Der Pan-Verlag liefert wieder einmal ein wunderschön gestaltetes Buch ab. Bei der Werbeagentur, die den Umschlag gestaltet hat, handelt es sich um dieselbe wie bei vielen anderen aus dem Hause Pan - dies sieht man den Büchern auch an. Ständig wiederholen sich bestimmte Designelemente, so dass man mittlerlweile oft schon anhand des Covermotivs erkennt, dass es sich um ein Buch des Pan-Verlags handeln muss. Insbesondere die Ornamentik ist ein stets wiederkehrendes Stilelement, das fast alle Produktionen aus dem Hause Pan ziert.

Das Buch besitzt keinen Schutzumschlag und auch auf ein Lesebändchen wurde verzichtet. Beim Cover wurden der Schattenwurf des Titels und der Ornamente, sowie das Motiv in der Mitte des Ziffernblatts mit Spotlack hervorgehoben. Der Rest des Umschlags ist matt bedruckt. Der Beginn eines jeden Kapitels wurde ebenfalls mit einem Ornament verziert, was einen edlen Gesamteindruck hervorruft. Karten gibt es leider keine und auch ein Personenregister ist nicht vorhanden.


Fazit
Wer auf Urban-Fantasy im Stil von Gaiman und Marzi steht, kann hier rein gar nichts falsch machen. Aber auch Neulingen sei dieses Buch ans Herz gelegt - spektakuläre, neue Ideen sollte man allerdings nicht erwarten. Ein wunderbarer Mix aus Verfolgungsjagd, finsteren magischen Gestalten und Kreaturen und einem Hauch von Liebesgeschichte. Genau das Richtige für einen verregneten Nachmittag, viel länger braucht man auch kaum. Wegen der nicht gerade neuen Idee gibt es trotzdem einen Stern Abzug, denn im Gegensatz zu Christoph Marzi erwähnt die Autorin erst gar nicht, dass die zu Grunde liegende Idee nicht aus ihrer Feder stammt. Wer die von mir genannten Titel jedoch noch nicht kennt, der wird bei Melissa Fairchild´s Roman sehr gut unterhalten. 


3 Sterne


Hinweise
Rezension von Thomas Lang
Herzlichen Dank an den
Pan-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

Die Fortsetzung zu "Himmelsauge" erscheint am 01.12.10 im Pan Verlag und trägt den Titel "Weltenwanderer".


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